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Schweiz/Russland: Orthodoxe für nationale Selbstbestimmung

Die russisch-orthodoxe Kirche stellt „weder die nationale Selbstbestimmung“ der Ukraine, noch Weißrusslands sowie deren Staatsgrenzen als unabhängige Staaten in Frage. Das stellte der für Außenbeziehungen zuständige Metropolit des Moskauer Patriarchats Hilarion (Alfeyev) bei einem Vortrag in der Schweiz klar.

Das „Zentrum für das Studium der Ostkirchen“ an der Schweizer Universität Fribourg hatte am 1. Juni 2019 zu einer Veranstaltung über die kirchliche Situation in der Ukraine, Belarus (Weißrussland) und Russland eingeladen. Das Treffen war unter anderem Teil der Jahrestagung der „Gesellschaft für des Christlichen Ostens“ (GSCO), die unter Leitung des neuen Präsidenten Franz Mali am 31. Mai und 1. Juni in Fribourg stattfand.

Hauptredner der Tagung war Metropolit Hilarion als Vertreter des Moskauer Patriarchats. Er ist auch Titularprofessor der Theologischen Fakultät in Fribourg. Die Ukrainische Orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchat) war durch Sergii Bortnyk repräsentiert, der an der Kyiver Theologischen Akademie unterrichtet und im Departement für Außenbeziehungen seiner Kirche arbeitet. Im Rahmen einer langjährigen Konvention der Fribourger Fakultät mit dem Institut für Orthodoxe Theologie an der Staatlichen Universität Minsk sprach Andrej Danilov für die Situation in der Republik Belarus.

Im Vortragsstil der beiden Referenten aus der Ukraine und Belarus fiel auf, dass sie sich nicht direkt den kirchenpolitischen Fragen widmeten, sondern die spezifische Situation des christlichen Glaubens in ihren Heimatländern schilderten, vielfach unter Verwendung von jüngstem statistischem Material, berichtet uns die Theologie-Professorin Barbara Hallensleben, die an dem Treffen teilgenommen hat.

Erwartungsgemäß konzentrierte sich die Diskussion auf Rückfragen an Metropolit Hilarion. Die Referenten aus der Ukraine und Belarus betonten, wie wichtig die Einladung von katholischer Seite sei, um ein Gespräch miteinander zu führen, für das sonst die Plattform fehle. Metropolit Hilarion sprach für die „geistliche Einheit aller orthodoxen Gläubigen“ und für „die Erhaltung der Einheit der Russischen Orthodoxen Kirche“.

Professor Sergii Bortnyk aus Kyiv stellte anhand geschichtlicher Fakten dar, warum und wie „die ukrainische Identität geteilt ist zwischen dem Osten und dem Westen“. In seiner Sicht „liegt die Hauptfrage für die Ukrainer in der Attraktivität einer zivilisatorischen Entwicklung, die die innerukrainische Situation verbessern kann. Die Ukraine sei nicht bereit zu einer Entwicklung auf der Grundlage einer nationalistischen Ideologie. Das sei nach den Ergebnissen des Wahlkampfs der letzten Monate klar geworden. Die Ukraine sei offen für die enge Zusammenarbeit mit den Nachbarländern. Das Hauptmerkmal dieser Annäherung sollte jedoch die Idee der ‚sanften Kraft‘ (soft power) sein, so Bortnyk. „Wir brauchen kulturelle Zusammenarbeit, Ideenaustausch und junge Menschen für die gegenseitige Bereicherung im humanitären Bereich. Stattdessen sehen wir in den russischen Massenmedien in vielen Fällen aggressive Rhetorik gegen die verrottete westliche Zivilisation. Oft widersetzt man sich bei uns dem scheinheiligen Lob konservativer Werte, die sich in der Realität nur selten bestätigen lassen“. Die Kirche sollte das große Vertrauen, das die orthodoxen Gläubigen in sie setzen, nicht durch die Identifikation mit staatstragenden Ideologien pro- oder antirussischer Art aufs Spiel setzen.

In seinem Grußwort im Namen der Schweizer Kirche sprach Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) sowie der „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ (GEKE). Er erinnerte an den europäischen Aufbruch vor 30 Jahren bei der Ökumenischen Versammlung „Frieden in Gerechtigkeit“ 1989 in Basel, präsidiert von Kardinal Carlo Martini für den Rat der Katholischen Bischofskonferenzen (CCEE) und von dem damaligen Metropoliten von Leningrad und späteren Moskauer Patriarchen Alexij für die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK). Für die Debatte empfahl er die Grundregeln der Schweizer Dialogkultur mit ihrer Ausrichtung auf die Fakten (ad factum), auf das Gute (ad bonum) und auf die Gemeinschaft (ad communionem).

(pm – mg/barbara hallensleben)

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11. Juni 2019, 09:24