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Archiv der Heilig- und Seligsprechungskongregation im Vatikan Archiv der Heilig- und Seligsprechungskongregation im Vatikan 

Vatikan: Neue Regelung für Postulatoren

Der Vatikan hat zum ersten Mal ein normatives Dokument über die Figur und Aufgaben des Postulators der Selig- und Heiligsprechungsprozesse veröffentlicht. Der Präfekt der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen, Kardinal Marcello Semeraro, erklärt die Neuerungen in einem Interview mit den Vatikanmedien.

Mario Galgano und Nicola Gori - Vatikanstadt

Eine Begrenzung auf dreißig aktive Fälle in der römischen Phase und der Ausschluss von Kardinälen, Bischöfen und Beamten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse von der Möglichkeit, als Postulator zu dienen. Dies sind die beiden wichtigsten Neuerungen der Postulatorenordnung, die am 11. Oktober, dem Jahrestag des Beginns des Zweiten Vatikanischen Konzils, in Kraft getreten ist. Der Kardinalpräfekt des Dikasteriums, Marcello Semeraro, erläutert Inhalt und Entstehung des Dokuments in diesem Interview mit den vatikanischen Medien.

Ist dies das erste Mal, dass eine spezielle Verordnung für Postulanten in Kraft tritt?

Kardinal Semeraro: Um die Arbeit des Postulators zu erleichtern, wurden in der Vergangenheit eine Reihe von Hilfsmitteln in Form von Leitlinien (Vademecum) oder dem sogenannten Codex pro postulatoribus erstellt und veröffentlicht. Diese Veröffentlichungen wurden von den Postulatoren selbst oder von einem Beamten der Kongregation erstellt. Bislang wurde jedoch noch kein normatives Dokument über die Figur und die Funktionen des Postulators ausgearbeitet oder verkündet. Dies ist also ein Novum.

Viele Akten im Archiv der Heilig- und Seligsprechungskongregation im Vatikan
Viele Akten im Archiv der Heilig- und Seligsprechungskongregation im Vatikan

Welchen Anlass hat das Dokument, und was sind seine Ziele?

Kardinal Semeraro: Die Idee wurde in der Kongregation selbst geboren und entsprang einer konkreten Beobachtung: Da in verschiedenen normativen Dokumenten über die Gründe der Selig- und Heiligsprechung auf die Postulatoren Bezug genommen wird, wurde es als nützlich erachtet, die Praxis und das besondere päpstliche Recht über ihr Amt zu erläutern - und zwar in einem einzigen Text. Die Verordnungen sind somit das Ergebnis einer gemeinsamen Studie, die wir, so würde ich heute sagen, „synodal“ durchgeführt haben.

In welchem Sinne?

Kardinal Semeraro: Zu Beginn wurde eine Arbeitsgruppe aus Postulatoren und Beamten der Kongregation gebildet, die einen Grundlagentext erarbeitete. Dieser wurde dann von allen anderen Beamten des Dikasteriums, dem Präsidenten des Postulatorkollegiums und schließlich der Leitung der Heilig- und Seligsprechungskongregation geprüft. Bei der Audienz am 30. August habe ich Papst Franziskus das endgültige Dokument vorgelegt, und Papst Franziskus hat mich ermächtigt, es zu unterzeichnen und zu veröffentlichen. Zu diesem Anlass haben wir das symbolische Datum des 11. Oktobers gewählt, das uns an den Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils erinnert.

Was sind denn die wichtigsten Punkte des Textes?

Kardinal Semeraro: Zunächst einmal ist der einleitende Teil sehr wichtig, denn er enthält die „allgemeinen Begriffe“, das heißt die Normen, die die Figur des Postulators festlegen und definieren. Anforderungen werden aufgezeigt und die Aufgaben aufgezählt, zu denen er berufen ist, die Ernennungsmethode wird geklärt und administrative Aspekte werden behandelt. Der Text enthält zwei Neuerungen, die zwar restriktiv erscheinen mögen, die aber in Wirklichkeit aus der Überzeugung heraus entstanden sind, dass jeder Selig- und Heiligsprechungsprozess eine ernsthafte Verpflichtung erfordert.

Kardinal Marcello Semeraro (Mitte)
Kardinal Marcello Semeraro (Mitte)

Und was sind die beiden neuen Elemente?

Kardinal Semeraro: Da ist zum einen Artikel 6a, wonach Kardinäle, Bischöfe und Personen, die Ämter im Dikasterium bekleiden, wie auch Beamte, historische Berater, theologische Berater und medizinische Experten, nicht zu Postulatoren ernannt werden können. Artikel 9 hingegen spricht von der Höchstzahl von dreißig aktiven Fällen, die einem Postulator „ad casum“ (als Fall) anvertraut werden können.

Und welche anderen Themen werden in dem Dokument behandelt?

Kardinal Semeraro: In den folgenden Teilen befasst sich das Reglement konkret und detailliert mit der Rolle des Postulators, zunächst in der diözesanen Phase eines Falles und dann in der sogenannten römischen Phase, wenn das kanonische Verfahren in der Kongregation stattfindet. Schließlich geht das Dokument auf die Pflichten des Postulators bei der Seligsprechung, der Heiligsprechung oder der Verleihung des Titels eines Kirchenlehrers ein. Die Verordnungen schließen mit einigen Überlegungen zur Arbeit der Postulatoren im Zusammenhang mit Reliquien und sterblichen Überresten.

Was ist denn das ideale Profil eines Postulators?

Kardinal Semeraro: Ich glaube, dass der ideale Postulator derjenige ist, der das ihm übertragene Amt als einen Dienst annimmt und ausübt: nicht irgendeinen Dienst, sondern einen Dienst, der in der Kirche und zum Wohl der Kirche, zum Wohl der Gläubigen geleistet wird. In seiner Ansprache an die Kongregation am 12. Dezember 2019 betonte Papst Franziskus in Bezug auf die Postulatoren, dass sie in sich das Bewusstsein kultivieren müssen, dass die Fälle, mit denen sie sich befassen, „Realitäten geistlichen Charakters sind, nicht nur Verfahren, sondern geistliche Realitäten“.

Welche Rolle spielt der Postulator bei der Bewertung der Tugenden oder der Feststellung eines Martyriums?

Kardinal Semeraro: In rechtlicher Hinsicht ist der Postulator der Vertreter des Klägers in einem Prozess vor dem Dikasterium sowie anderen zuständigen kirchlichen Behörden. Seine Aufgabe besteht also gerade darin, alle im kirchenrechtlichen Verfahren der Selig- und Heiligsprechung vorgesehenen Schritte rechtzeitig zu befolgen und auszuführen. Allerdings darf der Postulator nicht auf eine juristische Rolle reduziert werden. In der Tat fördert und koordiniert er, wie es in den Regeln heißt, alle Aktivitäten, die der Verbreitung des Wissens über einen Kandidaten für die Ehre der Altäre dienlich sind, und unterstützt seine Fürbitte. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass der Postulator, bevor er um die formelle Eröffnung eines Verfahrens zu Tugendgrad, Martyrium oder die Gabe des Lebens bittet, besonders und angemessen darauf achten muss, das Vorhandensein eines authentischen, dauerhaften und weit verbreiteten Rufs der Heiligkeit und der Zeichen der Heiligkeit zu überprüfen.

Kann denn bei einem Selig- und Heiligsprechungsprozess überhaupt auf den Postulator verzichtet werden?

Kardinal Semeraro: Nun, die Figur des Postulators und das von ihm ausgeübte Amt sind nach wie vor wichtig und gleichzeitig heikel. Darauf verweist die soeben erlassene neue Verordnung, die schon seit einiger Zeit als notwendig erachtet wurde. Wenn sie ihre Aufgabe ernsthaft und mit kirchlichem Geist wahrnehmen, können Postulatoren viel für das Gelingen des jeweiligen Falles und das Wohl der Kirche tun.

(vatican news)

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15. Oktober 2021, 10:38