Am 20. Juni 2019 war Kardinal Ranjith bei Papst Franziskus Am 20. Juni 2019 war Kardinal Ranjith bei Papst Franziskus 

Drei Monate nach Sri Lanka: „Der Papst und ich haben geweint"

Auch drei Monate nach den schrecklichen Osterattentaten in Sri Lanka leben die Christen des Landes in Angst. Das beklagt Colombos Erzbischof, Kardinal Malcolm Ranjith, im Gespräch mit Radio Vatikan. Als er bei seinem jüngsten Rombesuch dem Papst die Bilder der Attentate vorgelegt hatte, hätten sie beide die Tränen nicht zurückhalten können, zeigt sich der Kirchenmann noch heute bewegt durch die traumatischen Ereignisse.

Wir erinnern uns: Sri Lankas Christen schickten sich am vergangenen 21. April an, Ostern zu feiern. Doch eine Serie von Bombenattentaten säte Terror und Schrecken im ganzen Land, drei Sprengsätze galten Kirchen, während weitere drei vor allem von Ausländern besuchte Hotels verwüsteten. Die erste Explosion galt dem katholischen Heiligtum St. Anthony in Sri Lankas Hauptstadt Colombo. Insgesamt 258 Menschen kamen bei den Angriffen ums Leben, viele weitere wurden verletzt. Nur kurz nach der Explosion in St. Anthony war auch Colombos Erzbischof Kardinal Malcom Ranjith vor Ort. Noch heute ist er schwer erschüttert durch das schreckliche Bild, das sich seinen Augen damals bot:

„Im Inneren der Kirche war alles zerstört, Leichen lagen auf dem Boden, Verletzte schrieen vor Schmerz. Andere baten um Hilfe, um ins Krankenhaus transportiert zu werden. Wieder andere versuchten, zu helfen. Eine schreckliche, schmerzliche Szene, die uns die menschlichen Leiden in Erinnerung brachte,“ erklärt der Kirchenmann.

Zum Nachhören

Auch nach drei Monaten wisse man immer noch zu wenig über die Hintergründe des Attentats, weil die Politik nicht ernsthaft versucht habe, diese aufzuklären, klagt der Kardinal zum wiederholten Mal: „In der Tat, auch wenn die Regierung anfangs viele Hinweise hatte, die auf mögliche Terrorakte hindeuteten, wurden keine genügenden Sicherheitsvorkehrungen eingeleitet. Das ist der Grund, aus dem wir diese dramatische Situation erleben mussten.“

„Erfolgsaussichten für ein Attentat waren hoch“

Der Verdacht, der im Raum steht, wiegt schwer: Auch um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken, hätten die Staatskräfte nicht intensiv genug nach den Hintermännern der Taten gefahndet. Die schlechte Leistung der Nachrichtendienste ist vor allem hausgemacht, meint Kardinal Ranjith:

„Die Regierung hatte nach dem letzten Krieg zwischen den Tamilen und der Armee einen Sicherheitsapparat eingerichtet, der noch in der Lage war, Informationen einzuholen. Aber aufgrund von internationalem Druck und vieler Kritik hat die neue Regierung praktisch den gesamten Geheimdienst abgebaut. Und die Arbeit der Sicherheitskräfte sah sich großen Zweifeln gegenüber. Unter diesen Umständen war der Erfolg für ein Attentat wahrscheinlicher, denn es gab nicht die Voraussetzungen für eine bessere Kontrolle. Und als es dann Alarmzeichen gab, wurden diese vollständig vernachlässigt.“

„Wir haben angefangen zu weinen“

Erst vor Kurzem war der Kardinal im Vatikan zu einer Unterredung mit Papst Franziskus. Auch dieser habe mit Entsetzen auf die schrecklichen Bilder des Attentats reagiert, vertraut uns Ranjith an:  „Wir haben angefangen zu weinen. Die Tränen rollten, denn die Emotionen waren nicht zu kontrollieren… Wir haben diese schrecklichen Mordszenen gesehen, Leichen, die überall herum lagen… und der Heilige Vater war sehr erschüttert.“

Nach wie vor lebe die christliche Gemeinschaft mit der schrecklichen Erinnerung, und auch mit der Angst, die damit einhergehe, schließt Kardinal Ranjith: „Es herrscht immer eine gewisse Angst, auch wenn wir in den letzten drei Monaten keine schwerwiegenden Vorfälle mehr hatten. Verdächtige wurden an verschiedenen Orten gefunden. Aus diesem Grund leben unsere Leute, und auch wir selbst, mit einem Gefühl der Unsicherheit und der Angst.“

(vatican news - cs)

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22. Juli 2019, 14:32