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Gerichtsprozess an diesem Freitag im Vatikan Gerichtsprozess an diesem Freitag im Vatikan 

Prozess im Vatikan: Verteidiger beantragen erneut Nichtigkeit

Im vatikanischen Finanzskandal um den Fehlkauf einer Londoner Immobilie hat Richter Giuseppe Pignatone den Verteidigern Kardinal Beccius und der übrigen Angeklagten mehr Zeit gegeben, ihre Nichtigkeitseinwände vorzulegen. Spätestens am 1. März will das Gericht bekanntgeben, wann die eigentliche Verhandlung beginnt, teilte Pignatone beim Gerichtstermin am Freitag mit.

Der Gerichtsprozess gegen Kardinal Angelo Becciu und andere Vatikanmitarbeiter sowie Makler wegen eines Finanzskandals geht weiter und am Freitag behandelte das Gericht den Fall weiter. Im Grunde sind es mehrere Einzelfälle, die jetzt aber zusammengefügt werden sollen. Das Gericht wolle künftig den wegen angeblicher Straftaten im Zusammenhang mit Geldern des Staatssekretariats als einen einzigen juristischer Fall behandeln, auch wenn derzeit sich das Ganze noch im Stadium einer Verfahrensklärung befinde.

Es war der Präsident des Vatikanischen Gerichtshofs, Giuseppe Pignatone, der am Freitag in der siebten Anhörung in einem eigens als Gerichtssaal eingerichteten Raum der Vatikanischen Museen die erneute Verschiebung des Prozesses bekannt gab. „Das vatikanische Gericht möchte heute und möglicherweise am 28. Februar alle Nichtigkeitseinreden anhören, damit wir am 28. oder 1. März einen endgültigen Beschluss diesbezüglich erlassen können und dann mit der eigentlichen Behandlung des Prozesses beginnen können“, sagte Pignatone und legte bereits die nächsten Termine des Verfahrens fest, „um die künftige Tätigkeit fortzusetzen, wenn es eine künftige Tätigkeit gibt." Alles, was die Verteidigung und die Anklage betreffen, werde „Raum und Gehör“ bekommen, versicherte der Präsident des Gerichts. Die Mehrzahl der Angeklagten war abwesend: die Finanziers Gianluigi Torzi, Enrico Crasso und Raffaele Mincione, die ehemalige Führungsspitze der Finanzaufsichtsbehörde (Aif) René Brülhart und Tommaso Di Ruzza, der ehemalige Vatikan-Beamte Fabrizio Tirabassi, die Managerin Cecilia Marogna und der Anwalt Nicola Squillace. Nur Kardinal Giovanni Angelo Becciu und Monsignore Mauro Carlino, sein ehemaliger Sekretär, waren im Gerichtssaal anwesend.

Asif als Zivilkläger

Während der viereinhalbstündigen, sehr technischen Sitzung mit zwei Pausen wurde bekannt gegeben, dass die Asif (die Finanzaufsichts- und Informationsbehörde, ehemals Aif), das Staatssekretariat, die vatikanische Finanzeinrichtung IOR und die vatikanische Güterverwaltung APSA dem Verfahren als Zivilkläger beitreten werden, wobei die Beweggründe für diesen Entscheid nicht dargelegt wurden. Als Zivilkläger könnten sie auf die Forderung nach Schadenersatz abzielen. 

Ein großer Teil der Zeit - im Durchschnitt etwa 40 Minuten - wurde den Argumenten der Verteidiger gewidmet. Alle bekräftigten die Forderung nach „absoluter und unwiderruflicher“ Nichtigkeit des Vorladungsbeschlusses, da das Büro des Kirchenanwalts es verabsäumt habe, das gesamte beschlagnahmte Material zu hinterlegen. Die Verteidiger der inzwischen wieder zehn Angeklagten - vier zwischenzeitlich ausgenommene Personen sind erneut in den Prozess integriert - kritisierten deutlich die Strafverfolgung und sprachen von Unfähigkeit bis hin zu Unwillen, angemessen zu arbeiten. Mit verschiedenen Argumentationen stellten die Juristen zudem die Rechtmäßigkeit des Prozesses im Vatikan infrage.

Der Prozess kreist seit seinem Beginn im Juli um formale Fragen, auch wenn Pignatone nach eigener Aussage versucht, aus diesem Kreislauf herauszukommen. Im Fokus stehen unter anderem die Befragungen des Hauptzeugen Alberto Perlasca. Er war viele Jahre Verwaltungsleiter der ersten Abteilung im Staatssekretariat, hatte Zugriff auf dessen Kassen. Etliche der Angeklagten sähen ihn lieber auf der Anklagebank.

Worum es geht

Bei dem Gerichtsverfahren geht es um einen verlustreichen Immobiliendeal in London mit Geldern unter anderem des vatikanischen Staatssekretariats. Kardinal Angelo Becciu, dem damaligen Substituten im Staatssekretariat, und seinen neun Mitangeklagten wird Amtsmissbrauch, Geldwäscherei, Betrug, Unterschlagung und Korruption vorgeworfen. Für den Kauf des Gebäudes in der Sloane Avenue im hochpreisigen Stadtteil Chelsea sollen mehrere 100 Millionen Euro geflossen sein, für die Beschaffung, aber auch für Provisionen und Boni, was im internationalen Immobiliengeschäft allerdings Standard ist. Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Es ist das erste Mal, dass ein Kardinal sich im Vatikan einem Gerichtsprozess zu stellen hat. 

(vatican news/kna - mg/gs)

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19. Februar 2022, 11:32