Wut und Zerstörung in Kamerun Wut und Zerstörung in Kamerun 

Kamerun: Auf der Suche nach Frieden

In Kamerun beginnt am Montag der nationale Dialog, um eine Lösung für die Krise im anglophonen Teil des afrikanischen Landes zu finden. Papst Franziskus hat sich beim Angelus am Sonntag dazu geäußert. Indessen kommt es in Kamerun weiter täglich zu Kämpfen und Menschenrechtsverletzungen. Ein Bericht der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA).

In Kameruns Regionen Nordwest und Südwest vergehe kein Tag ohne Schusswechsel, berichten Augenzeugen. In der Bezirkshauptstadt Kumba verängstigt zudem die Anwesenheit vieler Soldaten die Bevölkerung, die gleichzeitig Furcht vor den dortigen Rebellen hat. Für ihren Kampf gegen die Zentralregierung fordern sie immer wieder Geld - und drohen mit Entführungen, falls das nicht gezahlt werde. Dabei ist schon der Alltag im anglophonen Kamerun eine ständige Herausforderung.

„Wenn es eine Ausgangssperre gibt, darf niemand das Haus verlassen, um zum Einkaufen zu gehen oder auf dem Feld zu arbeiten", sagt der Bischof von Kumba, Agapitus Nfon. Längst seien Nahrungsmittel knapp. „Allein in der Diözese Kumba gibt es 45.000 Binnenflüchtlinge, die ihre Farmen nicht mehr bewirtschaften können. Selbst wenn sie von Freunden und Verwandten Unterstützung erhalten, leiden sie sehr."

Die Lage in den englischsprachigen Regionen, in denen etwa ein Fünftel der 25,6 Millionen Einwohner Kameruns lebt, ist ab Montag zentrales Thema des sogenannten nationalen Dialogs, den Langzeitpräsident Paul Biya (86), der seit 1982 an der Macht ist, Mitte September überraschend im Fernsehen ankündigte. Die Gespräche sollen eine Lösung für den Konflikt bringen, durch den mindestens 2.000 Menschen gestorben und mehr als 530.000 obdachlos geworden sind.

Die vergessene Krise

Hintergrund ist, dass sich die englischsprachige Bevölkerung seit Jahrzehnten von der Regierung mit Sitz in der französischsprachigen Hauptstadt Yaoundé benachteiligt fühlt. Im Herbst 2016 begannen Proteste gegen eine Frankophonisierung des Bildungs- und Justizsystems. Nach Einschätzung des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC) ist weltweit keine Krise so in Vergessenheit geraten wie die in Kamerun.

Über Gespräche hat es in den vergangenen Monaten viele Spekulationen gegeben. Auch Vertreter von Zivilgesellschaft, Kirchen und Moscheen diskutierten immer wieder über mögliche Konferenzen. Einer der Befürworter ist Kardinal Christian Tumi, emeritierter Erzbischof von Douala. Gemeinsam mit Vertretern der Protestanten und der Muslime überreichte er vergangene Woche Premierminister Joseph Dion Ngute ein 400 Seiten umfassendes Schreiben.

Dass aber nach einer Woche eine Lösung präsentiert wird, ist nicht zu erwarten. Und dass nicht wirklich ergebnisoffen diskutiert werden wird, hat Biya schon bei seiner Ankündigung betont: Kamerun sei unteilbar. Doch genau das und die Ausrufung der anglophonen „Republik Ambazonien" in Südkamerun fordern Separatisten um Sisiku Ayuk Tabe, der im August mit neun Mitstreitern zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurde. In den vergangenen Monaten gab es zahlreiche weitere Verhaftungen.

Willkür und Gewalt

In Yaoundé ist seit Januar Oppositionspolitiker Maurice Kamto (65) in Haft, Zweiter der Präsidentschaftswahlen 2018. Damals hatten er und seine Anhänger zu Demonstrationen gegen das Biya-Regime aufgerufen. Kamto wird vorgeworfen, einen Aufstand geplant und sich gegenüber dem „Vaterland feindlich verhalten“ zu haben. Er könnte sogar mit dem Tod bestraft werden. Der Prozessauftakt vor einem Militärgericht beginnt am 8. Oktober. Mit Kamto sind 103 weitere Personen inhaftiert, darunter auch der Rapper Valsero.

Gegen die Entwicklungen im Land haben Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International immer wieder protestiert. Oppositionelle seien in der Untersuchungshaft gefoltert worden. Die Nichtregierungsorganisation Freedom House mit Sitz in Washington stuft Kamerun als „nicht frei" ein.

(kna)

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29. September 2019, 16:12