Trauer in Altamira Trauer in Altamira 

Brasilien: Haft - eine andere Form der Todesstrafe

Die Lage in den Gefängnissen Brasiliens ist katastrophal. Jüngste Tragödie: Am Montag starben bei einem Aufstand in der Haftanstalt von Altamira 58 Menschen. Der Leiter der brasilianischen Gefängnisseelsorge, Pater Gianfranco Graziola, schlägt Alarm: „So kann es nicht weitergehen!“

Mario Galgano – Vatikanstadt

Das Gefängnis von Altamira hat eine Kapazität für 200 Gefangene und war mit 311 Insassen belegt. Die Lage wurde so unerträglich, dass es zur Rebellion kam. Die Folge war das bisher schlimmste Gefängnismassaker in diesem Jahr in Brasilien. Freilich nicht das erste: Im Mai starben 55 Häftlinge in vier verschiedenen Gefängnissen in Manaus. Vor zweieinhalb Jahren, am 3. Januar 2017, forderten ähnliche Ausschreitungen 33 Todesopfer im größten Gefängnis von Roraima. Dort wurden die meisten der Opfer enthauptet, was auch in Altamira jetzt geschehen ist. Für Pater Graziola ist das Ganze nicht hinnehmbar:

„Nach dem Tod von so vielen Menschen in Altamira haben wir von der nationalen Gefängnispastoral eine Mitteilung herausgegeben, in der wir erklären, dass diese Todesfälle im Gefängnissystem zwei Monate nach den Massakern von Manaus keine Einzelfälle sind, sondern direkte Folgen der Missstände des Gefängnissystems.“

Zum Nachhören

Die Regierung versuche, die Verantwortung für die Aufstände einzig auf „interne Banden“ unter den Gefängnisinsassen abzuwälzen, kritisiert der katholische Seelsorger. Das sei falsch. „Die Verantwortung für die Todesfälle liegt beim Staat, und das alles ist die unvermeidliche Folge des gegenwärtigen Gefängnissystems. Diesen Fehler gilt es zu beseitigen, denn so wie das jetzt betrieben wird, führt das nur zu Schmerz und Leid.“

Regierung stellt wirtschaftliche über soziale Anliegen

Und noch einen weiteren schweren Vorwurf erhebt der Verantwortliche für die katholische Gefangenenpastoral in Brasilien: wirtschaftliche Interessen stünden über sozialen Anliegen. Die Regierung habe die Tragödie sofort genutzt, um den Bau neuer Gefängnisse anzukündigen. Damit werde viel Geld im Spiel sein - und Baukonzernze mit engem Draht zur Politik hätten selbstverständlich Interesse daran.  

„Die Eröffnung neuer Haftanstalten kann man in keiner Weise als Gegenmittel für die tödlichen Auswirkungen der Politik der Masseneinsperrung betrachten, denn damit wird wohl kaum die Gewaltbereitschaft reduziert“, so Pater Graziola. Vielmehr bedürfe es einer passenden Begleitung für die Verurteilten und Kriminellen. Das koste nicht nur Geld, sondern auch Zeit.

Andererseits sei der Tod der Häftlinge auch als eine Art „Todesstrafe“ zu sehen, denn der Präsident habe die Vorfälle heruntergespielt und bagatellisiert.

„Die Massaker von Manaus und Roraima und die Toten jetzt in Altamira sind ein Beweis dafür, dass wir es nicht nur mit einer Krise des Gefängnissystems zu tun haben. Es besteht das gezielte Vorhaben, die vollen Gefängnisse durch Gewalt und Tod zu leiten.“

(vatican news)

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01. August 2019, 12:00