Beisetzung eines bei den Protesten getöteten Studenten in Masaya Beisetzung eines bei den Protesten getöteten Studenten in Masaya 

Nicaragua: Dramatische Stunden

Die Polizei hat in der Protest-Hochburg Masaya den letzten Widerstand gewaltsam erstickt. Der Papst ruft über seinen Nuntius eindringlich zu Waffenstillstand und Dialog auf.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Es war so etwas wie die Symbolstadt der Proteste gegen das Regime von Daniel Ortega; aber jetzt hat der Präsident Masaya in die Knie gezwungen. Polizei und Paramilitärs nahmen am Montag das Zentrum der 30 Kilometer von Managua entfernten Stadt ein – Bilder wie aus einem Krieg. Mehr als 360 Menschen sind seit dem 18. April gewaltsam ums Leben gekommen – damals begannen die Demonstrationen gegen Ortega und für eine echte Demokratie.

Zum Nachhören

„In diesem tragischen Moment will ich auch im Namen des Heiligen Vaters und des Heiligen Stuhls tiefe Sorge über die schwere Lage des Landes ausdrücken.“ Das ist der Päpstliche Nuntius, der da spricht: Erzbischof Waldemar Stanislaw Sommertag, vor ein paar Tagen selbst Ziel von Übergriffen durch Paramilitärs, ergriff über die katholischen Medien in Nicaragua das Wort.

„Tragischer Moment, tiefe Sorge“

 

„Es ist natürlich nicht akzeptabel, zu denken, dass sich die politische Krise durch Tote und durch Gewalt lösen ließe, oder dass so etwas eine Zukunft des Friedens und Wohlstands in Nicaragua heraufführen könnte!“

Sieben Stunden hat die Polizei- und Paramilitär-Aktion in Masaya gedauert; mindestens drei Menschen kamen dabei ums Leben, vielleicht liegt die Zahl auch deutlich höher, es ist derzeit nicht möglich, genaue Informationen aus der Stadt zu bekommen.

Nuntius ruft dazu auf, die Waffen niederzulegen

 

„Ich weine um alle Toten und bete für ihre Familien“, so der Nuntius weiter. „Mit ganzer Kraft appelliere ich an die Gewissen aller, die Waffen niederzulegen und eine schnelle Rückkehr an den Tisch des nationalen Dialogs möglich zu machen, um gemeinsam eine Lösung zu suchen und die Krise dadurch zu lösen. Wir stellen uns alle demütig unter den Schutz Mariens und bitten sie, unser geliebtes Nicaragua weiterhin zu lenken.“

Die Bischöfe hatten zum Missfallen des Regimes einen nationalen Dialog auf den Weg gebracht, der im Moment ausgesetzt ist. Ihre Friedensbemühungen machten die Kirche selbst zur Zielscheibe: Angriffe auf Kirchenleute, Schüsse auf das Auto eines Bischofs, Verwüstungen in Kirchen und Pfarrzentren.

Barrikaden sind Selbstschutz des Volkes

 

„Eines der großen Probleme des Landes ist die exzessive Gewalt der Regierung gegen die Barrikaden, die das Volk nicht nur zum Zeichen des Protestes, sondern auch zum Selbstschutz errichtet hat.“ Das sagt uns Pater Victor Rivas, der Generalsekretär der Bischofskonferenz, in einem Telefoninterview aus Managua.

„Die Regierung will alle Proteste plattwalzen, und dadurch ist dieses Klima der Gewalt entstanden und hat es so viele Tote gegeben. Die Kirche versucht, in dem Konflikt irgendwie zu vermitteln und Angegriffenen humanitäre Hilfe zu leisten – die Antwort war eine Kampagne gegen die Kirche. Die Kirche ist jetzt selbst zur Zielscheibe von Paramilitärs geworden! Die Regierung sieht die Kirche mittlerweile als feindliche Kraft und greift sie an, und zwar frontal und direkt.“
Nein, einen „Ausweg aus dem Tunnel“ sehe er derzeit nicht, nirgendwo, sagt der Geistliche.

„Wir stehen hier unter enormem psychologischem Druck und werden auf Schritt und Tritt bedroht“

„Wir als Kirche setzen weiter auf Dialog, auch wenn er im Moment auf der Stelle tritt; es gibt gar keinen anderen Ausweg aus dem Konflikt. Wir danken der internationalen Gemeinschaft für jedwede Aufmerksamkeit, die sie unserer Lage in Nicaragua schenkt. Es war wichtig, dass die Organisation amerikanischer Staaten hier Präsenz gezeigt hat… Wir stehen hier unter enormem psychologischem Druck und werden auf Schritt und Tritt bedroht.“

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, hat die Gewaltanwendung durch die Regierung Nicaraguas verurteilt. Das UNO-Menschenrechtsbüro fürchtet, dass vor kurzem in Kraft getretene Anti-Terror-Gesetze vom Regime Ortega dazu benutzt werden könnten, um gnadenlos gegen die Protestierenden – es sind vor allem Studenten – vorzugehen.

(vatican news)
 

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18. Juli 2018, 10:04