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Proteste vor dem Parlament Proteste vor dem Parlament 

Montenegro: Neues Religionsgesetz löst Proteste aus

Das Parlament in Montenegro hat ein neues Gesetz über die „Religionsfreiheit und den gesetzlichen Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften“ beschlossen. Vor der Abstimmung in der Nacht auf Freitag kam es zu Tumulten, als Abgeordnete der proserbischen Opposition im Plenarsaal Rauchgranaten zündeten.

Zuvor hatten Hunderte Oppositionsanhänger mit Straßenblockaden gegen das neue Gesetz protestiert. Es sieht u.a. vor, dass die im Lande tätigen Kirchen den Eigentumsstatus von Gebäuden und Immobilien klären müssen, die vor 1920 in ihren Besitz gelangt sind. Diese Regelung wird von der in Montenegro dominierenden, Belgrad unterstellten serbisch-orthodoxen Kirche (SOK) strikt abgelehnt. Die Regierung unterstützt die neue autonome montenegrinisch-orthodoxe Kirche (MOK).

Die serbisch-orthodoxe Kirche in Montenegro hatte bereits am 24. Dezember - zum Beginn der Parlamentssession - eine große Protestaktion vor dem Parlamentsgebäude durchgeführt. Metropolit Amfilohije (Radovic), die Bischöfe Joanikije (Micovic) von Niksic und Metodije (Ostojic) von Duklja (Dioclea) zogen an der Spitze einer Prozession von Klerikern uind Ordensleuten vor das Parlamentsgebäude in Podgorica.

„Gesetz ist verfassungswidrig“

Bischof Metodije nannte das neue Religionsgesetz „verfassungswidrig“ und kündigte an, sich wegen der „brutalen Verletzungen der Religionsfreiheit“ an alle internationalen Institutionen zu wenden. Er verlas auch eine Protesterklärung, die am 21. Dezember bei einer Massendemonstration von tausenden orthodoxen Gläubigen in Niksic verlautbart wurde. Darin wird u.a. die Rücknahme des Religionsgesetzesentwurfs gefordert.

Metropolit Amfilohije appellierte an die Abgeordneten, dem „schändlichen“ Entwurf eines Gesetzes, das „gegen die elementaren Menschenrechte und die Rechte der Kirche Gottes gerichtet ist“, nicht zuzustimmen.

Am Mittwoch, 25. Dezember, veröffentlichte der Heilige Synod der serbisch-orthodoxen Kirche eine Solidaritätserklärung mit den „Bischöfen, Priestern, Mönchen und Nonnen und allen Gläubigen“ in Montenegro. Der Heilige Synod bekundet darin ebenfalls seine Ablehnung des Gesetzentwurfs, durch den Kirchen, Klöster und anderes Eigentum den orthodoxen Diözesen in Montenegro entzogen werden sollen.

Regierung fördert montenegrinische Kirche

Montenegro war bis 1918 ein unabhängiges Königreich mit einer eigenen orthodoxen Kirche. Nach der Eingliederung des kleinen Adrialandes in das neu entstandene, von einem serbischen König regierte Jugoslawien verlor die montenegrinische Kirche im Jahr 1920 durch einen königlichen Erlass ihren autokephalen (unabhängigen) Status und wurde, zusammen mit ihren Besitztümern, Teil der serbisch-orthodoxen Kirche.

Seit 2006 ist Montenegro wieder unabhängig. Die Regierung in Podgorica treibt seitdem die Wiederherstellung der eigenen montenegrinisch-orthodoxen Kirche voran. Die serbisch-orthodoxe Kirche in Belgrad bekämpft dies vehement. Sie ist unter keinen Umständen bereit, eine autokephale montenegrinische Kirche anzuerkennen.

Die serbisch-orthodoxe Kirche ist mit ca. 620.000 Einwohnern die größte Kirche in Montenegro. Die zahlenmäßig kleinere montenegrinisch-orthodoxe Kirche wird hingegen von anderen großen Kirchen nicht anerkannt. Insgesamt hat die serbisch-orthodoxe Kirche rund 12 Millionen Anhänger, hauptsächlich im benachbarten Serbien.

(kap – sk)
 

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27. Dezember 2019, 12:20