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Haitis Hauptstadt ist lahmgelegt Haitis Hauptstadt ist lahmgelegt 

Haiti: Bischöfe fordern radikalen Wandel

Die Bischöfe Haitis haben sich in einer harten Botschaft gegen die grassierende Korruption im Land ausgesprochen. Seit Tagen gewinnen die Proteste der Bevölkerung gegen die korrupte Elite des Landes wieder an Intensität, erst am Sonntag wurden bei Demonstrationen für den Rücktritt des Präsidenten mehrere Menschen getötet.

Die Korruption muss besiegt werden, und die Korrupten müssen vor Gericht gebracht werden. Das fordern die Bischöfe eines der ärmsten Länder der Welt in einer Botschaft, die an diesem Sonntag verbreitet wurde. Sie beziehen sich auf zwei Berichte des Obersten Rechnungshofes, in denen aufgedeckt wird, wie Minister und Funktionsträger jahrelang unvorstellbare Summen, die eigentlich dem Wiederaufbau und der Entwicklung des Tornado-geschädigten Landes hätten dienen sollen, aus dem Petrocaribe-Fonds in die eigene Tasche geleitet haben. Über drei Milliarden US-Dollar könnten auf diese Weise abgezweigt worden sein, schätzen Analysten.

Zum Nachhören

Quesnel Alphonse ist Bischof von Fort-Liberté. Im Gespräch mit Vatican News bestätigte er, wie besorgt die Bischöfe des Landes über die derzeitige Situation sind: 

„Wir haben schon etliche Regierungswechsel erlebt – und darunter waren auch etliche Übergangsregierungen dabei – dennoch haben wir bis heute keine nennenswerte Verbesserungen gesehen. Und selbstverständlich können wir nicht alles der jetzigen Regierung anlasten. Doch was schlägt Präsident Jovenel Moise vor? Nur Gesetze, die ihm persönlich hilfreich sind. Das ist das Problem.“

„Die Menschen leben in Angst und Schrecken“

Die Bischöfe unterstreichen in ihrer Botschaft die Gefährlichkeit von Korruption, die sich über Jahre tief ins Leben des Landes gefressen hat. Diese gefährde sowohl die Demokratie als auch den sozialen Frieden. Darüber hinaus beklagen sie, dass „unser Land durch die Habsucht einiger gieriger und kurzsichtiger Führungspersonen, die sich nicht um die schwierige Situation der Menschen in Not scheren, systematisch ausgebeutet wird.“

„Das Land ist in eine Starre versetzt worden,“ sagt uns Bischof Alphonse. „Die Menschen leben in Angst und Schrecken. In Port-au-Prince gab es sogar Tote. Es ist ein Skandal und es fehlt an einer Bewusstseinsbildung dieser Situation von Seiten der Regierenden. Wir als Kirche tragen eine große Verantwortung. Wir sind dazu aufgerufen, für eine neue Mentalität einzustehen. Seit Jahren kümmern wir uns darum, seit der Unabhängigkeit des Landes. Deshalb müssen wir als Kirche den Akzent auf den Bildungsbereich setzen.“

Bischöfe warnen vor ,Ära des Blutrausches ohne Ende'

Denn die derzeitige „Elite“ sei nicht dazu fähig, die Geschicke des Landes zum Besseren zu wenden: die Politiker „tragen weder zum Fortschritt noch zur Entwicklung des Landes bei“, konstatieren die Bischöfe in ihrer Botschaft weiter. Sie zeigen auf, dass es letztlich die Bevölkerung sei, die die Konsequenzen dieses verantwortungslosen Handelns zu tragen habe. Die „politische Instabilität, die in Haiti um sich greift, und das würdelose Verhalten der Politiker läuten im Land eine ,Ära des Blutrausches ohne Ende‘ ein und wir sind Zeugen – in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens – einer Art von vielgestaltiger Gewalt, vor der niemand gefeit ist,“ nehmen die Bischöfe kein Blatt vor den Mund.

Nun sei es an der Zeit für einen „wahren radikalen Wandel“, stellen sich die Bischöfe offen hinter die Opposition des Landes, die einen Politikwechsel fordert. Bislang ist noch gegen keinen der vermutlich für die Abzweigung der Milliarden verantwortlichen Politiker ein Gerichtsverfahren angestrengt worden. Die Demonstrationen, die sich an den Korruptionsvorwürfen entzündet hatten, sind auch durch die harte Hand der Sicherheitskräfte und die daraus folgenden Todesfälle zu einer wahren Protestwelle angewachsen, die zum Ziel hat, die korrupte Elite aus den Führungsetagen zu jagen.

„Wir bitten das Volk, diejenigen zu identifizieren, die wirklich sein Gutes wollen. Damit sich die Dinge ändern, braucht es auf allen Macht- und Funktionsebenen Männer und Frauen, die erneuert sind an Geist, professioneller Ethik und Fähigkeiten. Das ist der Grund dafür, warum wir die politischen Führungspersonen zur Verantwortung ziehen wollen. Wir rufen sie dazu auf, die sozialen Ungerechtigkeiten abzustellen und sich der Justiz des Landes zu stellen, wenn das der Preis ist, der gezahlt werden muss, um die moralische Autorität des Staates und seiner Regierung wiederherzustellen.“

Skandal Petrocaribe

Für den Präsidenten Jovenal Moise, einst als Politikneuling und Hoffnungsträger für das Volk angetreten, wird die Luft jedenfalls dünn. In zwei Berichten aus der vergangenen Woche zeigt der Rechnungshof detailliert auf, wie sich auch der aktuelle Präsident auf ungerechtfertigte Weise an den Petrocaribe-Dollars bereichert hatte. Im Jahr 2005 als Solidaritätsprojekt für den verbilligten Ankauf von venezolanischem Öl aufgesetzt, wurde Petrocaribe schnell zum Selbstbedienungsladen für undurchsichtige Finanztransaktionen einer über die Jahre wechselnden politischen Elite.

Wie der Rechnungshof unter anderem nachgewiesen hatte, wurde im Jahr 2014 derselbe Auftrag an zwei Firmen vergeben – obwohl beide Firmen verschiedene Namen trugen, hatten sie dieselbe Steuernummer und dasselbe technische Personal. Eine der beiden Firmen war Agitrans, die von Moise geleitet wurde, bevor er 2017 Präsident Haitis wurde. Im Einzelnen wird Moise vorgeworfen, rund 700.000 Dollar für den Bau einer Straße erhalten zu haben – mit einer Firma, die sich eigentlich um Bananenanbau kümmert. Bislang konnte der Rechnungshof abgezweigte Gelder in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar nachweisen – doch es wird davon ausgegangen, dass sich die Schadenssumme auf das Doppelte belaufen wird.

(vatican news - cs) 

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11. Juni 2019, 11:10