Lateinamerika brennt: „Nein zu Gewalt, Ja zu einer neuen Politik“

Chile brennt, Bolivien taumelt, Venezuela leidet – wo immer man hinblickt auf dem lateinamerikanischen Kontinent, sieht man derzeit Unruhen und Gewalt. Auch wenn ihre Anlässe und Ausdrucksformen von Land zu Land variieren, gehört doch die Schere zwischen Reich und Armen überall untergründig dazu.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Der lateinamerikanische Bischofsrat Celam sieht mit Sorge, wie es in den Gesellschaften von Nord bis Süd kracht. Celam-Präsident Héctor Miguel Cabrejos Vidarte, Erzbischof von Trujillo in Peru, mahnt in einem Video, das am Montag veröffentlicht wurde, zu einem Ende von Gewalt und Anarchie.

„Ich drücke der Kirche und dem Volk von Chile meine tiefe Solidarität und Nähe aus. Sie erleben Aggression und Gewalt, vor allem die Ärmsten und Einfachsten im Land sind davon besonders betroffen. Wie die chilenischen Bischöfe formuliert haben: Die Leute sind nicht nur der Ungerechtigkeit müde, sondern auch der Gewalt!“

„Eine Art sozialer Explosion, wie wir sie noch nie erlebt haben“

Der Erzbischof weitet den Blick auf andere Länder, die ebenfalls Unruhe erleben. Da ist zum Beispiel Bolivien, wo Präsident Evo Morales unter dem Druck des Militärs sein Amt verloren hat. Oder Venezuela, das seit Jahren eine tiefe politische, wirtschaftliche und soziale Krise erlebt, die zu vielen Flüchtlingen geführt hat. Oder auch Nicaragua, wo Präsident Jaime Ortega die Proteste von Studenten blutig niedergeschlagen hat.

Zum Nachhören

„Die Gründe für die Unruhen sind die Korruption, die unvollständige Demokratie und Situationen der Armut, der Ungleichheit, der Arbeitslosigkeit oder Schwarzarbeit, aber auch ein kaum funktionierendes Gesundheits-, Bildungs- und Transportwesen. All das hat dazu geführt, dass sich großer Unmut angestaut hat. In unserer ganzen Region kommt es zu einer Art sozialer Explosion, wie wir sie noch nie erlebt haben.“

Politik darf nicht nur Einzel-Ambitionen oder Gruppeninteressen dienen

Erzbischof Cabrejos macht ziemlich klar, dass Steinewerfen und brennende Barrikaden aus seiner Sicht keine Lösung für die Probleme der Gesellschaften Lateinamerikas sind. Stattdessen wirbt er für einen Dialog, an dem sich alle beteiligen und der nach „echten Lösungen“ sucht. Und er scheut nicht vor einem Eliten-Bashing zurück.

„Ich erkläre, dass ich Gewalt entschlossen ablehne, aus welcher Ecke auch immer sie kommen mag! Und ich rufe die Regierenden und die Behörden in unserer Region dazu auf, mit ihrer Politik die Menschen und das Gemeinwohl in den Mittelpunkt zu stellen, damit unsere Völker wirklich eine integrale menschliche Entwicklung erleben. Es ist wichtig zu betonen, dass die Politik in erster Linie ein Dienst ist. Sie darf nicht nur Einzel-Ambitionen oder Gruppeninteressen dienen – die Immunität, die viele Politiker genießen, darf niemals zu Straflosigkeit werden!“

(vatican news)
 

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12. November 2019, 11:11