Der ermordete Priester Hovsep Bedoyan Der ermordete Priester Hovsep Bedoyan 

Syrien: Isis tötet katholischen Priester und seinen Vater

Die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) hat am Montag im Osten Syriens einen armenisch-katholischen Priester und seinen Vater getötet. Der Pfarrer einer Gemeinde in Quamischli, Hovsep Bidoyan, war mit seinem Vater im Auto auf der Straße nach Deir ez-Zor in einen Hinterhalt geraten.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Zwei Bewaffnete beschossen das Fahrzeug im Dorf Zar von Motorrädern aus; später übernahm der „Islamische Staat“ die Verantwortung für den Mord. Ein Diakon aus Hassaké, der ebenfalls im Auto saß, überlebte den Anschlag verletzt. Der Priester war verheiratet; er hinterlässt seine Frau und drei Kinder (der Älteste studiert, er will ebenfalls Priester werden). Der Distrikt Busayra, in dem der Mord geschah, ist unter Kontrolle kurdischer Milizen; auch US-Militär ist hier präsent.

Pfarrer Bidoyan wird noch an diesem Dienstag in Qamischli beigesetzt. Die Christen der verschiedenen Riten und Konfessionen haben schockiert auf die Morde reagiert. Die Region nahe an der Grenze zur Türkei galt in letzter Zeit als relativ ruhig; allerdings kam es allein an diesem Montag zu insgesamt drei Attentaten mit mehreren Toten und über zwanzig Verletzten. 

„Auf der Fahrt nach Hassaké viel Blut verloren“

„Wir haben durch das Bistum vom Attentat erfahren“, berichtet der Rektor des armenischen Priesterkollegs in Rom, Pater Nareg Naamo, im Interview mit Radio Vatikan. „Die Angreifer waren maskiert; Pfarrer Hovsep wollte in der Pfarrei, zu der er fuhr, den Stand der Wiederaufbau-Arbeiten der halbzerstörten Kirche und des Pfarrgebäudes kontrollieren. Als die Angreifer das Feuer eröffneten, wurde er sofort schwer verletzt. Man hat ihn erst in das nächste Krankenhaus gebracht, dann mit dem Auto in ein Krankenhaus im drei Stunden entfernten Hassaké. Auf der Fahrt dorthin verlor er leider so viel Blut, dass er in Hassaké nur noch tot eintraf.“

Zum Nachhören

Der Rektor kennt den getöteten Pfarrer schon seit Jahrzehnten. „Wir haben schon lange zusammengearbeitet, bevor ich die Region verließ. Er war damals Ständiger Diakon, 2012 wurde er dann zum Priester geweiht. Ich kannte ihn gut; wir haben zusammen Katechismus- und Religionsunterricht in den Schulen erteilt… Der ‚Islamische Staat‘ hatte immer schon die Taktik, den Hirten zu erschlagen, um die Herde zu zerstreuen, um es mit einer biblischen Formulierung zu sagen. Ich glaube, das war das Ziel dieses Mordes. Es war ja nicht das erste, sondern das siebte Mal, dass er mit dem Auto diese Strecke fuhr; die haben ihm ganz gezielt aufgelauert und wussten, dass er kommen würde. Er war ein sehr demütiger, hilfsbereiter Mensch, der sich um Armenier wie Nicht-Armenier gleichermaßen kümmerte. Um Christen, um Muslime…“

„IS will zeigen, dass man weiter mit ihm rechnen muss“

Der Journalist Jéremy André Flores, der die Region gut kennt, vermutet den neuen IS-Chef Abu Ibrahim al-Hachemi al-Quraischi hinter den Morden. Der Nachfolger des von einer US-Spezialeinheit getöteten al-Bagdadi versuche zu zeigen, dass der IS weiter eine Bedrohung darstelle.

Der getötete Pfarrer Hovsep Bidoyan war besonders in der Aufnahme von Flüchtlingen im Osten Syriens aktiv. Das katholische Hilfswerk „Oeuvre d’Orient“ berichtet, er habe sich für den Wiederaufbau engagiert. Die armenisch-katholische Kirche ist eine kleine, aber alte christliche Gemeinschaft, die etwa 600.000 Gläubige zählt; sie leben außer in Syrien im Libanon, Iran, Irak, Ägypten, der Türkei sowie Israel und Palästina. Die Kirche steht in voller Gemeinschaft mit Rom, sie ist eine Patriarchalkirche eigenen Rechts; der Patriarch residiert im Libanon.

Christentum vor dem Aus?

In Syrien ist es schon häufiger zu gezielten Morden an Priestern gekommen. Das internationale Hilfswerk „Kirche in Not“ warnt in einem Bericht, der jetzt auch auf Deutsch vorliegt, vor einem Ende des Christentums in Teilen des Nahen Ostens, vor allem im Irak. Dort sei die Zahl der Christen binnen einer Generation um bis zu 90 Prozent gesunken.

In den Ländern des Nahen Ostens sei nach dem militärischen Sieg über die Milizen des sogenannten Islamischen Staates der Völkermord an Christen und anderen Minderheiten gestoppt, so ein Befund der Studie. Allerdings halte der Exodus der Christen aus der Region weiter an. Die Angst vor einem Wiederaufflammen des Terrors sei zu groß. Die jüngsten Meldungen aus dem Nordosten Syriens zeigten, so „Kirche in Not“, „wie real diese Angst ist“. Auch in Syrien sei die Zahl der Christen seit Beginn des Krieges im Jahr 2011 um zwei Drittel zurückgegangen.
 

(vatican news)
 

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12. November 2019, 09:34