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Schweizergarde: Werkzeuge des Friedens sein

An diesem Freitagnachmittag wurden 36 neue Mitglieder der Elitegarde des Papstes feierlich im Vatikan vereidigt. Wie schon im fernen 1506, schworen die Rekruten aus der Schweiz, dem Papst „tapfer und treu zu dienen bis in den Tod.“

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Wegen schlechter Witterung konnte die Vereidigung nicht wie üblich im vatikanischen Damasushof stattfinden, sondern musste in die Audienzhalle verlegt werden. Geladen waren Eltern und Geschwister der zu vereidigenden Gardisten, offizielle Repräsentanten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Kirche und des Gastkantons Nidwalden.

Die Vereidigung im Video

 

Die kleinste Armee der Welt fungiert seit 1506 als „Leibwache“ des Papstes. Gegründet wurde das älteste noch existierende Militärkorps der Welt von Papst Julius II. Seine größte Bewährungsprobe war die Plünderung Roms am 6. Mai 1527 durch die Landsknechte Karls V. Über einen geheimen Fluchtgang gelang es den Schweizern, Papst Clemens VII. in der Engelsburg in Sicherheit zu bringen. Von 189 Gardisten überlebten damals nur 42 Mann.

Die Gran-Gala-Uniform der Schweizergarde: Die wohl berühmteste Uniform der Welt
Die Gran-Gala-Uniform der Schweizergarde: Die wohl berühmteste Uniform der Welt

Mit Fanfaren und Tamburen zogen die 36 Gardisten in der wohl berühmtesten Uniform der Welt in die Audienzhalle ein – was seit 2013 nicht mehr der Fall war. Papst Franziskus ist bei der feierlichen Vereidigung der neuen Mitglieder seiner Elitetruppe üblicherweise nicht anwesend. Vertreten wird er vom Substituten für die Allgemeinen Angelegenheiten im vatikanischen Staatssekretariat, Edgar Pena Parra.

Hier zum Nachhören
Die Vereidigung der neuen Rekruten ist immer wieder ein Ereignis
Die Vereidigung der neuen Rekruten ist immer wieder ein Ereignis

Garde-Kommandant Christoph Graf erinnerte in seiner Ansprache vor den ca. 600 Anwesenden in der Audienzhalle im Vatikan daran, dass die Gardisten einen sehr anspruchsvollen Dienst erfüllten, „der von ihnen Verzicht und Opferbereitschaft“ erfordere. Und dafür müssten sie in der Mentalität, die die Schweizer auszeichne, fest verankert sein: „Integrität, Zuverlässigkeit, Treue, Toleranz, gegenseitige Wertschätzung und Dialog.“

Zuallererst müsse ein Schweizergardist aber ein Christ sein, die christlichen Werte leben. Erst dann könne er „Werkzeug des Friedens“ sein, betonte Graf in Anlehnung an ein von Papst Franziskus oft zitiertes Gebet des Franz von Assisi. Mit Blick auf die aktuelle Weltlage sagte der Kommandant:

„Oft frage ich mich: «Warum lernen wir Menschen nicht aus diesen schrecklichen Fehlern? Warum ist ein friedliches Zusammenleben, ein friedliches Lösen von Konflikten nicht möglich? Ist es tatsächlich nur der Drang nach Macht und Reichtum?» Es liegt in der ambivalenten Natur des Menschen, nicht nur die Welt zu beherrschen, sie auszubeuten, sie zu manipulieren, sondern auch über den Menschen selbst Macht auszuüben. Aber der Mensch ist aus Liebe für das Gute geschaffen und zum Guten berufen.”

Eindrücke von der Vereidigung in der Audienzhalle
Eindrücke von der Vereidigung in der Audienzhalle


Der Friede werde immer wieder grausamst erschüttert, so Graf weiter. „Wie viele Menschen und Völker leiden heute weltweit unter kriegerischen Auseinandersetzungen: heute – jetzt - da wir hier versammelt sind?! „Nie wieder Krieg!“ riefen die Menschen nach den zwei verheerenden Weltkriegen des letzten Jahrhunderts. Ging dieser Schrei vergessen, hat er die Kraft verloren - als der Krieg wieder nach Europa kam – im grausamen Balkenkrieg und nun aufs Neue mit unverminderter Brutalität?“

Krieg sei nicht nur ein Verbrechen gegen die Menschheit und die Schöpfung, sondern gegen Gott selbst. Dem Heiligen Vater ginge es um die Erhaltung und Heilung der Schöpfung, um das allgemeine Wohlergehen und die Würde des Menschen, um Gerechtigkeit und Frieden, so der Kommandant weiter. Und dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn jeder Mensch sein Leben wieder nach den Grundwerten ausrichte. „Geben wir als Christen Zeugnis dafür. Mit Hilfe des Gebetes, des Gesprächs mit Gott, können wir «Berge versetzen», Kriege verhindern, versöhnen, heilen. Für Gott ist nichts unmöglich,“ so der Rat des Kommandanten an die neuen Schweizergardisten.

Ein Rekrut legt den feierlichen Eid ab
Ein Rekrut legt den feierlichen Eid ab

Bevor Gardekaplan Pater Kolumban Reichlin danach die Eidesformel verlas, legte er den neuen Rekruten Folgendes ans Herz:

„Jeder Mensch ist gerufen, Gottes Werkzeug zu sein. Gott hat einen Plan mit uns allen, auch mit Ihnen, liebe Gardisten. Er hat Sie in diesen Dienst gerufen, weil Sie vertrauenswürdig sind, weil Sie Respekt haben vor Papst Franziskus, weil Sie loyal sind zur Kirche und weil Sie eine lebendige Gottesbeziehung pflegen oder in Ihrem Herzen offen sind für das große Geheimnis hinter der Schöpfung und unserem Leben. Gott hat Sie aber auch hierher gerufen, weil Sie hier Ihren Lebensrucksack mit vielfältigen Kenntnissen, Erfahrungen und Beziehungen werden füllen können, die für Ihre persönliche Entwicklung und Ihren weiteren Weg hilfreich und richtungweisend sein werden.“

Der Moment der Vereidigung
Der Moment der Vereidigung

Danach schwörten die Rekruten, mit „Gran-Gala-Uniform“ und Harnisch angetan, auf die Gardefahne. Eine Uniform, die die Gardisten sonst nur für den päpstlichen Segen „Urbi et Orbi“ an Weihnachten und Ostern tragen. Der Eid wurde, je nach Herkunft der zu vereidigenden Gardisten, in deutscher (22), französischer (12) und italienischer (2) Sprache geleistet. Die Gardisten schwörten, den amtierenden Papst und all seine rechtmässigen Nachfolger, notfalls auch unter Einsatz des eigenen Lebens zu schützen und zu verteidigen – so wie es ihre tapferen Vorfahren getan haben.

Zum Ausklang der feierlichen Vereidigung der neuen „Leibwächter“ des Papstes gab die Musik-Formation der Schweizergarde noch einige Musikstücke zum Besten.

(vaticannews)

 

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06. Mai 2022, 18:15