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Italiens Innenminister Salvini Italiens Innenminister Salvini 

Italien: Kirche greift Salvini an

Die italienischen Bischöfe und katholische Flüchtlingshelfer greifen Innenminister Matteo Salvini an: Die von dem „Lega“-Politiker vor vier Monaten durchgesetzten Verschärfungen im Einwanderungsgesetz führten zu einer schwierigen Lage für Migranten in Italien.

Und seine Politik der geschlossenen Häfen, die das Anlanden von Seenotrettungs-Schiffen unmöglich macht, führe, so die Kirchenleute, zu mehr ertrinkenden Migranten im Mittelmeer.

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst „Centro Astalli“ stellte an diesem Donnerstag in Rom seinen Migrations-Jahresbericht vor. „Der Bericht arbeitet eine immer prekärere Lage heraus bei Menschen, die nach Italien kommen oder schon seit einiger Zeit dort sind“, so der Jesuit Camillo Ripamonti. „Das besorgt uns, weil diese Menschen riskieren, an den Rand gedrängt zu werden. Die Gesetzesänderungen des letzten Jahres sind nicht sehr hilfreich in dieser Hinsicht, weil diese Menschen größere Schwierigkeiten mit der Aufenthaltserlaubnis bekommen und dadurch sozusagen unsichtbar werden.“

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Neues Gesetz macht Abschiebungen leichter

Dass der rechtspopulistische Salvini die Häfen geschlossen und damit die Ankunft neuer Migranten auf dem Seeweg unterbunden hat, verbessert die Lage nach Angaben Ripamontis nicht. „Denn auch wenn die Zahl von Neuankömmlingen gesunken ist, haben die bereits hier befindlichen Menschen doch steigende Probleme, sich zu integrieren. Die meisten bleiben trotzdem hier im Land, als Unsichtbare vor allem in den Städten und an den Peripherien der Großstädte. Weil sie rechtlos sind, schafft das immer neue Probleme.“

Das neue Gesetz macht Abschiebungen von Migranten leichter. Die Möglichkeit, einem Migranten aus humanitären Gründen ein Aufenthaltsrecht zu geben, wurde kurzerhand abgeschafft.

„Veränderungen im politischen Klima sind nicht hilfreich“

„Wir haben immer mit den Behörden zusammengearbeitet und hoffen, dass das auch so weitergeht. Wobei natürlich die Gesetzesänderungen – und auch die Veränderungen im politischen und gesellschaftlichen Klima – in dieser Hinsicht nicht hilfreich sind.“

Salvini hält sich – u.a. mit Blick auf die anstehenden Europawahlen – zugute, die Flüchtlingskrise in Italien durch seine Politik der Härte sozusagen gelöst zu haben. Die Kehrseite der Medaille ist übrigens, dass jetzt immer mehr Migranten von Marokko aus nach Spanien übersetzen, weil die italienischen Häfen gesperrt sind.

„Abnahme der Migrantenzahlen ist keine gute Nachricht!“

Pater Ripamonti kann Salvinis Jubel über die sinkenden Zahlen von Bootsflüchtlingen in Italien nicht nachvollziehen. „Die Abnahme der Migrantenzahlen, wie wir sie jetzt erleben, ist ein Ergebnis von Vereinbarungen mit Drittstaaten, die die Migranten an der Weiterreise hindern, etwa mit der Türkei und mit Libyen. Im libyschen Fall wissen wir, dass die Migranten oft inhaftiert und ihre Rechte ignoriert werden. Wenn man also den Migrationsstrom auf diese Weise einfach unterbricht, hat man das Problem nicht gelöst, sondern nur woanders hin verlagert. Das ist schon einmal ein Grund, um das Abnehmen der Migrantenzahl nicht für eine gute Nachricht zu halten. Wenn die Abnahme dieser Zahlen etwas mit der Lösung von Problemen in den Herkunftsländern zu tun hätte, dann wäre das eine gute Nachricht! Solange sich das aber nicht so verhält, ist das für uns keine gute Nachricht.“

Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Gualtiero Bassetti, formulierte bei der Vorstellung des „Centro Astalli“-Berichts noch schärfer als Jesuitenpater Ripamonti. Der Kardinal fordert Gesetzesänderungen. Die Häfen zu schließen bedeute nicht, dass es weniger Tote im Mittelmeer gebe. „Nein – das ist doch ganz offensichtlich. Es bedeutet, die Zahl der Toten zu erhöhen! Die Schließung der Häfen führt zu proportional mehr Toten.“

Wer übernimmt die Verantwortung für ertrinkende Migranten auf dem Meer?

Von tausend Migranten, die aus Afrika nach Europa aufbrachen, seien im vergangenen Jahr 35 in der Wüste, auf dem Mittelmeer oder durch Gewalt in Flüchtlingslagern gestorben. Im ersten Vierteljahr 2019 sei diese Zahl auf hundert gestiegen, so der Kardinal. Und überhaupt – wer übernehme denn „die Verantwortung für die Todesfälle auf dem Meer?“

Migranten müssten gerettet, und ihnen müsse geholfen werden, statt sie in unsichere Drittstaaten zurückzuschicken.
„Aufnehmen reicht nicht – wir müssen auch integrieren! Wir müssen die Sprache unterrichten, die Menschen in einen Bürgerschaftskontext einordnen, ihnen etwas zu essen und trinken geben. Die gesetzlichen Vorgaben reichen aber dazu nicht aus. Darum sage ich klar: Wir als Kirche nehmen die Verantwortung auf uns, uns auch um die Leute zu kümmern, die wir aufgenommen haben! Das bedeutet aus unserer Sicht Integration. Und wir wollen sie begleiten, bis sie in vollem Umfang als Einwohner anerkannt werden.“

(vatican news – sk)
 

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05. April 2019, 11:13