Trauer vor der Dean-Avenue-Moschee von Christchurch Trauer vor der Dean-Avenue-Moschee von Christchurch 

Neuseeland: Gottesdienste für die Opfer des Terrors

In den Kirchen Neuseelands ist am Samstag und Sonntag der Opfer des Terroranschlags auf betende Muslime in Christchurch gedacht worden. Die Zahl der Todesopfer stieg inzwischen auf 50.

In einer der beiden Moscheen wurde eine Leiche gefunden, die man bisher nicht mitgezählt hatte. Die ersten Toten wurden am Sonntag an die Familien übergeben. Damit kann dann auch mit den Beerdigungen begonnen werden.

Nach neuseeländischen Medienberichten sind alle Todesopfer Muslime im Alter von zwei bis 77 Jahren. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es zunächst nicht. Von den mehreren Dutzend Verletzten waren noch mindestens zwei in Lebensgefahr.

„Unsere Trauer droht unsere Gemeinschaft in den Abgrund zu reißen“

Christchurchs katholischer Bischof Paul Martin sagte in der Messe am Samstagabend in seiner Predigt, die Menschen seien nicht in der Lage, die Verwirrung und den Schmerz, die sie fühlten, in Worten auszudrücken. „Unsere Trauer droht unsere Gemeinschaft in den Abgrund zu reißen, wegen des Todes unserer Schwestern und Brüder und wegen des Hasses, den man ihnen entgegengebracht hat. In Begegnung mit solcher Gewalt und solchem Verlust schreien wir aus dem Herzen“, so der Bischof.

Er berichtete, dass sich viele bereits an Mitglieder der muslimischen Gemeinschaft gewandt hätten und die praktizierte Nächstenliebe den Hass bereits überwältigt habe. „Wir sind heute hier als Freunde, Freunde, die leiden, Freunde, die inmitten einer unbeschreiblichen Tragödie zusammen trauern“, so Bischof Martin.

Kirche hilft den Familien der Opfer

Alan Jamieson, Leitender Pastor der South West Baptist Church, sagte, dass seine Christchurcher Gemeinde drei muslimische Flüchtlingsfamilien unterstütze. Zwei der Familien hatten während der Schießerei Mitglieder in der Moschee. Zwei seien getötet worden und zwei verletzt, sagte er. Die Kirche habe Leute, die die Familien auf jede erdenkliche Weise unterstützten. „Wir haben Leute im Krankenhaus, Leute, die sich zu Hause um die Kinder kümmern.“

Ein öffentliches Treffen der neuseeländischen Religionsgemeinschaften ist für Dienstag 19.00 Uhr in der Kathedrale auf dem Latimer-Platz in Chirstchurch angekündigt.

Wiener Dialogzentrum KAICIID: Hass durch Social Media verbreitet

Auch der Aufsichtsrat des Wiener KAICIID-Dialogzentrums - dem u.a. der orthodoxe Metropolit von Paris, Emmanuel (Adamakis), der Sekretär des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog, Bischof Miguel Ayuso Guixot, der anglikanische Priester Mark Poulson (Secretary for Inter Religious Affairs to the Archbishop of Canterbury), Rabbiner David Rosen und Mohammad Sammak (Generalsekretär des libanesischen Nationalkomitees für den christlich-islamischen Dialog) angehören - hat am Wochenende eine Verurteilung des Terrorakts veröffentlicht. Mit den Attacken auf die Freitagsgebete hätten die Täter auf das Herz der kleinen islamischen Gemeinschaft gezielt, die in Neuseeland nur ein Prozent der Bevölkerung ausmache.

Das KAICIID erinnert daran, dass „die schändliche Natur des ursprünglichen Angriffs noch nachfolgend durch den Gebrauch der Social Media zur Verbreitung von Furcht und Terror vertieft“ worden sei. Dieser Vorgang sei ein klarer Hinweis darauf, dass gewalttätige Extremisten aller Art die Social Media" missbrauchen, um Hass und Aufforderung zur Gewalt zu verbreiten. Junge Leute seien in diesem Zusammenhang besonders verletzlich, aber kein Teil der Gesellschaft sei immun gegen diese Krankheit.

Verhetzung zur Gewalt sei ein Verbrechen, ob sie nun online oder offline geschehe, betonte der KAICIID-Aufsichtsrat. Daher ergehe an die Religionsgemeinschaften und die religiösen Führungspersönlichkeiten die Aufforderung, angesichts des Terrors zusammenzustehen - durch den interreligiösen und interkulturellen Dialog für die friedliche Koexistenz, durch die Verbreitung ihrer Stimmen und Friedensbotschaften im Netz und durch die praktische Verwirklichung dieser Botschaften in der täglichen Begegnung.

Täter erschoss auch Kinder

Der mutmaßliche Attentäter von Christchurch hat seine rechtsextreme Kampfschrift kurz vor den Anschlägen auch an Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern geschickt. Die Regierungschefin bestätigte am Sonntag in Wellington, dass neun Minuten vor Beginn der Angriffe auf zwei Moscheen am Freitag eine E-Mail an ihr Büro gegangen sei. Darin seien aber keine Tatorte oder ähnliche Hinweise genannt worden, mit denen die Anschläge noch hätten verhindert werden können.

Inzwischen geht die Polizei fest davon aus, dass es sich bei dem festgenommenen Mann, einem 28 Jahre alten Australier, um einen Einzeltäter handelt. Zwar gab es vier weitere Festnahmen, offensichtlich aber ohne Zusammenhang zu dem Verbrechen. Der mutmaßliche Todesschütze wurde von zwei Polizeibeamten überwältigt, nachdem er die zweite Moschee verlassen und sich mit seinem Auto davongemacht hatte. Offenbar hatte er weitere Morde geplant. Seine 74-seitige Kampfschrift, die er auch ins Internet gestellt hatte, enthält zahlreiche rechtsextreme Parolen. Inzwischen sitzt er in einem Hochsicherheitsgefängnis. Wegen vielfachen Mordes droht ihm lebenslange Haft.

Der Täter erschoss in einer Moschee in der Innenstadt zunächst 42 Menschen, darunter mehrere Kinder. Dann brachte er in einer anderen Moschee acht weitere Menschen um. Mit einer Helmkamera übertrug er die Tat live ins Internet. Insgesamt wurden bei ihm fünf halbautomatische Feuerwaffen und Schrotflinten sowie Sprengstoff sichergestellt. Der Mann wohnte zuletzt in der neuseeländischen Stadt Dunedin. Er hatte seit November 2017 einen Waffenschein und war auch Mitglied in einem Schützenverein.

Als Reaktion auf den brutalsten Anschlag in der jüngeren Geschichte Neuseelands will die Regierung nun die Waffengesetze verschärfen. In dem Pazifikstaat darf man bisher nach einer Überprüfung durch die Behörden schon mit 16 Jahren Waffen besitzen.

(kap – sk)
 

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17. März 2019, 11:23