Wurde dem australischen Kardinal Pell ein fairer Prozess gewährt? Manche Kommentatoren bezweifeln das Wurde dem australischen Kardinal Pell ein fairer Prozess gewährt? Manche Kommentatoren bezweifeln das 

Australien: Medien sehen Verurteilung Pells kritisch

Die Verurteilung von Kardinal George Pell wegen sexuellen Missbrauchs zweier Chorknaben in seiner Amtszeit als Erzbischof von Melbourne stößt in australischen Medien auch auf Kritik. Vor allem Kommentatoren des konservativen Medienkonzerns News Corp kritisierten das Urteil wegen einer aus ihrer Sicht zu schwachen Beweislage.

Miranda Devine vom „Daily Telegraph“ und der Kolumnist der „Herald Sun“, Andrew Bolt, erklärten Pell in ihren Meinungsstücken für „unschuldig“ und zum „Sündenbock“ für die „Verfehlungen der Kirche“. Sowohl Devine als auch Bolt haben wiederholt geschrieben, sie seien von Pells Unschuld überzeugt.

Auf Kritik stieß die Verurteilung aber auch bei dem progressiven Jesuiten und Rechtsanwalt Frank Brennan, der den Prozess streckenweise beobachtet hatte. „Mich hat das Urteil sehr überrascht“, schreibt er. Seine Analyse wurde auch in eher pellkritischen katholischen Medien wie der französischen Zeitung „La Croix“ und dem britischen „Tablet“ veröffentlicht.

„Ich war am Boden zerstört“

„Tatsächlich war ich am Boden zerstört. Meine einzige Schlussfolgerung ist die, dass die Jury viele der von Pells Anwalt vorgebrachten eindrucksvollen Kritiken der Aussagen des Klägers ignoriert haben.“ Den vom einzigen Zeugen vorgebrachten mutmaßlichen Tathergang nannte Brennan widersprüchlich.

Und auch liberale australische Medien kommentierten die Verurteilung des ehemaligen vatikanischen Finanzministers kritisch. Pell sei auf Basis „nicht belegter Aussagen eines einzigen Zeugen, ohne forensische Beweise, ohne bestimmte Verhaltensmuster oder ein Geständnis“ schuldig gesprochen worden, schreibt die in Melbourne erscheinende Zeitung „The Age“.

Zweifel am geschilderten Tathergang

Die Zweifel der Medien an Pells Schuld beziehen sich in erster Linie auf den beschriebenen Tathergang. Demnach soll der Kardinal beim Auszug nach einem feierlichen Hochamt in der Kathedrale von Melbourne in die Sakristei abgebogen sein und bei geöffneter Sakristei-Tür in vollem Ornat die Chorknaben zum Oralsex gezwungen haben.

Seit Beginn der Hauptverhandlung im Sommer 2018 galt ein richterliches Totalverbot der Berichterstattung über den Prozess. Erst seit Verkündung des Urteils zu Wochenbeginn haben die Medien Einblick in die Plädoyers der Anklage und der Verteidigung.

(kap - cs)

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27. Februar 2019, 12:58