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Kardinal Kurt Koch im Gespräch mit den Vatikanmedien Kardinal Kurt Koch im Gespräch mit den Vatikanmedien 

Kardinal Koch: Papstreise nach Zypern und Griechenland als Ökumene-Schub

Migration und Ökumene sind zwei große Themen, die bei der Reise des Papstes nach Zypern und Griechenland ab dem kommenden 2. Dezember im Vordergrund stehen werden. Sowohl in Zypern als auch in Griechenland stellen die Katholiken nur einen Bruchteil der Bevölkerung dar; oftmals sind es Migranten, die die katholischen Gottesdienste besuchen. Wir haben mit Kurienkardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, gesprochen.

Vatican News/Osservatore Romano: Der Papst wird nach Zypern und Griechenland reisen. Sie werden ihn in seinem Gefolge begleiten. Können Sie uns sagen, was der ökumenische Wert dieser Reise ist, die Papst Franziskus nun unternehmen wird?

Kardinal Kurt Koch: „Es sind wieder einmal zwei Länder, die der Papst besuchen wird, deren Bevölkerung mehrheitlich den Glauben der orthodoxen Kirche bekennt. Zypern und Griechenland sind mehrheitlich orthodox, und das ist natürlich ein wesentlicher Beitrag zu einer Vertiefung und Fortführung der ökumenischen Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der Orthodoxie in diesen Ländern. Es sind zwei Länder, in die der Glaube schon in früher Zeit gebracht worden ist, vor allem auch durch das missionarische Wirken des Apostels Paulus. Davon gibt es schöne Spuren in Zypern wie in Griechenland.“

Dialog der Liebe, Dialog der Wahrheit

Vatican News/Osservatore Romano: Können Sie uns sagen, wo mit Blick auf die griechisch-orthodoxe Kirche in Griechenland die Herausforderungen im ökumenischen Dialog liegen?

Kardinal Kurt Koch: „Wir unterscheiden zwischen dem Dialog der Liebe, das heißt die Pflege freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Kirchen, und dem Dialog der Wahrheit, das ist die theologische Aufarbeitung der anhängigen theologischen Fragen. Nun haben die orthodoxen Kirchen entschieden, dass der theologische Dialog nicht bilateral, sondern nur multilateral mit allen orthodoxen Kirchen zusammen geführt wird, deshalb gibt es keinen bilateralen theologischen Dialog mit der Kirche von Griechenland. Es gibt aber natürlich freundschaftliche Beziehungen. Wir haben vor allem auch Beziehungen, dank derer die Diakonia in Griechenland immer wieder katholische Priesteramtskandidaten und Theologiestudierende einlädt, um ihnen Gratiskurse anzubieten, um Griechisch zu lernen.“

Vatican News/Osservatore Romano: Und wenn wir uns die Situation auf Zypern anschauen, inwieweit unterscheidet sich denn da der Dialog mit der katholischen Kirche?

Kardinal Kurt Koch: „Zypern ist noch mehrheitlicher orthodox als Griechenland, und der Erzbischof von Zypern, Chrysostomos, hat ein sehr offenes Herz für die Ökumene, es bestehen sehr gute Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und ihm. Er hat selbst ja auch einmal die Internationale Gemischte Kommission eingeladen, nach Zypern zu kommen, und ein solches Zeichen der Gastfreundschaft ist natürlich auch ein wichtiges Ereignis.“

Flüchtlingskrise gemeinsame ökumenische Herausforderung

Vatican News/Osservatore Romano: Ein wichtiges Thema der Reise wird auch die Flüchtlingsfrage sein, die Migrationen, die Papst Franziskus sehr am Herzen liegt…

Kardinal Kurt Koch: „Ja, der Heilige Vater lenkt – bei beiden Besuchen, in Zypern wie in Griechenland - wieder einmal die Aufmerksamkeit auf die Migranten und auf die Flüchtlinge. Es ist in Zypern ein ökumenisches Gebet mit den Migranten und für deren Situation vorgesehen, und in Griechenland wird der Heilige Vater nochmals nach Lesbos reisen und das Aufnahmezentrum Mytilene besuchen. Und ich denke, auch das ist ein ökumenisches Zeichen, denn diese Flüchtlingskrise und die Migration, die wir heute haben, sind eine gemeinsame ökumenische Herausforderung. Das will der Heilige Vater natürlich auch zeigen, wenn er in Griechenland und in Zypern diese Aufmerksamkeit auf die Flüchtlinge und auf die Migranten lenkt.“

Hoffnung auf vertiefte Beziehungen

Vatican News/Osservatore Romano: Was würden Sie sich denn wünschen mit Blick auf die ökumenischen Beziehungen als Ergebnis der Reise des Papstes?

Kardinal Kurt Koch: „Ergebnisse kann man post festum feststellen, man kann sie nicht prophezeien. Ich hoffe, dass die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche in Griechenland und Zypern vertieft werden, neu zeigen, dass die katholische Kirche die Einheit mit der orthodoxen Kirche wünscht, aber eine Einheit, die im Konsens gefunden werden kann - und dass die katholische Kirche den Orthodoxen nichts aufzwingen will.“

Vatican News/Osservatore Romano: Vielen Dank.

Die Fragen stellte Christine Seuss

Hintergrund

Papst Franziskus wird vom 2. bis 6. Dezember nach Zypern und Griechenland reisen. In beiden Ländern gehört die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung der orthodoxen Kirche an. Das Oberhaupt der Kirche von Zypern, Chrysostomos II., hatte im Jahr 2010 bereits Papst Benedikt XVI. auf seiner Apostolischen Reise in das Land empfangen und ihn zweimal (2007 und 2011) im Vatikan besucht. In Zypern sind etwa 80 Prozent der Bevölkerung christlich, rund 4,47 Prozent der Bevölkerung katholisch (lateinischer Ritus). Viele Katholiken auf Zypern sind Migranten oder leben aus beruflichen Gründen auf Zeit dort.

Ähnlich sieht es in Griechenland aus, wo die Katholiken rund 1,2 Prozent der Bevölkerung, also 133.000 Gläubige, stellen. Etwa die Hälfte davon sind Griechen. Zu diesen gesellen sich Tausende von Migranten und Arbeitern katholischen Glaubens, die sich nur vorübergehend in Griechenland aufhalten. In letzter Zeit sind auch viele Christen aus dem Nahen Osten auf ihrer Suche nach einem besseren Leben in das Land gekommen. Die katholische Kirche in Griechenland schätzt, dass sich derzeit rund 400.000 Katholiken im Land aufhalten.

Das orthodoxe Christentum ist in Griechenland Staatsreligion, etwa 96 Prozent der Bevölkerung gehören ihr an. Die Beziehungen der katholischen zur orthodoxen Kirche haben durch den Besuch von Johannes Paul II. im Jahr 2001 (4.-9. Mai, der erste Besuch eines Papstes in Griechenland überhaupt) einen bedeutsamen Schub erhalten. Bei dieser Gelegenheit hatte Johannes Paul II. für die Plünderung Konstantinopels durch Kreuzfahrer im Jahr 1204 um Vergebung gebeten. Ein weiterer Höhepunkt war das Gebet mit dem damaligen orthodoxen Oberhaupt Christodoulos und die gemeinsame Erklärung zu den christlichen Wurzeln Europas

(vatican news/osservatore)

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25. November 2021, 16:49