Leonardo Steiner, Generalsekretär der brasilianischen Bischofskonferenz Leonardo Steiner, Generalsekretär der brasilianischen Bischofskonferenz 

Brasilianische Bischöfe nach der Wahl: Sorge um die Indigenen

Die brasilianische Bischofskonferenz ist nach der Wahl Bolsonaros zum Präsidenten in großer Sorge um die Zukunft der indigenen Bevölkerung des Landes. Das betonte der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Leonardo Steiner, im Interview mit Vatican News.
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Christine Seuss und Silvonei Protz - Vatikanstadt

Es sei Aufgabe der Kirche, weiterhin fest zu den Ärmsten zu stehen -  und zu versuchen, den Dialog zwischen den verhärteten Fronten zu fördern, meint der Weihbischof der Hauptstadt Brasilia. Im Vorfeld der Wahlen wurde der Bischofskonferenz vorgeworfen, sich nicht deutlich genug gegen den Populisten Bolsonaro positioniert zu haben.

„Im Moment scheint es mir, dass wir eine Weile warten müssen“

„Die Kirche hat sich bemüht, den Menschen dabei zu helfen, zu reflektieren, um nicht - wie es manchmal geschah - mit Worten und Taten gewalttätig zu sein,“ erläutert Bischof Steiner die Strategie der Bischöfe. Seiner Ansicht nach sei die Wahl jedoch gut verlaufen, es habe zumindest seiner Wahrnehmung nach keine Gewaltausbrüche gegeben. „ Aber jetzt ist die Zeit gekommen, zu sehen, was der neue Präsident tun wird. Das betrifft jedoch, würde ich sagen, nicht nur den Präsidenten. In Brasilien gibt es drei Gewalten: den Obersten Gerichtshof, den Präsidenten und das Parlament. Was wird das Parlament tun, was werden die Senatoren und Abgeordneten tun? Der Präsident kann nicht das tun, was er will. Wir haben noch zwei weitere Gewalten, die auch dazu beitragen, das Land zu verwalten, seinen Aufbau zu unterstützen und es weiter voranzubringen. Im Moment scheint es mir, dass wir eine Weile warten müssen,“ so die Einladung des Generalsekretärs der Bischofskonferenz. Unbestritten habe Bolsonaro im Wahlkampf und auch kurz nach Gewinnen der Wahl Worte gebraucht, die Sorge machen, gesteht Steiner ein, doch man müsse nun sehen, ob Bolsonaro darüber hinaus zum Dialog mit allen Gruppen des Landes fähig sei:

„Wir sind in großer Sorge um die Zukunft der indigenen Völker“

„Es ist klar, dass die Bischofskonferenz besorgt ist, weil die Worte an die indigene Bevölkerung wirklich zu heftig ausfielen: Wir sind in großer Sorge um die Zukunft der indigenen Völker. Wir sind auch besorgt über die Worte an die Quilombole, die Nachkommen der Sklaven, die zum Zeitpunkt der Sklaverei innerhalb des Landes geflohen sind, und auch über die Worte, die er an einige Parteien gerichtet hat.... Mal sehen, ob diese Worte jetzt in die Tat umgesetzt werden oder nur dahingesagt sind. Aber es gibt Bedenken, ja, weil wir den indigenen Völkern, den Quilombole, den Armen immer nahe gestanden haben. Wir erwarten von ihm, dass er Respekt vor den Ärmsten hat, vor Brasilianern, denen es manchmal nicht gelingt, teilzunehmen, in der brasilianischen Gesellschaft eine Chance zu erhalten.“

„Nicht nur die brasilianische Gesellschaft, sondern auch unsere Familien sind gespalten“

Jair Bolsonaro hatte kurz nach seiner Wahl politischen Gegnern mit Haft gedroht, während des Wahlkampfes wiederum hatte er versprochen, Rechte der Indigenen zu beschränken und Umweltschutzbestimmungen zu lockern. Mit 55 Prozentpunkten hatte er jedoch die Stichwahl gegen den Kandidaten der Arbeiterpartei, Fernando Haddad, deutlich gewonnen. Aufgabe der Bischofskonferenz, die selbst durch Bolsonaro heftig angegriffen wurde, sei es nun, zwischen den Lagern zu vermitteln, meint Leonardo Steiner.

„Ich glaube, dass die Bischofskonferenz in diesem Moment, nach den Wahlen, bestrebt sein sollte, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die bereit sind zu sehen, was getan werden kann. Denn nicht nur die brasilianische Gesellschaft, sondern auch unsere Familien sind gespalten. Es scheint mir, dass es in der brasilianischen Gesellschaft ein Wort, eine Art Bewegung für Harmonie, Versöhnung, Frieden braucht.“

„Es kommt darauf an, dem Evangelium treu zu sein“

Die Bischofskonferenz habe sich niemals aus Angst zurückgezogen und wolle das auch in diesem Moment nicht tun, betont der Generalsekretär. Es sei nun die Aufgabe der Kirche, die Menschen zu mobilisieren, die Brasilien über den eigenen Vorteil hinaus gestalten und denjenigen eine Stimme geben wollten, die keine haben. Dass die Kirche gerade wegen ihres Einsatzes für Arme als „kommunistisch“ bezeichnet wurde, quittiert er mit einem Lächeln:

„Es spielt keine Rolle, ob wir Kommunisten genannt werden oder auf eine andere Weise bezeichnet werden: Es kommt darauf an, dem Evangelium treu zu sein. Alles, was zählt, ist, den Armen treu zu sein. Es geht darum, der Mission treu zu sein, die Jesus uns aufgegeben hat: Hüter des Volkes Gottes zu sein. Wie Papst Franziskus sagt: Manchmal muss der Bischof vorangehen, manchmal muss er in der Mitte gehen, manchmal muss er zurückbleiben; zurückbleiben zur Verteidigung, in der Mitte gehen zum Zuhören, vorwärts zum Führen. Und das ist meiner Meinung nach die Mission unserer Bischofskonferenz, und wir wollen sie weiterführen.“

(vatican news)

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02. November 2018, 11:42