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Ukrainische Gläubige vor der Sophia-Kathedrale in Kiew an diesem Samstag Ukrainische Gläubige vor der Sophia-Kathedrale in Kiew an diesem Samstag 

Ukraine: Orthodoxer Kirchenstreit geht in die nächste Runde

Monatelang hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko für den Bruch der orthodoxen Kirche seines Landes mit Moskau gekämpft. An diesem Samstag ist es soweit: Mehrere Dutzend Bischöfe, Priester und Laien versammeln sich in Kiew, um angesichts des militärischen Konflikts eine vom Nachbarland unabhängige Kirche zu gründen.

Überschwänglich spricht Poroschenko von einem Meilenstein: Die Erlangung der kirchlichen Eigenständigkeit (Autokephalie) gehöre zur „Staatsbildung“ und sei „eine Frage unserer nationalen Sicherheit“.

Poroschenko: „Wir werden das nicht akzeptieren“

Es könne nicht hingenommen werden, dass in ukrainischen Kirchen für die russische Führung und ihre Soldaten gebetet werde, die laufend Ukrainer töteten. „Wir werden das nicht akzeptieren“, knöpfte sich der Präsident unlängst die moskautreue ukrainisch-orthodoxe Kirche vor. Wenn die Ukraine jetzt ihre eigene Kirche gründe, habe das eine ähnlich große Bedeutung wie das Unabhängigkeits-Referendum 1991.

So einmütig wie damals steht das Land aber keineswegs hinter der Trennung der ukrainischen von der russischen Kirche. Laut einer kürzlich veröffentlichten Umfrage meint jeder vierte Erwachsene, die Kirchengründung werde die Ukraine spalten. Sie werde helfen, das Land zu einen, glauben gut zwei Drittel der Bevölkerung.

Bisher konkurrierten drei große orthodoxe Kirchen in dem 45-Millionen-Land miteinander. Eine untersteht dem Moskauer Patriarchat, die anderen beiden spalteten sich 1921 bzw. 1992 davon ab. Theologisch sind sie sich einig, nur die Haltung zu Moskau unterscheidet die beiden letzteren Kirchen fundamental von der ersten. Nicht einmal die Taufe erkennen sie gegenseitig an.

Mehrheit der ukrainischen Bischöfe bleibt Konzil fern

Als Ehrenoberhaupt aller orthodoxen Christen hat der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., die Bischöfe der drei Kirchen für Samstag zum Vereinigungskonzil eingeladen. Jeder solle einen Priester und einen Laien mitbringen, die ebenfalls Stimmrecht bekommen. Mindestens 56 der mehr als 90 zum Moskauer Patriarchat gehörenden ukrainischen Bischöfe gaben Bartholomaios I. jedoch einen Korb. Sie schickten die Einladungen zurück nach Istanbul und wollen dem Konzil fernbleiben - zur Freude Moskaus.

Folglich wird die 1992 gegründete Kirche des Kiewer Patriarchats den Ton bei der Versammlung angeben. Ihre rund 40 Bischöfe nominierten am Donnerstag bereits zwei Kandidaten für die Wahl des Oberhaupts der neuen Kirche. Sie schicken als Favoriten Metropolit Epiphanius (39) ins Rennen, wie ukrainische Medien unter Berufung auf Kirchenkreise berichten. Der promovierte Theologe gilt als rechte Hand des Kiewer Patriarchen Filaret (89). Der umtriebige Filaret soll auf Bitten von Bartholomaios auf eine Kandidatur verzichtet haben. Der Kiewer Patriarch ist besonders für die russische Kirche eine Reizfigur. Sie verhängte gegen den „Schismatiker“ die Höchststrafe, das Anathema, die Verbannung aus der Kirche.

Die dritte und kleinste Kirche stellt nur etwa ein Dutzend Bischöfe. Sie nominierte keinen eigenen Kandidaten. Bartholomaios I. hat den erfahrenen Pariser Metropoliten Emmanuel mit der Leitung der Versammlung beauftragt und angekündigt, Poroschenko nehme als Gast an dem Konzil teil. Am 6. Januar will der Ökumenische Patriarch mit dem gewählten Kirchenoberhaupt in Istanbul einen Gottesdienst feiern und ihm die Bulle (Tomos) über die Verleihung der kirchlichen Eigenständigkeit übergeben. Damit wäre die neue Kirche aus Sicht Konstantinopels allen 14 eigenständigen orthodoxen Kirchen gleichgestellt.

Heftiger Kampf um Gotteshäuser und Klöster

Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass die anderen autokephalen Kirchen die ukrainische Kirche bald anerkennen. Das kann laut Experten viele Jahre dauern und insbesondere von der russischen Kirche auf Dauer blockiert werden. Sie läuft gegen den Verlust der Oberhoheit über die Ukraine Sturm. Aus Protest gegen die Gründung einer eigenen ukrainischen Landeskirche brachen die Russen bereits ihre Kontakte zum Ökumenischen Patriarchat ab.

In der Ukraine droht unterdessen ein heftiger Kampf um Gotteshäuser und Klöster. Die Regierung in Kiew entzog der moskautreuen Kirche bereits das Nutzungsrecht für ein bedeutendes Kloster. Auch ihren Hauptsitz, das Kiewer Höhlenkloster, wollen einige Politiker der Kirche nehmen und ihr die Militärseelsorge verbieten. Künftig solle stets die neue Landeskirche bevorzugt werden.

Der Moskauer Patriarch Kyrill bat Papst Franziskus und Bundeskanzlerin Angela Merkel um Hilfe. Der Druck auf seine Kirche in der Ukraine sei so groß, dass man von einer «massiven Verfolgung» sprechen könne, schrieb er an Franziskus, Merkel sowie weitere Kirchenoberhäupter und Politiker. Sie sollten sich für den Schutz der Moskau unterstehenden Geistlichen und Gläubigen in der Ukraine stark machen, verlangte der Moskauer Patriarch.

(kap - cs)

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15. Dezember 2018, 10:18