Demonstranten in London Demonstranten in London 

Großbritannien/Irland: Sorge wegen Brexit

Chaos im britischen Parlament: Die Parlamentarier haben den Antrag auf Neuwahl, den Premierminister Boris Johnson am Montagabend gestellt hat, in der letzten Sitzung vor der geplanten Zwangspause erneut abgelehnt. Wie es nun mit Brexit weitergeht, ist unklar. Auch die Katholiken in Irland sind besorgt, denn was auf der Nachbarinsel passiert, betrifft auch sie, betont Eamon Martin, Erzbischof des irischen Armagh.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Tumult und Geschrei gab es zum Antrag von Premierminister Johnson. Dieser verfehlte in der Nacht zum Dienstag die notwendige Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten mit 293 von 650 Stimmen bei Weitem. Es gibt damit keine Möglichkeit mehr für eine Neuwahl vor dem geplanten Brexit-Datum am 31. Oktober.

Die britische Königin Elizabeth II. hatte am Montag ein Gesetz gebilligt, mit dem ein harter EU-Austritt ohne Abkommen verhindert werden soll. Es verpflichtet Johnson dazu, eine Brexit-Verschiebung um drei Monate zu beantragen, falls es bis zum 19. Oktober keine Einigung mit der EU auf ein Abkommen geben sollte.

Zum Nachhören

Großbritannien und Irland durchleben „eine Zeit der gefährlichen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Unsicherheit“, so der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz Irlands, Erzbischof Eamon Martin. Der Erzbischof von Armagh wies auf das Fehlen einer nordirischen Versammlung, eine Zunahme des Sektierertums im Sommer und die Brexit-Krise als Hauptursache dieser Unsicherheit hin. Martin hielt einen Vortrag an der „Kennedy Summer School“ in Wexford, wo er über die Rolle des Glaubens in der Politik sprach.

Alte Wunden wieder aufgerissen

Der Versuch des britischen Premierministers Johnson, den „no deal“-Brexit auf Kosten der Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen Nordirland und der Republik Irland durchzuboxen, würde „alte Wunden“ wieder aufreissen. Man habe sich mühselig auf das Karfreitagsabkommen von 1998 einigen können und nach 30 Jahren den Streit beigelegt. Doch jetzt sei alles wieder schwieriger geworden. In seiner Rede sagte der Erzbischof, den Glaube an die gute Politik zu fördern, sei „für einen engagierten Christen kein optionales Extra“.

„Unser Glaube kann uns zur Realität der Obdachlosigkeit, Armut, Sucht und Gewalt, Kriminalität und Korruption auf den Straßen Irlands nicht schweigen lassen. Es macht uns traurig, dass so viele unserer jungen Menschen keinen anderen Ausweg sehen als Selbstverletzung und Selbstmord“, sagt er weiter. „Wir können die Notlage der Flüchtlinge und jener, die in unserer Welt Hunger leiden, verfolgt, versklavt und ausgebeutet werden, nicht ignorieren. Wir schämen uns zu Recht für die schrecklichen Fälle von Kindesmissbrauch und anderer schändlicher Ereignisse, in denen der Ruf der Kirche vor den mitfühlenden Ruf des Evangeliums gestellt wurde, die Schwachen zu schützen und die Marginalisierten zu erreichen.“

Gefahr vor „Fraktionalismus“

In den vergangenen Wochen hätten viele Gläubige mit ihm über die Politik gesprochen. Viele sehen einen gefährlichen „Fraktionalismus“, bei dem es darum gehe, nur die eigene politische Partei oder Zugehörigkeit anzuerkennen und politische Gegner aufs Übelste zu diffamieren. Dies führe jedoch zu einer Schwächung des Vertrauens in die Integrität der parlamentarischen Demokratie, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass Kirche, Zivilgesellschaft und Regierung zusammenarbeiten, „um die grundlegende Sorge um das Gemeinwohl zu wahren“, betont Erzbischof Martin.

(sda/afp/rte/vatican news)

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10. September 2019, 13:57