Venezuela: Bischöfe weisen auf dramatische Lage hin

Die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der venezolanischen Bischofskonferenz verurteilt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die parlamentarische Immunität von Mitgliedern der Nationalversammlung aufzuheben. „Diese Entscheidung setzt sich über den Willen des Volkes hinweg, das die Nationalversammlung als Organ der öffentlichen Repräsentation gewählt hat“, heißt es in einer Mitteilung der bischöflichen Kommission.

Mario Galgano - Vatikanstadt

In einer Videobotschaft der Bischöfe an die vatikanische Nachrichtenagentur Fides rufen sie alle Gläubigen auf, „gemeinsam die Menschenrechte zu verteidigen“. Es sind klare Worte in einer turbulenten Zeit für das südamerikanische Land. Die Bischöfe sprechen auch unumwunden von einer „schwierigen Situation“, die Venezuela derzeit durchlebe.

Zum Nachhören

Thomas Posado ist Politikwissenschaftler an der Pariser Universität „Sciences Politiques“ (abgekürzt: Sciences Po) und Experte für Venezuela. Unseren französischsprachigen Kollegen erläutert er die Entwicklung so:

„Guaidòs Macht ist eher symbolisch“

„Im heutigen Venezuela gibt es zwei Präsidenten, die sich selbst zu Staatspräsidenten ausgerufen haben. Auf der einen Seite haben wir Nicolás Maduro und auf der anderen Juan Guaidó. Was die Lage schwierig macht, ist die Tatsache, dass das Militär auf der Seite Maduros ist, während Guaidó auf die Mehrheit der Nationalversammlung zählen kann. Doch seine Macht ist eher symbolisch, da die Nationalversammlung nie eine Machtposition in Venezuela innehatte.“

Fakt ist: Die politische Krise hat nicht nur zu einem Machtkampf um die politische Führung, sondern auch zu noch mehr Elend und Gewalt geführt. In dem Video der Bischöfe werden deshalb Bilder gezeigt, die den schwierigen und harten Alltag vieler Menschen illustrieren: Zu sehen sind Personen, die im Müll etwas zum Essen suchen, oder Gewalt gegen Jugendliche, die auf der Straße protestieren. Posado weist auf den Einfluss der sogenannten „collectivos“ hin. Das sind linksextreme Gruppen, die Maduro unterstützen:

Verkehr und Sicherheit sind lahmgelegt

„Die ,collectivos' sind bewaffnete Gruppen. Es gibt sie schon seit langer Zeit. Früher waren es Stadtviertel-Banden, die sich gegen Räumungsbefehle wehrten. In der Ära von Präsident Hugo Chavez wurden sie verstärkt politisch eingesetzt, und auf diese Kräfte kann nun Maduro sozusagen im Volk zählen.“

Das Bild in den venezolanischen Städten sei dramatisch, heißt es im Video der Bischöfe. Die Straßen lägen durch den Strommangel im Dunkeln. Der Verkehr und die Sicherheit sei lahmgelegt. Die Bischofskonferenz habe dieses Video produziert, um der Welt zu zeigen, wie die Menschen in Venezuela lebten. Texte könnten sie derzeit nicht veröffentlichen, weil ihre Website gesperrt sei.

Widerstreitende internationale Interessen verhindern Dialog

Der Venezuela-Experte Posado glaubt, dass sich die Lage ohne ausländische Hilfe nicht ändern werde:

„Auf internationaler Ebene sieht es so aus, dass es Staaten gibt, die Guaidó explizit unterstützen. Das sind in etwa 50 Staaten, allen voran die USA. Diese Staaten sind aber – mit Ausnahme der USA – gegen eine militärische Intervention in dem Land. Die USA hat auch sehr starke wirtschaftliche Interessen, die mit dem reichhaltigen Erdölvorkommen in Venezuela zusammenhängen. Russland und China sind vor allem durch Kredite mit der Maduro-Regierung verbandelt. Es sieht also sehr schwierig aus, neutrale Dialogversuche durchzuführen.“

Der Ständige Rat der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) nahm am Dienstag eine Resolution an, in der die „Verletzung der parlamentarischen Immunität von Mitgliedern der Nationalversammlung Venezuelas“ angeprangert wird. Dieses Dokument, das im Konsens angenommen wurde, verurteilt auch die Verhaftung des ersten Vizepräsidenten der Nationalversammlung, Edgar Zambrano, und fordert seine „sofortige Freilassung“.

(vatican news/fides)

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17. Mai 2019, 11:14