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Dankbar für Unterstützung: Auch die Christen außerhalb von Gaza und Westbank Dankbar für Unterstützung: Auch die Christen außerhalb von Gaza und Westbank 

Solidaritätsbesuch im Heiligen Land: Ein Interview mit Bischof Ackermann

Zum 19. Mal ist eine Bischofsdelegation überwiegend aus Europa und Nordamerika zu einem Solidaritätstreffen mit den Christen ins Heilige Land gereist. Dieses Jahr lag der Fokus der Reise, die es schon lange gibt, nicht so sehr auf den Christen in den Palästinensergebieten, sondern auf den Christen in Israel.
Hier das Gespräch zum Nachhören

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Wir erreichten Montagabend in Israel den Trierer Bischof Stephan Ackermann, der für die Deutsche Bischofskonferenz an der Pilgerfahrt teilnimmt. Zunächst fragten wir ihn nach seinen Eindrücken aus erster Hand über die Christen in Israel heute.

Ackermann: „Wir hatten in den letzten Tagen gehört, dass die Christen in Israel sehr dankbar sind, dass wir dieses Mal wirklich das Augenmerk auf sie legen. Wir hatten schon manchmal den Eindruck oder haben auch insgesamt mit Blick auf die Kirche wirklich den Eindruck, dass die oft übersehen werden, weil dann eben der Fokus doch mehr auf die Christen in Gaza oder in der Westbank gelegt wird. Und sie sind sehr dankbar, dass wir dieses Mal den Schwerpunkt auf sie gelegt haben. Das zeigt aber auch, und das ist jetzt sozusagen der frische Eindruck der vergangenen Tage, wie differenziert die Lage der Christen, besonders der römisch-katholischen Christen, im Heiligen Land ist. Wir sprechen immer von ,den Christen‘, auch wenn wir in besonderer Weise an die Katholiken denken. Aber selbst da ist es eine große Herausforderung, die Ortskirche als Einheit zu sehen, weil die Menschen wirklich in sehr unterschiedlichen Situationen leben.“

„Es ist wirklich schmerzlich, dass gerade junge Leute, die eine gute Ausbildung haben, hier keine Perspektive sehen und dann auswandern“

Vatican News: Arabische Christen versuchen auszuwandern, zugleich kommen in Israel viele christliche Einwanderer aus Asien an. Welche Spuren hinterlässt diese Form der Wanderung im religiösen Gewebe des Heiligen Landes?

Ackermann: „Wir hatten natürlich ein Gespräch mit dem apostolischen Administrator, Erzbischof Pizzaballa, über die Situation der Ortskirche hier. Und es ist ja wirklich schmerzlich, dass gerade junge Leute, die eine gute Ausbildung haben und hier keine Perspektive sehen, dann auswandern. Die Christen gehören ja eher zur Mittelschicht oder unteren Mittelschicht. Andererseits kommen Menschen ins Land, die dann in verschiedenen Sektoren arbeiten, darunter auch Katholikinnen und Katholiken. Und das ist für die Ortskirche hier, für das Patriarchat, doch eine große Herausforderung, die aber ganz bewusst angenommen wird. Also zu sagen, wir müssen eben sehen, dass wir nicht nur die arabischen Christen haben, sondern wir haben auch die hebräisch sprechenden Christen, wir haben die muttersprachlichen Gemeinden, und das hat sich, wenn ich das überblicke, schon in den letzten Jahren ein gutes Stück verändert, dass jetzt eine größere Aufmerksamkeit da ist und man sagt eben, wir gehören zu dieser großen Gemeinschaft dazu.“

„Zu den Herausforderungen gehört auch, den richtigen Ton zu finden, den anderen mit seiner Geschichte, mit seinen Empfindlichkeiten zu respektieren und sich selber trotzdem treu zu bleiben“

Vatican News: Wird ein solcher Solidaritätsbesuch von katholischen Bischöfen bei Christen im Heiligen Land dort in Israel auch auf irgendeine Weise politisch gelesen?

Ackermann: „Ja, das ist ja immer auch politisch. Wir haben uns heute auch mit diesem neuen Nationalstaatsgesetz beschäftigt, das ja für große Diskussionen gesorgt hat. Von einem Philosophie-Professor an der Universität von Haifa haben wir nun gehört, dass das auch unter den Israelis und den Juden selber diskutiert wird, ob es ein solches Gesetz bzw. eine solche Verfassung überhaupt braucht. Auch die Frage, was bedeutet das in dieser Situation? Insofern kommt man hier an politischen Fragen nie vorbei. Das ist eine hochsensible Sache, das haben wir mehrmals bemerkt. Zu den Herausforderungen gehört auch, den richtigen Ton zu finden, den anderen mit seiner Geschichte, mit seinen Empfindlichkeiten zu respektieren und sich selber trotzdem treu zu bleiben mit den Fragen, auch mit den kritischen Rückfragen, die aufkommen. Also es ist immer auch ein politischer Besuch, aber es ist für uns wichtig zu sagen, dass das auch eine Begegnung mit den Menschen vor Ort ist, und zwar beispielsweise am Sonntag, als wir eine Pfarrei im palästinensischen Zababdeh besucht haben. Das war ja noch in der Westbank. Wir sind also nicht nur auf der politischen Ebene unterwegs, nein, wir kommen hier wirklich auch als Pilger, als Betende und als solche, die auch den konkreten menschlichen Kontakt suchen vor Ort.“

„Ein wunderbarer Botschafter für den christlichen Glauben“

Vatican News: Welche Begegnung hat den tiefsten Eindruck bei Ihnen hinterlassen?

Ackermann: „Also zu dem stärksten Eindruck gehört eine Begegnung, die wir am Montagmorgen mit Vertretern verschiedener Religionen hatten. Darunter waren Muslime, jüdische Vertreter – zwei Rabbiner – eine Rabbinerin, ein orthodoxer Rabbiner, Vertreter von den Drusen, der Bahai-Gemeinschaft… Und nun hier zu sehen, dass gerade derjenige, der das Gespräch moderiert hat, ein maronitischer Priester, derjenige ist, der sowohl die Sprachen der jeweiligen Gruppen spricht und der auch sehr gut moderieren konnte. Das war für mich wirklich ein beglückendes Erlebnis zu sehen, das ist ein Mann, der hier eine sehr gute Rolle spielt, um Menschen zusammenzubringen, ins Gespräch zu bringen, aber auch um die Empfindsamkeiten weiß. Er ist also auch ein wunderbarer Botschafter für den christlichen Glauben, weil er so verbindend wirkt. Ich glaube, das ist ein großer Beitrag, den so jemand wie dieser Priester oder die Christen wirklich leisten können und zwar nicht nur für die binnenchristliche Gemeinschaft, sondern auch für die gesamte Gesellschaft.“

Hintergrund

Das Internationale Bischofstreffen verfolgt das Ziel, Christen und Kirchen im Heiligen Land in ihrem Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Verständigung zwischen den Völkern und Religionsgemeinschaften zu stärken und die Verbindung der Weltkirche mit ihnen zu festigen. Die Bischöfe besuchen während ihres Treffens als Pilger die Heiligen Stätten im Land und feiern dort Gottesdienste. So sollen auch die Gläubigen in ihren Heimatländern zu Pilgerreisen ermutigt werden.

(vatican news)

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15. Januar 2019, 16:49