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P. Baggio zu neuem Vatikan-Dokument: „Aus lokalen Erfahrungen entstanden“

Die neuen Orientierungen zur interkulturellen Migrationspastoral sind „aus lokalen Erfahrungen entstanden“ und werden nun „mit einigen lehramtlichen Erläuterungen“ in die Ortskirchen zurückgetragen. Das betont der Skalabriner Fabio Baggio, Untersekretär der Sektion für Migranten und Flüchtlinge im Dikasterium für nachhaltige Entwicklung.

Wie Baggio im Gespräch mit Vatican News erläutert, entspricht dieser Konsultationsprozess durchaus den normalen Gepflogenheiten in der Sektion Migranten und Flüchtlinge:

„Wir beginnen einen Konsultationsprozess mit unseren Partnern, d.h. in erster Linie mit den Ortskirchen, den Bischofskonferenzen, den Bischöfen und dann auch mit den katholischen Organisationen und Ordensgemeinschaften, die in den verschiedenen Gebieten, in den verschiedenen Diözesen der Welt arbeiten. Im Laufe des letzten Jahres haben wir eine Reihe von Konsultationen mit ihnen durchgeführt und sie gebeten, die Herausforderungen und die möglichen Antworten auf diese Herausforderungen im Zusammenhang mit dem von uns vorgeschlagenen Thema der interkulturellen Migrationspastoral zu ermitteln. Das heißt, eine Seelsorge der Begegnung, eine Seelsorge der gegenseitigen Bereicherung, eine Seelsorge der Integration. Wir haben sehr umfangreiche, bemerkenswerte und wichtige Beiträge erhalten, die wir zu den Punkten zusammengefasst haben, die nun das Rückgrat des Dokuments bilden.“

Bei der Bearbeitung des Themas sei sofort deutlich geworden, welch gewichtige Herausforderungen die heutige Welt dafür bereithalte, erläutert Baggio weiter. Papst Franziskus habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es zu einer unweigerlichen Diskriminierung führe, wenn bestimmte Gruppen von Menschen von der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung ausgeschlossen würden. Migranten und Flüchtlinge seien in diesem Zusammenhang besonders verletzlich:

„Die Herausforderung einer Mission, die heute keine großen Entfernungen mehr zurücklegen muss, weil die Mission direkt zu Hause ankommt“

„Wenn wir also eine interkulturelle Migrationspastoral vorschlagen, schauen wir auf die Integration. Die Herausforderungen der Inklusion bestehen zum Beispiel darin, die Angst zu überwinden, die uns oft daran hindert, dem Anderen und dem Anderen zu begegnen. Die Fähigkeit oder Unfähigkeit, eine einladende Gemeinschaft, unsere christliche Gemeinschaft, zu strukturieren, um besondere Räume für Menschen zu öffnen, die gerade erst angekommen sind. Oder die Herausforderung einer Mission, die heute keine großen Entfernungen mehr zurücklegen muss, weil die Mission direkt zu Hause ankommt. Gruppen von Migranten, auch ungetaufte Nichtchristen, die an unsere Türen kommen und in unseren Vierteln leben und heute eine Anregung und eine Herausforderung für unser Leben der Mission darstellen können.“

Nicht zuletzt stehe in diesem Zusammenhang auch die Herausforderung der Kooperation und Zusammenarbeit, betont Baggio weiter: „In der Kirche arbeiten viele Menschen, viele Organisationen, viele Gemeinden, Diözesen und kirchliche Gremien daran, eine immer inklusivere Kirche aufzubauen, die sich ihrer eigenen Katholizität bewusst ist. Aber gleichzeitig stellen wir fest, dass wir sehr oft auf getrennten Wegen arbeiten. Zusammenarbeiten bedeutet also, Ressourcen zu bündeln, gemeinsam zu planen, Aktivitäten gemeinsam durchzuführen und auch in der Lage zu sein, unsere Arbeit gemeinsam zu bewerten.“

Konkrete Beispiele

Im Anhang des Dokumentes zu den pastoralen Leitlinien befindet sich auch eine kleine Broschüre, in der rund 20 Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie die Leitlinien in die Praxis umgesetzt werden können. Die dabei genannten Beispiele kommen aus der ganzen Welt. „Auf diese Weise zeigen wir, dass es sich nicht um etwas Abstraktes handelt, sondern dass dies bereits irgendwo auf der Welt umgesetzt wird“, meint Baggio. Ein Absatz der Leitlinien handele beispielsweise vom Erkennen und Überwinden von Ängsten. Ängste im Zusammenhang mit Migranten könnten auch dadurch überwunden werden, dass die betroffenen Menschen auf eine neue Art und Weise dargestellt würden:

„Das Scalabrinian Centre in Kapstadt, Südafrika, hat vor einigen Jahren in Zusammenarbeit mit Künstlern, Fotografen und Journalisten eine Fotoausstellung präsentiert, in der reale Geschichten von Migranten erzählt werden. Darin berichten sie über ihre positiven Erfahrungen mit der Eingliederung in die Gesellschaft und über die Mitarbeit an der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung der Gesellschaften, die sie aufgenommen haben.“

„Wir sind die Beziehungen, die wir im Laufe unseres Lebens hatten, und je mehr Beziehungen wir hatten, desto mehr sind wir in unserer Identität gewachsen“

Ein weiteres Beispiel handele von der Förderung von Begegnungen: So lüden die Maristen in El Paso, Texas, an der Grenze zu Mexiko, ihre amerikanischen College-Studenten zu einer Begegnung mit Migranten an der Grenze ein, wobei sie „Dienst und Freundschaft“ erlebten. Dies erlaube es den jungen Menschen, ihre Vorurteile zu überwinden und sich durch die Geschichten anderer zu bereichern, berichtet Pater Baggio mit Blick auf die vorgestellten Beispiele.

Wer in einen Dialog mit anderen eintrete, hätte oft eigentlich das Bedürfnis, seine eigene Identität zu stärken, räumt der Skalabriner ein. Und doch werde sie gerade durch die Vermittlung der Identität der anderen bereichert: „Es gibt kein statisches Konzept der Identität, sondern ein dynamisches Konzept. Wir sind die Beziehungen, die wir im Laufe unseres Lebens hatten, und je mehr Beziehungen wir hatten, desto mehr sind wir in unserer Identität gewachsen. Die Begegnung mit dem anderen ist nicht eine Begegnung, die verarmt, sondern eine Begegnung, die immer bereichert, weil ich mehr bin als das, was ich vorher war. Natürlich bereichert sie nicht im wirtschaftlichen, sondern im menschlichen Sinne.“

Inklusion und Mission

Es gebe zwei besondere Dimensionen der neuen Erfahrung der Kirche in diesem Migrationskontext, nämlich Inklusion und Mission, betont Pater Biaggo weiter: Inklusion bedeute hier, sich in dem Maße katholisch zu fühlen, in dem die Neuankömmlinge einbezogen und Platz für alle geschaffen werden könne. „Wenn dies nicht geschieht, haben wir ein kleines Problem, und wir müssen uns fragen, warum wir sie nicht einbeziehen können. Der Katholik erkennt in jeder kirchlichen Gemeinschaft auf der ganzen Welt seine Heimat. Jede Kirche ist seine eigene Kirche, nur indem sie einfach da ist.“

Die andere Dimension wiederum sei die „missionarische“: „Für diejenigen, die Jesus Christus nicht oder nur verzerrt kennen, bietet sich hier die Gelegenheit, Jesus Christus so darzustellen und bekannt zu machen, wie wir ihn kennen. Wir tun dies durch die Liebe: Es ist die Liebe, die uns befähigt, dem anderen den Jesus Christus vorzustellen, den wir gekannt haben und der uns gerettet hat.“

Die Leitlinien zur interkulturellen Migrationspastoral sind in englischer und italienischer Sprache im Bereich "Ressourcen" der Website der Sektion M&R verfügbar: www.migrants-refugees.va

(vatican news - cs)

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24. März 2022, 15:06