Die Japaner sind schon raus: sie haben am Montag gegen Belgien verloren. Die Japaner sind schon raus: sie haben am Montag gegen Belgien verloren.  

Japan: Warum Fußballfans hinterher das Stadion säubern

Ein Missionar in Tokio erklärt das geradezu irritierende Verhalten japanischer Fußballfans, die bei der WM in Russland nach der Partie das Stadion saubermachen und den Müll wegtragen – freiwillig und fast automatisch. Dahinter steckt das in Japans Kultur tiefverwurzelte Bemühen, alles zu vermeiden, was andere stören oder irritieren könnte.

Die vielleicht verwerflichste Sünde in Japan ist „meiwaku": Dinge, die einem Mitmenschen Unbehagen verursachen, erklärt Pater William Grimm, ein Missionar in Tokio, in einem Beitrag für die katholische Agentur ucanews diese Eigenheit der japanischen Kultur. Um „meiwaku" zu vermeiden, müsse jeder zu jeder Zeit auf die Bedürfnisse und das Wohlbehagen der Menschen seiner Umgebung achten.

Für den Maryknoll-Missionar hat diese Haltung einen doppelten Ursprung: Armut und Überbevölkerung. Bevor Japan die heutige Industrie- und Wirtschaftsmacht wurde, war es die meiste Zeit seiner Geschichte ein sehr armes Land mit wenigen Bodenschätzen. Auf der bergreichen Inselgruppe ist nur wenig Ackerland verfügbar. Japan kennt Erdbeben, Taifune, Tsunamis und Vulkanausbrüche, und über Jahrhunderte kamen und gingen Hungersnöte.

 

Armut und Überbevölkerung

 

„Die Einfachheit der japanischen Architektur und des Lebensstils, die im Ausland bewundert wird, stammt von der Armut her“, erklärt der Missionar. Gepflogenheiten wie das sparsame Würzen beim Kochen, der Verzehr von rohem Fisch und Gemüse und der Brauch öffentlicher Bäder seien eher dem Mangel an Nahrung und Brennholz zu verdanken als der Gastronomie oder Ästhetik.

Überbevölkerung ist das zweite Element, fasst der Missionar zusammen. In Japan sind gerade 15 Prozent der Fläche überhaupt bewohnbar. Seit Jahrhunderten versammeln sich Menschen in Städten. Schon im 18. Jahrhundert war Edo, das heutige Tokio, so wie heute mutmaßlich der größte Ballungsraum der Welt.

„Die Einfachheit der japanischen Architektur und des Lebensstils, die im Ausland bewundert wird, stammt von der Armut her“

Das miserable Leben in der Folge von Armut und Überbevölkerung hätte zu einer egoistischen Kultur des Rückzugs führen können, analysiert Pater William. In andere Zivilisationen, die denselben Strapazen ausgesetzt waren, neigten Individuen in derselben Lage dazu, aus dem Familienkreis oder dem Klan ausbrachen, um zu überleben.

In einer armen und hyperurbanisierten Welt mussten die Japaner lernen, in großer Zahl auf kleinem Raum zu leben, so der Missionar. Die „meiwaku"-Lösung biete eine Antwort auf das Problem, indem sie Harmonie und Respekt in einer Gesellschaft erhält, in der die Bedürfnisse und Interessen vieler miteinander konkurrieren.

Um „meiwaku" zu vermeiden, muss jeder auf das Wohlbefinden seiner Mitmenschen achten. Abfall ist klarerweise „meiwaku". So ist es für japanische Fans fast schon eine Selbstverständlichkeit, das Stadion nach einem Spiel persönlich aufzuräumen.

(ucanews/Vatican News – gs)

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03. Juli 2018, 20:04