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Rechtsruck in Kolumbien: Ist jetzt der Friedensprozess in Gefahr?

Kolumbien schwenkt weiter nach rechts: Iván Duque, erst 41 Jahre alt, ist am Sonntag in der Stichwahl zum Präsidenten gewählt worden. Was bedeutet das für den Friedensprozess, der Papst Franziskus so am Herzen liegt?

Es ist erst neun Monate her, da stand der Papst im Präsidentenpalast von Bogotá, den Staatschef und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos an seiner Seite, und lobte den Friedensprozess mit den FARC-Rebellen. „Ich fühle Hochachtung für die Anstrengungen, (…) um der bewaffneten Gewalt ein Ende zu bereiten und Wege der Versöhnung zu finden. Im letzten Jahr ist man gewiss in besonderer Weise vorangekommen; die gemachten Schritte haben Hoffnung wachsen lassen.“

Zum Nachhören

Santos hatte den Frieden durchgesetzt: gegen seinen mächtigen Widersacher und Vorgänger Álvaro Uribe, ja sogar gegen das Ergebnis einer Volksabstimmung, die Nein zum Abkommen gesagt hatte. Der Papst warf – das war im September 2017 – das Gewicht seines Amtes in die Waagschale, um für den bei vielen unpopulären Frieden zu werben.

Papst nannte Frieden in Bogotá „eine immer offene Sache“

 

„Ich tue das in der Überzeugung, dass die Suche nach dem Frieden eine immer offene Sache ist, eine Aufgabe, die keine Ruhepause zulässt und den Einsatz aller erfordert.“

Friede – eine offene Sache, das gilt jetzt mehr denn je. Der neue Präsident Duque ist politischer Ziehsohn des Friedens-Gegners Uribe, er war bei der Volksabstimmung über das Abkommen der Sprecher der (knapp siegreichen) Nein-Kampagne. Gewonnen hat er an diesem Sonntag deutlich: 54 Prozent, und das bei einer fast rekord-hohen Wahlbeteiligung.

Duque will Friedensabkommen ändern

 

Im Wahlkampf hat Duque sich nicht dazu hinreißen lassen, zu versprechen, er werde das Friedensabkommen „zerfetzen“ – auch wenn das viele seiner Anhänger gerne gehört hätten. Trotzdem besteht der künftige Bewohner der „Casa de Narino“ in Bogotá – im August ist die offizielle Stabübergabe – auf Änderungen am Text des Abkommens. Das bekräftigte er auch in seiner ersten Rede als gewählter Staatschef. Duque zielt auf Änderungen in der Übergangs-Justiz. Das trägt der Tatsache Rechnung, dass viele Kolumbianer finden, die früheren FARC-Rebellen seien in der Friedensvereinbarung zu glimpflich davongekommen.

Im Ton gibt sich der Wahlsieger versöhnlich, spricht davon, das gespaltene Land jetzt zusammenführen zu wollen. Immerhin, die Analyse stimmt: Tiefe Gräben ziehen sich durch Kolumbien, Gräben zwischen Arm und Reich, zwischen Stadt und Land, zwischen Friedensgewinnlern und Zukurzgekommenen.

„„Der Friede ist unser aller Ziel““

„Es geht um den Frieden“, so Duque auf der Siegesfeier, „der Friede für Kolumbien ist ein Ziel von uns allen! Er impliziert, dass wir diese Spaltung überwinden; man wollte uns in Freunde und Feinde des Friedens einteilen, da müssen wir jetzt eine neue Seite aufschlagen. Heute sind wir alle Freunde, um einen Frieden aufzubauen. Es muss ein Friede sein, der der Guerilla weiter den Willen gibt, sich zu demobilisieren, sich zu entwaffnen und wieder in die Gesellschaft einzugliedern.“

Im selben Atemzug wiederholte Duque, der Friede verlange nach „Korrekturen“. „Und es wird Korrekturen geben, damit die Opfer wirklich ins Zentrum des Prozesses treten und damit wir Wahrheit, Gerechtigkeit, Reparationen garantieren – und dass sich (der Bürgerkrieg) nicht wiederholt!“

FARC bittet um Treffen mit dem Wahlsieger

 

Auch wenn der scheidende Präsident Santos beteuert, der Friedensprozess sei „nicht mehr umkehrbar“, wird jetzt doch alles davon abhängen, wie die neue Regierung mit den früheren FARC-Rebellen zu Rande kommt. Duque verspricht, mehr in die vernachlässigten Regionen zu investieren, die vom jahrzehntelangen Bürgerkrieg besonders betroffen waren. Gerade in diesen Regionen haben damals besonders viele Menschen Nein zum Friedensabkommen gesagt.

Die von einer Guerilla zu einer politischen Bewegung gewendeten FARC haben auf den politischen Wechsel nicht türenknallend reagiert. In einer Erklärung bitten sie um „Vernunft“ und einen „umfassenden Frieden für alle“ – sowie um ein Treffen mit dem Wahlsieger. Das heißt: Es gibt durchaus Chancen, dass der Prozess weitergeht.

„„Kolumbien, lass dich versöhnen““

Zurück zur Papstreise vor neun Monaten: In Villavicencio hat Franziskus damals darum gebetet, dass das Flämmchen des Friedens nicht wieder verlöscht. „Kolumbien, öffne dein Herz als Volk Gottes, lass dich versöhnen. Fürchte dich weder vor der Wahrheit noch vor der Gerechtigkeit. Liebe Kolumbianer: Habt keine Angst, um Vergebung zu bitten und sie zu gewähren. Widersetzt euch nicht der Versöhnung, die euch als Brüder und Schwestern einander nähern und wiederfinden hilft und die Feindschaften überwinden lässt. Es ist an der Zeit, Wunden zu heilen, Brücken zu bauen und Unterschiede einzuebnen. Es ist an der Zeit, den Hass auszulöschen, auf Rache zu verzichten und sich dem Miteinander zu öffnen!“

Diese Papstworte sind auch jetzt noch aktuell.
 

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18. Juni 2018, 10:19