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West-Balkan: Warum der EU-Beitritt für die Kirche so wichtig ist

Sollen die West-Balkanstaaten in die EU – oder nicht? Es geht um Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Kosovo. Seit dem EU-Gipfel im Mai im bulgarischen Sofia gibt es sogar eine Jahreszahl für einen möglichen Beitritt mancher Länder: 2025.

Marion Sendker – Vatikanstadt

Gerade für die katholische Kirche wäre eine Mitgliedschaft der Länder des westlichen Balkan in der EU wichtig – und notwendig, denn die Katholiken sind in den meisten Balkanländern in der Minderheit. Das sagte uns Bischof Ladislav Nemet aus Serbien.

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Die Kirche ist wichtig für europäische Integration

 

Wie die Integration der Westbalkan-Staaten in die EU gelingen kann, was die nächsten Schritte sind und welche Rolle die Kirche in dem Prozess spielen kann – darüber tauscht sich Nemet in dieser Woche mit EU-Beamten in Brüssel aus.

„Wir sind wahrscheinlich auch offener für eine Integration mit der Union als unsere Mitbürger, die nicht zur Kirche gehören“

Die Kirche könne für das Beitrittsverfahren eine gewisse Schlüsselfunktion haben, sagt er: „Wir warten seit Jahren darauf, dass wir in die Richtung der Union gehen können! Das ist besonders wichtig für uns Katholiken, wir sind wahrscheinlich auch offener für eine Integration mit der Union als unsere Mitbürger, die nicht zur Kirche gehören.“

Weiß die EU um die Bedeutung der Kirche im Westbalkan?

 

Für Nemet, der auch Vorsitzender der Internationalen Bischofskonferenz der römisch-katholischen Bischöfe Serbiens, des Kosovo, Montenegros und Mazedoniens ist, ist das Treffen eine Nachfolge des EU-Gipfels in Sofia im Mai.

Dort habe die EU zwar schon gemerkt, dass Kirche in dem Prozess eine Funktion habe. Doch die Bedeutung von Religion in den Ländern sei noch nicht ausreichend erkannt und gewürdigt worden, mahnt Nemet an.

Drei Religionsgruppen dominieren in der Region

 

Muslime, Orthodoxen und Katholiken leben im Westbalkan. In Serbien, Mazedonien und Montenegro dominieren die orthodoxen Christen, im Kosovo die Muslime, in Bosnien-Herzegowina und in Albanien sind Muslime und Christen fast gleichstark vertreten – wobei die Katholiken in allen Ländern in der Minderheit sind.

„Wir haben zwar eine Ökumene, die sehr gut ist, aber das ist ein Alltagsphänomen. Für einen tieferen Dialog brauchen wir Strukturen, die wir so nicht immer zu Hause finden können“

Europäische Integration und religiöse Verständigung gehen für Nemet Hand in Hand: Ein Beitritt in die EU böte auch für die Ökumene eine große Chance, sagt er: „Das könnte bedeuten, dass wir bessere Möglichkeiten hätten für einen Dialog mit unseren christlichen Brüdern und Schwestern. Es ist so: Wenn wir die richtigen Grundlagen und Strukturen haben, ist es leichter zu arbeiten. Wir haben zwar eine Ökumene, die sehr gut ist, aber das ist ein Alltagsphänomen. Für einen tieferen Dialog brauchen wir Strukturen, die wir so nicht immer zu Hause finden können.“

Noch stellen Katholiken eine Mehrheit in der EU

 

Ein EU-Beitritt der Westbalkanländer würde die EU also auch religiös verändern. Wenn es nach den Zahlen geht, ist die EU ein vorwiegend christlich und mehrheitlich noch katholisch geprägter Staatenbund.

„Europa und die EU sind nicht nur eine Wirtschaftseinheit, sondern eine Familie aus verschiedenen Völkern“

Mit einer Osterweiterung würde die EU ein bisschen christlich-orthodoxer und islamischer werden. Nemet sieht darin eine Chance: „Europa und die EU sind nicht nur eine Wirtschaftseinheit, sondern eine Familie aus verschiedenen Völkern. Wir befinden uns auf einem Gebiet, das immer eine Brücke zwischen Osten, Westen, Süden und Norden war. Wir können diese Brückenrolle spielen.“

„Wenn die EU bei uns nicht präsent ist, dann wird jemand anders die Stelle übernehmen“

Die meisten Menschen in den Westbalkanländern sehnen sich nach dem europäischen Frieden, so wie er in der Union seit mehr als siebzig Jahren besteht, sagt der Bischof aus Serbien - und fügt hinzu: „Wenn die EU bei uns nicht präsent ist, dann wird jemand anderes die Stelle übernehmen.“ Und das sei eine Konsequenz, der man sich bewusst sein müsse. 

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15. Juni 2018, 09:59