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Das Treffen deutscher Bischöfe mit Kurienvertretern am letzten Freitag. Auf dem Podium die Kardinäle Ladaria, Parolin und Ouellet Das Treffen deutscher Bischöfe mit Kurienvertretern am letzten Freitag. Auf dem Podium die Kardinäle Ladaria, Parolin und Ouellet 

Synodaler Weg: Vatikan veröffentlicht Kurien-Texte

Mit dem „Synodalen Weg“ der katholischen Kirche in Deutschland hat sich ein hochrangiges Treffen in Rom am Freitag letzter Woche beschäftigt. Dabei sprachen die deutschen Bischöfe, die sich zu ihrem ad-limina-Besuch in Rom aufhielten, mit Spitzenvertretern der Kurie.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Jetzt hat der Vatikan die Referate veröffentlicht, die die Kurienkardinäle Luis Ladaria und Marc Ouellet bei der Begegnung gehalten haben. Die Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ brachte die Texte in ihrer am Donnerstagnachmittag erschienenen Ausgabe in voller Länge auf Italienisch. Dazu wurde auch der Redetext von Bischof Georg Bätzing publiziert, den der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz schon letzte Woche öffentlich gemacht hatte. Der deutschsprachige „L’Osservatore Romano“ wird die drei Texte in seiner nächsten Wochenausgabe (Nr. 48) in ihrer amtlichen Fassung dokumentieren.

„Das Bewusstsein, dass wir Teil eines größeren Leibes sind“

Der spanische Jesuit Ladaria leitet das Vatikan-Dikasterium für die Glaubenslehre; der Kanadier Ouellet ist Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe. An dem Treffen hat auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin teilgenommen; Parolins Redetext wurde aber nicht veröffentlicht. Anders als ursprünglich geplant war Papst Franziskus nicht zu der interdikasteriellen Begegnung erschienen. Am Abend nach der Aussprache informierte ein gemeinsames Statement von Vatikan und Deutscher Bischofskonferenz über die Inhalte, tags darauf publizierte Bischof Bätzing seinen Text.

Hier im Audio

Jetzt weiß man mehr über den Austausch zwischen Kurie und deutschen Bischöfen. Kardinal Ladaria rief die deutschen Katholiken in seiner Rede zu dem „Bewusstsein“ auf, „dass wir konstitutiv Teil eines größeren Leibes sind“, nämlich der Weltkirche. Der Glaubenspräfekt würdigte ausdrücklich den Willen der deutschen Bischöfe, auf die Missbrauchsskandale zu reagieren („mehr als lobenswert“). Der „Synodale Weg“ sei eine „besondere Konkretisierung“ dieses Einsatzes gegen Missbrauch.

Ladaria listet fünf Bedenken auf

Allerdings listet Ladaria dann fünf „Bedenken“ gegenüber dem Reformprojekt der katholischen Kirche in Deutschland auf. Erstens: Die bisherigen Texte seien wenig linear und stützten sich teilweise auf „nicht vollständig gesicherte“ Behauptungen; sie bedürfen aus seiner Sicht der Raffung durch ein Schlussdokument. Zweitens dürfe die Kirche nicht „von vornherein als eine strukturell Missbrauch hervorbringende Organisation“ betrachtet werden. Drittens solle der „Synodale Weg“ nicht den Eindruck vermitteln, an der kirchlichen Sexualmoral gebe es „fast nichts zu retten“, und schlechthin „alles müsse geändert werden“.

„Die Weltkirche braucht die Kirche in Deutschland - und umgekehrt“

Das vierte Bedenken des Kardinals bezieht sich auf die Forderung, die Debatte über eine Priesterweihe von Frauen offen zu halten. Hier verweist Ladaria auf den abschlägigen Bescheid Johannes Pauls II. in dieser Angelegenheit. Fünftens empfindet er die Texte des „Synodalen Wegs“ als lückenhaft, was das Lehramt und die Aufgabe der Bischöfe betrifft.

Am Donnerstag, einen Tag vor dem Treffen mit der Kurie, waren die deutschen Bischöfe zu einer Audienz beim Papst
Am Donnerstag, einen Tag vor dem Treffen mit der Kurie, waren die deutschen Bischöfe zu einer Audienz beim Papst

Der Präfekt der Glaubenskongregation bekräftigt abschließend: „Die Weltkirche braucht die Kirche in Deutschland, so wie die Kirche in Deutschland die Weltkirche braucht. Aber wir müssen einander ‚brauchen‘ wollen, wir müssen einander erwarten wollen, wir müssen diese Gemeinschaft des Lebens und der Reise wollen.“

Ouellet: Großes Lob und große Schwierigkeiten

Auch Kardinal Ouellet von der Bischofskongregation startet seinen Vortrag mit einem Lob: Die deutschen Bischöfe hätten das Drama der Missbrauchsskandale spürbar ernstgenommen und darauf „in typisch deutscher Manier“ mit einem grundlegenden Reformprojekt geantwortet. Ihn beeindruckten „die Kreativität, die Aufrichtigkeit und der Mut“ des „Synodalen Wegs“ und die „enorme Anstrengung der institutionellen Selbstkritik“. Die Vorschläge des „Synodalen Wegs“ enthielten „viele vertretbare Elemente“, würfen aber auch „aus anthropologischer, pastoraler und ekklesiologischer Sicht ernsthafte Schwierigkeiten“ auf.

Beim interdikasteriellen Treffen
Beim interdikasteriellen Treffen

„Was ist passiert? Wo sind wir gelandet?“

Ouellet warnt vor einem drohenden „latenten Schisma“. Er wisse zwar, dass den Verantwortlichen des „Synodalen Wegs“ nicht an einem „Bruch mit der universalen Gemeinschaft der Kirche“ gelegen sei, sondern dass es ihnen um eine größere Glaubwürdigkeit der Diener des Evangeliums gehe. Dennoch lasse es ihn aufhorchen, „dass die Agenda einer begrenzten Gruppe von Theologen von vor einigen Jahrzehnten plötzlich zum Mehrheitsvorschlag des deutschen Episkopats geworden ist“. „Was ist passiert? Wo sind wir gelandet?“ Er äußert den Verdacht, dass das Missbrauchs-Thema instrumentalisiert werde, um Ideen nach vorne zu bringen, die damit nicht unmittelbar zusammenhingen.

„Ein Glaubensproblem in Bezug auf das Lehramt“

Die Vorschläge des „Synodalen Wegs“ zur katholischen Disziplin und Moral erscheinen dem kanadischen Kurienkardinal als zu weitgehend – als ob es da nicht nur um „pastorale Neuerungen“ ginge, sondern um eine „grundlegende Änderung“. Das verletze die kirchliche Gemeinschaft, weil es Zweifel und Verwirrung stifte. Es sei kein Wunder, dass auch viele Bischöfe aus aller Welt mit Staunen und Sorge auf das deutsche Reformprojekt reagierten, schließlich repräsentiere jeder Bischof „die Weltkirche in der ihm anvertrauten Teilkirche“ und garantiere „die Gemeinschaft seiner Teilkirche mit der Weltkirche“.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin

Ouellet bemängelt, einige Vorschläge des „Synodalen Wegs“ stehe „offen im Widerspruch“ zu den Lehren aller Päpste seit dem Konzil, vor allem in Sachen Priesterweihe für Frauen. „Diese Haltung offenbart ein Glaubensproblem in Bezug auf das Lehramt und einen gewissen um sich greifenden Rationalismus, der sich nur dann an Entscheidungen hält, wenn sie persönlich überzeugend erscheinen oder vom allgemein verbreiteten Denken akzeptiert werden.“ So etwas werfe „einen Schatten auf die Gesamtheit der Bemühungen“ des „Synodalen Wegs“; der Kardinal sieht da „Interessengruppen“ am Werk und hält das deutsche Reformprojekt für „aus der Bahn geraten“.

„Sorge um die Einheit der Kirche“

Kardinal Ouellet spricht sich in dem Redetext für ein „Moratorium“ des „Synodalen Wegs“ und eine „grundlegende Überprüfung“ seiner Forderungen im Licht der Ergebnisse des derzeit laufenden, weltweiten synodalen Prozesses aus. Ihm geht es vor allem um „eine methodische Änderung“; einen korrigierten „Synodalen Weg“ stellt er sich „weniger parlamentarisch, mehr auf eine globale Beteiligung ausgerichtet“ und „hinhörender“ vor. Bei seinem Vorschlag eines Moratoriums – der dann laut Statement vom Freitagabend in der weiteren Aussprache abgeschmettert wurde – bewege ihn „die Sorge um die Einheit der Kirche“.

(vatican news/osservatore romano)
 

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24. November 2022, 15:08