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Vatikan: Ein Fest der Geschwisterlichkeit – leider ohne Papst

Franziskus wird fehlen, er ist im Krankenhaus auf dem Weg der Genesung, aber sonst kommen sie alle: Nobelpreisträger, Kunstschaffende, Jugendliche, Familien, Pfarreien, Verbände, Vatikanleute. Am Samstag steigt auf dem Petersplatz und in der Via della Conciliazione ein großes Fest der Geschwisterlichkeit mit dem Titel #NotAlone. Ein Interview.

Der Vatikan möchte ein neues Schlüsselwort für das soziale Leben etablieren: Geschwisterlichkeit. Das sagte uns der Jesuit Francesco Occhetta, Generalsekretär der vatikanischen Stiftung „Fratelli Tutti“. Den Anschub geben soll das Großevent #NotAlone von diesem Samstag, 10. Juni 2023, das der Vatikan in einer gemeinschaftlichen Anstrengung auf die Beine stellt. Rund 30 Nobelpreisträger wollen daran teilnehmen.

„Die Veranstaltung ist das Ergebnis einer freien Zusammenarbeit und wird mit einer gemeinsamen Erklärung enden", erklärt Occhetta. Kardinal Mauro Gambetti, Erzpriester des Petersdoms, wird auf dem Petersplatz den erkrankten Papst Franziskus vertreten.

Hier zum Hören:

Die zentrale Devise, die der Vatikan mit #NotAlone ausgibt, ist „fraternità”, auf Deutsch am besten mit „Geschwisterlichkeit“ wiedergegeben (das ähnliche Wort „fratellanza“, das ebenfalls „Geschwisterlichkeit“ bedeutet, ist hingegen der Kernbegriff des in Abu Dhabi von Papst Franziskus mitunterzeichneten Textes mit dem sperrigen Titel „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“). Bei der „fraternità”, erläutert Jesuit Occhetta, geht es um konkrete Dimensionen des Zusammenlebens, die sich dann vielleicht in Vorschlägen für Gesetzesreformen niederschlagen oder in anderen praktischen Ideen für die Zukunft. Nicht zuletzt hätten viele Jugendliche den Wunsch geäußert, mit ihren Vorschlägen gehört zu werden.

Papst Franziskus am Mittwoch, kurz vor seiner Operation, auf dem Petersplatz
Papst Franziskus am Mittwoch, kurz vor seiner Operation, auf dem Petersplatz

Occhetta sieht das gesamte Anliegen der Geschwisterlichkeit jedenfalls nicht auf die katholische Welt beschränkt: „Die Enzyklika Fratelli Tutti wendet sich schließlich an Menschen guten Willens auch außerhalb der Kirche.“

„Geschwisterlichkeit heißt, an der Seite eines anderen Menschen wiedergeboren zu werden“

Eine Kernbotschaft, die der Vatikan transportieren möchte, ist Occhetta zufolge: „Geschwisterlichkeit heißt, an der Seite eines anderen Menschen wiedergeboren zu werden." Die Vorstellung, dass Menschen Brüder und Schwestern sind, verdiene es, wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Raums gestellt zu werden, so der Jesuit: „Wir wissen sehr wohl, dass die Alternative Konflikt und Krieg ist. Geschwisterlichkeit ist eine spirituelle Entscheidung innerhalb der Kirche. Gerechtigkeit bedeutet in der Bibel, alles, was in den menschlichen, politischen und sozialen Beziehungen zerbrochen ist, wieder zusammenzufügen, um eine neue Harmonie zu finden".

Harmonie braucht es auf vielen Feldern

Harmonie braucht es freilich auf vielen Feldern, Occhetta nennt als Beispiele Frieden, Vergebung und die Welt der Arbeit. Die katholische Kirche sei jedenfalls dazu bereit, die Hoffnung auf ein neues menschliches und soziales Paradigma zu nähren. „Wir glauben, dass die schrittweise Einführung des Themas der Geschwisterlichkeit eine Beeinflussung und Veränderung der Mentalität bedeutet. Die Absicht ist, Pfarreien, Gemeinschaften, Gruppen und Familien zu erreichen, indem man einen Termin wie den am 10. Juni nutzt, der populär und mitreißend sein soll.“

Das Event beginnt am Vormittag und wird sich als Fest auch auf die angrenzende Via della Conciliazione erstrecken, wo seit mehreren Tagen Zelte und Stände aufgebaut werden. Dort will der italienische Landwirtschaftsverband Coldiretti Essen aus der Region mit allen Gästen des Events teilen. Um 16 Uhr ist der zentrale Act vorgesehen, in den Abendstunden soll #NotAlone ausklingen.

Zentrum ist der Petersplatz

Zentrum ist der Petersplatz, und das, erklärt Occhetta, hat einen geistlichen Grund: „Ein Ort, der sich mehr und mehr der Welt öffnet, um ihn in einen eigenen heiligen Raum zu verwandeln, in dem sich die Menschen treffen und einen intensiven Dialog führen, um das lebendige Gedächtnis des Heiligen Petrus und seiner Nachfolger – der Päpste - weiter aufzubauen".

Unter den Nobelpreisträgern, die am Samstag auf den Petersplatz kommen, wird auch die in Deutschland lebende Jesidin Nadia Murad sein. Die Vatikanmedien übertragen die Veranstaltung ab 16 Uhr auf dieser Webseite.

(vatican news – gs)

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09. Juni 2023, 13:44