Suche

Indonesien: Muslime beim Gebet Indonesien: Muslime beim Gebet 

Steyler Missionare: „Fundamentalismus ist nicht gleich Islam“

Nicht nur der argentinische Papst Franziskus kommt vom anderen Ende der Welt - auch der neue Generaloberer der Steyler Missionare. Pater Paulus Budi Kleden stammt aus Indonesien und leitet nun von Rom aus einen der größten katholischen Missionsorden. Gudrun Sailer hat ihn zum Interview besucht.

6.000 Angehörige zählen die Steyler Missionare heute, in der Welt verstreut. Ein Viertel von ihnen stammt aus Indonesien; so war es folgerichtig, dass nun einmal ein Indonesier ans Ruder kommt, die Geschicke der seinerzeit vom deutschen Heiligen Arnold Janssen gegründete Ordensgemeinschaft zu leiten. Paulus Budi Kleden ist 52 Jahre alt und schon ganz schön viel herumgekommen – auch sprachlich.

„Ich habe gerade gemerkt, dass mein Deutsch nicht so gut ist (lacht). Wissen Sie, ich kam als Seminarist nach St. Gabriel in Wien, da war ich noch Student. Ich habe dort fünf Jahre studiert. Danach habe ich drei Jahre in der Schweiz in der Pfarrei gearbeitet. Und dann noch fast vier Jahre in Deutschland studiert. Ich war also zwölf Jahre, von 1988 bis 2000, in deutschsprachigen Ländern.“

In den letzten Jahren waren aber auch andere Sprachen gefragt. Immer wieder ging es in die weite Welt hinaus. Als Generalrat der Steyler Missionare besuchte Paulus Budi die verschiedenen Provinzen und die Projekte der Missionare. Vom Flüchtlingscamp bis Südkorea hat er so ziemlich alles gesehen – und es mit verschiedenen Sprachen und Kulturen zu tun gehabt.

Hier zum Hören:

Offenheit und interkulturelle Kompetenz, das hat Paulus Budi schon von Kind auf gelernt. Seine Heimat Indonesien ist das größte muslimisch geprägte Land der Welt, lange lebten hier verschiedene Religionen friedlich zusammen. Das hat sich in letzter Zeit geändert, der Fundamentalismus wächst auch in Indonesien, wo nächstes Jahr gewählt wird. Paulus Budi ist es wichtig, Toleranz zu fördern und klarzumachen: Islam bedeutet keinesfalls Gewalt. 

„Was wir machen ist, unseren Leuten das Bewusstsein zu bringen, dass die Fundamentalisten nicht gleich Islam sind und der Islam nicht gleich Fundamentalismus ist. Damit man wirklich ein besseres Verständnis vom Islam hat. Das ist ganz wichtig.“

Man dürfe die Menschen nicht in Schubladen stecken, betont Paulus Budi. Er wolle Vorurteile abbauen und setze ganz auf Dialog:

„Weil wir glauben und weil es die Erfahrung uns sagt: Es ist ganz wichtig, was im alltäglichen Leben läuft. Dass man als Nachbarn gegenseitig Verständnis haben kann. Dass man Muslime als Nachbarn als eine normale Sache betrachten kann. Dass man teilt, was man an Freude und an Traurigkeit hat. Das ist, was sehr viel zum gegenseitigen Verständnis und zu einem friedlichen Zusammenleben in Indonesien beigetragen hat. Und das wollen wir weiter fördern.“

Paulus Budi findet, der Terrorismus verzerre seine Heimat. Die meisten Menschen in Indonesien seien friedliebend:

“Das Problem in Indonesien wie auch in vielen anderen Ländern ist das, was wir als das Schweigen der Mehrheit bezeichnen können. Die Mehrheit denkt anders, aber leider schweigt die Mehrheit. Sagt nichts oder sagt nicht viel. Jetzt müssen wir mehr mit der Mehrheit sprechen, damit sie sich meldet. Wenn eben Gruppen da sind, die fundamentalistisch ausgerichtet sind, wenn diese Gruppe zu viel Lärm um sich macht, dann muss die Mehrheit aufstehen und sagen, dass ist nicht das, was wir als Islam betrachten.”

Der Dialog mit den Religionen ist ein Pfund, mit dem Paulus Budi als neuer Generaloberer der Steyler Missionare wuchern kann. Aber auch mit der Flüchtlingsarbeit kennt er sich aus. Während seiner Zeit in Österreich hat er sich um Flüchtlinge aus Bosnien gekümmert. In den 90er Jahren war das.

„Ich bin sehr dankbar, dass ich dort war, als wir unser Haus aufgemacht haben, um die Flüchtlinge aufzunehmen. Ich habe viel davon gelernt. Und nicht nur nachher, als die Flüchtlingswelle stärker wurde in den letzten Jahren... Auch in anderen Provinzen in Europa, haben unsere Mitbrüder Flüchtlinge aufgenommen. Und auch hier in unserem Haus in Rom. Wir haben zwei Flüchtlinge hier in unserem Generalhaus aufgenommen.“

Auch wenn derzeit die Flüchtlingsfrage ganz stark in Europa diskutiert wird: Überall sonst gibt es mehr Flüchtlinge als in Europa. Und das geht die katholische Kirche etwas an, sagt Pater Paulus.

“In Uganda, da arbeiten wir sehr stark mit den Flüchtlingen. Das sind Mitbrüder, die früher im Südsudan gearbeitet haben. Aber nachdem sich die Situation so arg verschlechtert hat, sind sie nach Uganda gegangen und kümmern sich seitdem um die Flüchtlinge dort. In einigen anderen Ländern in Afrika setzen sie sich vereinzelt für Flüchtlinge ein. Und in Kolumbien und Panama, da helfen sie den Flüchtlingen aus Venezuela.”

Als Generaloberer hat es Paulus Budi nicht nur mit gesellschaftlichen Fragen zu tun. Er ist der oberste Manager für seinen eigenen Orden – und auch hier gibt es viele Baustellen. Wie alle Orden plagen auch die Steyler Missionare Nachwuchssorgen in der westlichen Welt. Anderswo blühen die Gemeinschaften dagegen auf.

„Die meisten Berufungen bekommen wir derzeit aus Asien. Aus Indonesien ist die größte Gruppe. Und dann aus Indien, aus Vietnam, aus den Philippinen. Und dann kommen auch welche aus den afrikanischen Ländern. In einigen Ländern in Afrika haben wir kürzlich sogar neue Ausbildungshäuser geöffnet. Das sind eben die beiden Kontinente, wo wir noch Berufungen bekommen.“

Doch Paulus Budi ist ein hoffnungsvoller Mensch. Die Steyler Mission wurden vor knapp 150 Jahren gegründet; der Generalobere ist überzeugt, sein Orden habe Zukunft – und einen großen Auftrag.

“Mission heißt, das Wort Gottes zu verkünden. In den Ländern bzw. in den Situationen, wo entweder das Wort Gottes noch nicht gehört oder noch nicht ernst genommen ist oder nicht wirklich gelebt wird.  Wir engagieren uns in den Bereichen, wo die Menschen wirklich Hunger haben nach dem Wort Gottes. Aber auch dort, wo Menschen wirklich kämpfen, den Sinn für das Leben zu entdecken. Und wir meinen, dass Gott mit seinem Wort diesen Menschen etwas anbietet.”

Paulus Budi ist sich sicher: Nach einem solchen Angebot sehnten sich nicht nur die Menschen in Afrika und Asien, sondern auch bei uns.

„Das heißt, wir sind nicht nur engagiert in den Ländern, wo die katholische Kirche noch nicht gewachsen oder noch nicht präsent ist, sondern auch in den europäischen Kontexten, wo die Leute wirklich nach dem Sinn des Lebens suchen. Wir glauben und sind davon überzeugt, dass das Wort Gottes allen etwas zu bieten hat.”

Voller Tatendrang ist Pater Paulus Budi in sein neues Amt in Rom gestartet. Er wird wieder viel in der Welt unterwegs sein. Aber er hofft, auch mal wieder an seinen alten Wirkungsstätten vorbeizuschauen - in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.

(Vatican News – gs/rr)

 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

10. August 2018, 12:10