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Kurdische Flüchtlinge protestieren gegen die türkische Offensive im Norden Syriens Kurdische Flüchtlinge protestieren gegen die türkische Offensive im Norden Syriens 

Türkei/Syrien: „Offensive ein Verstoß gegen das Völkerrecht“

Dem türkischen Einmarsch in Syrien müsse umgehend eine Reaktion durch die internationale Gemeinschaft folgen. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der sichtlich erschütterte Franziskaner Firas Lutfi, der im syrischen Aleppo tätig ist.

Während in Syrien die Bomben fallen, droht Türkeis Präsident Erdogan an die Adresse der internationalen Gemeinschaft (und insbesondere der Europäischen Union), bei einer Reaktion auf seine Offensive den in der Türkei zurückgehaltenen Flüchtlingen Tür und Tor nach Europa zu öffnen - die Migranten also wieder einmal als Faustpfand auf dem internationalen Schachbrett. 

Angesichts der jüngsten Ereignisse haben die europäischen Mitglieder der Vereinten Nationen eine sofortige Notfallsitzung des Sicherheitsrates hinter verschlossenen Türen gefordert. Doch während die Internationale Gemeinschaft darüber diskutiert, wie die Krise und die durch sie konkret drohende neue humanitäre Notlage eingedämmt werden könnte, erinnert Bruder Firas daran, dass die Syrer die letzten neun Jahre im Kiregszustand verbracht haben:

Zum Nachhören

„Es hätte wirklich kein neues Massaker gebraucht, einen neuen Verstoß gegen internationale Gesetze. Die Türkei ist auf keine Weise dazu autorisiert, ein anderes Land zu überfallen, dessen Souveränität durch die Vereinten Nationen garantiert ist. Deshalb ist diese Tatsache, unter welchem Vorwand auch immer, nicht hinnehmbar.“

Darüber hinaus sei es bekannt, dass die Leidtragenden von Gewalt stets neben der Infrastruktur eines Landes vor allem auch die Menschen, besonders Frauen, Kinder und Alte seien, fügt der Syrer an, der zur Kustodie des Heiligen Landes gehört. Und das, während man eigentlich die Hoffnung hegte, dass „das schlimmste Drama des 21. Jahrhunderts“, nämlich der mittlerweile im 9. Jahr stehende Krieg in Syrien, endlich einem Ende zustrebe.

Christen sind nach und nach geflohen

Nach dem Abzug der US-Truppen im vor allem durch Kurden bevölkerten Nordteil des Landes hatte die Türkei am Donnerstag eine Militäroffensive gestartet, um eine „Schutzzone“ an der türkischen Grenze zu Syrien einzurichten. Seit dem neunten Jahrhundert, als Christen die Mehrheit der Bevölkerung in diesem Gebiet darstellten, habe sich die Zusammensetzung dergestalt verschoben, dass mittlerweile Kurden den Großteil der Bewohner ausmachten, erläutert der Pfarrer von Aleppo. Schuld am steten Abzug der Christen sei vor allem der Krieg in Syrien – dennoch hatte sich in seiner zweitausendjährigen Geschichte ein buntes Gemisch an verschiedenen Glaubenszugehörigkeiten erhalten, bestehend aus Assyrern, Orthodoxen sowie Katholiken der verschiedenen Ostkirchen und des Lateinischen Ritus – bis jetzt: „Leider riskiert diese Gemeinschaft nun, in ihrem Gebiet ausradiert zu werden und wir werden nicht mehr über diese grundlegende Eigenart des syrischen Gewebes verfügen.“

Bereits die ersten Nachrichten nach dem Einmarsch seien beunruhigend gewesen, auch Kinder seien gestorben, berichtet Bruder Firas Lutfi: „Die Bomben machen keinen Unterschied zwischen christlichen, kurdischen oder muslimischen Zivilisten… sondern sie treffen alle und schädigen alle. Damit öffnet sich eine Wunde wieder, von der wir glaubten, dass sie geschlossen sei.“ Er sei sich sicher, dass die Konsequenzen dieses Angriffs „dramatisch“ seien, betont der Franziskaner. Denn „weder die Christen noch die Kurden“ würden es hinnehmen, dass die Türkei eine Invasion auf dem von Syrern bewohnten Gebiet starte, so die beunruhigende Prognose Lutfis. 

(vatican news - cs)

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10. Oktober 2019, 15:28