Demonstration der „Gelbwesten" Demonstration der „Gelbwesten" 

Frankreich: Proteste als Ausdruck tiefen und diffusen Zorns

Seit einer Woche demonstrieren die „Gelbwesten“ gegen Emmanuel Macrons Reformpolitik. Nun sind die Proteste eskaliert. Neben der Kritik an den Steuererhöhungen wird vor allem die tiefe und weit verbreitete Wut in der französischen Gesellschaft deutlich.

Präsident Emmanuel Macrons Reformpolitik beinhaltet unter anderem die Erhöhung von Benzin- und Dieselpreisen. Grund hierfür: der Klimaschutz. So sollen die höheren Preise von Benzin und Diesel Anreize für sparsamere und Elektroautos schaffen. Zudem will die Regierung mit dem Geld einen Teil der Energiewende finanzieren, um das Land unabhängiger von Mineralöl zu machen.

Die Preiserhöhungen sind jedoch nur ein Teilgrund für die Demonstrationen.  Vielmehr richten sich diese gegen Macron und seine Steuerpolitik. Diese entlaste nur die Reichen; die finanziell schwächere Bevölkerung würde weiterhin stark belastet werden, so der Vorwurf vieler aufgebrachter Franzosen.

„Sie fühlen sich von der Elite zurückgelassen und verachtet“

Für den französischen Philosophen Martin Steffens wirft der Protest ein Licht auf die aktuelle Situation Frankreichs. „Ein Land, das von diffusem Zorn durchzogen ist und in dem sich bestimmte soziale Gruppen von der Elite zurückgelassen und verachtet fühlen". Dies sagte Steffens in einem Interview mit Vatican News. All diese Phänomene, die es schon seit einiger Zeit gebe und die noch lange nicht beendet seien, trügen zu einer deutlichen Verschlechterung des sozialen und politischen Klimas bei.

Situation in Paris eskaliert

Fast eine Woche nach ihrer ersten nationalen Mobilisierung setzen die „Gelbwesten“ ihre Demonstrationen und Blockaden, vor allem auf Straßen und vor Tankstellen, fort. Auf der Champs-Élysées eskalierte die Situation. Während in anderen Teilen des Landes die Demonstrationen friedlich verliefen, musste in Paris die Polizei eingreifen. Gegen die Demonstranten, die teilweise Barrikaden errichteten und mit Pflastersteinen auf die Sicherheitskräfte warfen, ging die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas vor.

Regierung setzt Kurs fort

Macron, dessen Beliebtheitswert auf 25 Prozent abgestürzt ist, sprach sich derweil gegen Protest und für „Dialog“ aus. Die Regierung stellte sich hinter ihn: „Wir werden gemeinsam durch Kohärenz, Konsistenz und Entschlossenheit gewinnen", so Premierminister Édouard Philippe. Er wolle, obwohl er den „Zorn“ gehört habe, den Kurs der Wirtschaftspolitik beibehalten.

Weniger entgegenkommend war der Ton des neu ernannten Innenministers Christophe Castaner. Dieser wies auf eine „Radikalisierung“ der Bewegung sowie auf eine deutliche Widersprüchlichkeit der Forderungen hin. Zudem kritisierte er, dass den Demonstrationen zwei Menschen zum Opfer fielen und es mehr als 500 Verletzte gebe.

(vaticannews - hs)

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26. November 2018, 11:55