Brücken des Friedens Brücken des Friedens 

Kardinal Kasper bei Friedens-Treffen: „Europa am Abgrund"

Der christliche Humanismus müsse das verbindende Element im heutigen Europa sein, forderte der emeritierte Kardinal am Rande des internationalen Treffens „Brücken des Friedens - Religionen und Kulturen im Dialog“ der Gemeinschaft Sant´Egidio in Bologna.

 „Europa steht am Abgrund, die Angst ist überall in Europa und sie ist ein Zeichen der Leere“, so die Diagnose des ehemaligen Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen im Gespräch mit der italienischen Abteilung von Vatican News. Es sei Pflicht der Kirche und der Christen, den Wert der menschlichen Person als Abbild Gottes sowie die Solidarität unter den Menschen neu zu entdecken, betonte Kasper. 

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Egoismus der Nationen

„Wir haben aktuell einen extremen Egoismus in der Politik: ‚America first, Italia first, Germany first‘ – das müssen wir mit der Solidarität unter den Ländern überwinden,“ forderte der Kardinal. Der Nationalismus sei eine große Gefahr, Europa müsse sich gastfreundlich zeigen gegenüber den traumatisierten Menschen, die Haus und Heimat verlassen hätten. Mit Blick auf den verstärkten Zuspruch der Wähler gegenüber rechtsextremen Parteien stellte er klar: „Die Xenophobie, die sich ausbreitet, steht im Widerspruch zur Bibel. Die Stimme des Papstes ist sehr deutlich und ich bin sehr dankbar für diese Stimme, die sich einsetzt für die Migranten und die Armen.“

Das internationale Treffen der Gemeinschaft Sant‘Egidio, an dem Tausende aus ganz Europa teilgenommen hatten, sollte ein Zeichen setzen gegen Ängste, Spaltungen und Konflikte. Bologna war, so die Organisatoren, drei Tage lang die Hauptstadt des Friedens. Im vergangenen Jahr hatte die Gemeinschaft nach Osnabrück und Münster geladen. Der Präsident von Sant´Egidio Marco Impagliazzo betonte, die Bewegung sei Frucht eines Bedürfnisses, das von Vielen weltweit geteilt werde: eine Bewegung der Herzen, des Willens, der Kulturen für den Frieden.

Der Traum von Frieden

Dreihundert Religionsführer und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens nahmen an den zahlreichen Diskussionsrunden teil, in denen über offene Wunden und noch andauernde Kriege gesprochen, aber auch immer wieder betont wurde, dass „Frieden immer möglich ist“. Zu den Teilnehmern gehörte auch der Großscheich der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmad al-Tayyeb, den Papst Franziskus am Dienstag zu einem Privatbesuch im Vatikan empfangen hatte. Die Al-Azhar-Universität gilt als wichtigste theologische Hochschule des sunnitischen Islam.
Der katholische Bischof von Haimen in China, Joseph Shen Bin, erinnerte in Bologna an das im September unterzeichnete Abkommen zwischen China und dem Heiligen Stuhl über die Ernennung von Bischöfen zur vollständigen Integration der chinesischen Kirche in die Weltkirche. Dank dieser Brücke habe man in diesem Jahr zum ersten Mal zwei chinesische Synodenteilnehmer, erinnerte er.

Der Friedensaufruf von Bologna lässt auch für die Zukunft an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Und um Frieden zu schaffen, sei die Rolle der Religionen von grundlegender Bedeutung. Es sei ihre Aufgabe, die geistliche Vereinigung zu arbeiten, die bisher in der Globalisierung und dem gemeinsamen Schicksal der Menschheit gefehlt hat. Religionen seien Bindungen, Brücken, sie schafften Gemeinschaft und bildeten die menschliche Familie ab, so das Fazit der Organisatoren.

Die Tochter Martin Luther Kings, Bernice, rief den Teilnehmern zu: „Wir müssen miteinander reden, um uns gegenseitig zu verstehen, in einer Welt voller Gewalt, Rassismus, Angst und Krieg. Und je mehr ihr glaubt, desto mehr seid ihr offen für einander. Wir müssen die praktische Kunst des Zusammenlebens lernen". Und die Karawane des Friedens zieht weiter: In einem Jahr gibt es ein Treffen in Madrid im „Geist von Assisi".

(vatican news/pm - ck)
 

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17. Oktober 2018, 11:59