Die Migranten werden von der Sea Watch 3 auf ein italienisches Schiff umgeladen Die Migranten werden von der Sea Watch 3 auf ein italienisches Schiff umgeladen 

Italiens Protestanten wollen Mittelmeer-Flüchtlinge aufnehmen

Im erneuten Tauziehen um die Aufnahme aus dem Mittelmeer geretteter Migranten hat die protestantische Kirche Italiens Hilfe angeboten. Einige Sea-Watch-Migranten könnten in kircheneigenen Aufnahmezentren betreut werden, teilte der Pressedienst der italienischen evangelischen Kirchen NEV am Sonntag mit.

Der Bund evangelischer Kirchen in Italien (FCEI) wolle sich zudem für eine anteilige Aufnahme durch Schwesterkirchen in Europa einsetzen, so der FCEI-Vorsitzende Luca Maria Negro. Vor Verfolgung Fliehende aufzunehmen sei „Bürgerpflicht jeder Demokratie“.

Auch Papst Franziskus hatte am Samstag im Vatikan erneut die Lage auf dem Mittelmeer kritisiert: „Es darf nicht das Mittelmeer vergessen werden, das sich in einen Friedhof verwandelt“, sagte er bei einer Audienz für ausländische Journalisten in Italien. Der Papst ging dabei nicht konkret auf den aktuellen Fall ein.

„Im Gegensatz zu Salvini halten wir uns an internationales Recht“

Am Sonntag hatte die Staatsanwaltschaft in Agrigent eine vorläufige Konfiszierung des Schiffs angeordnet und die verbliebenen 47 von ursprünglich 65 Migranten gegen den Willen von Innenminister Matteo Salvini in Lampedusa an Land gehen lassen. Gegen den Kapitän der „Sea-Watch 3“, Arturo Centore, läuft unterdessen eine Anzeige wegen Beihilfe zu illegaler Einwanderung. Das bestätigte der Sprecher des privaten Seenotrettungsvereins, Ruben Neugebauer, am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Das Schiff ist inzwischen unter Eskorte auf dem Weg nach Licata auf Sizilien. Wie es mit den Rettungsfahrzeug weitergeht, konnte Neugebauer am Montag nicht sagen. Die Ankunft in Licata erwarte er für den Nachmittag. „Jeder Tag, den wir hier festgehalten werden, ist ein Skandal, weil zeitgleich auf dem Mittelmeer Menschen sterben“, erklärte er. Seine Organisation sei allerdings „sicher, dass diese Ermittlungen zu nichts führen werden. Im Gegensatz zu Salvini halten wir uns an internationales Recht“, so der Sprecher.

„Auch Deutschland maßgeblich mitverantwortlich“

Auch die Vereinten Nationen hätten deutlich gemacht, dass sie das Vorgehen des Innenministers für rechtswidrig hielten. Unterstützung von der Bundesregierung gebe es bisher nicht, so Neugebauer. Er verwies auf das CDU-Europawahlprogramm, das für eine strengere Unterbindung illegaler Migration und die Rückführung Abschiebepflichtiger plädiere. Dies sei „bitter“, die Todesrate auf dem Mittelmeer sei „so hoch wie noch nie“, so der Sprecher. Dafür sei „auch Deutschland maßgeblich mitverantwortlich“. Unterdessen sorgt die „Sea-Watch 3“ für Spannungen innerhalb Italiens Regierung.

Salvini, zugleich Chef der rechten Lega, erfuhr offensichtlich erst nachträglich von der Ausschiffung der Migranten in Lampedusa und griff Verkehrsminister Danilo Toninelli (Fünf-Sterne-Bewegung) dafür an. Dieser erklärte, dass die Menschen an Land gelassen worden seien, sei eine rechtliche Folge der Beschlagnahmung. Salvini solle „sich informieren, bevor er spricht“, so Toninelli. Auch Teile der italienischen Staatsanwaltschaft stellten sich gegen die Forderung Salvinis, italienische Häfen für Migranten geschlossen zu halten. Dieser kündigte derweil laut italienischen Medien eine Verschärfung des sogenannten Sicherheitsdekrets an, das auch den Umgang mit Migranten regelt.

„Wir haben kein Gesetz gebrochen“

Die 47 Migranten der „Sea-Watch 3“ waren Sonntagabend „in enger und freundschaftlicher Zusammenarbeit“ von der italienischen Küstenwache und Zollbeamten in Lampedusa an Land geholt worden, wie der Flüchtlingsrettungsverein mitteilte. Noch nach der Aktion postete Salvini auf Facebook: „Was mich angeht, kommt von dem ungesetzlichen Schiff SeaWatch (deutsche NGO, holländische Flagge) niemand runter.“ Sea-Watch schrieb am Montag in einer Pressemitteilung: „Die vierte Ausschiffung durch ein ziviles Rettungsschiff in Italien in diesem Jahr beweist einmal mehr, dass das Gerede von geschlossenen Häfen vor allem eines ist: Gerede.“ Einsatzleiter Philipp Hahn nannte die Beschlagnahmung "ebenso vorhersehbar wie skandalös". Hahn erklärte: „Wir haben kein Gesetz gebrochen, wir haben uns vielmehr erneut für das Seerecht und die Genfer Flüchtlingskonvention eingesetzt, und wir erwarten deshalb keine weiteren rechtlichen Folgen.“

(kap/kna - cs)
 

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20. Mai 2019, 12:32