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Kardinal Christoph Schönborn, der Erzbischof von Wien Kardinal Christoph Schönborn, der Erzbischof von Wien 

Schönborn zu Synode: Einheit und Vielfalt schließen sich nicht aus

Die Anliegen der Weltsynode, die Papst Franziskus am Sonntag eröffnet hat, sind weitaus konkreter als sie wirken. Das hat Kardinal Christoph Schönborn im Interview mit Radio Vatikan gesagt. Zentral bei der Synode sei das Hören aufeinander und auf den Heiligen Geist. Über auftretende Spannungen sagte der Wiener Erzbischof, die Kirche vertrage „sehr viel Vielfalt“, die Sorge aller müsse aber auch der Einheit gelten.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Kardinal Schönborn gehört dem Synodenrat an und nahm in dieser Funktion an der Eröffnung des synodalen Prozesses im Vatikan teil. Am Montag empfing Papst Franziskus den Synodenrat in Audienz und stellte den Bischöfen bei der Gelegenheit die Apostelgeschichte als Programm für die Synode vor, sagte Schönborn: „Das Buch der Apostelgeschichte ist das Buch von einer kleinen Gemeinschaft, die in die ganze Welt hinausgeht und dabei die Führung des Heiligen Geistes erlebt. Diese Erfahrung wünscht sich der Papst für die Kirche heute.“ Der Auftrag, hinauszugehen und Christus zu verkünden, sei „nicht primär eine Organisationsanweisung, kein Strukturkonzept, sondern es ist dieses ganz persönliche Leben des Glaubens, ihn aussprechen, weitergeben, und das in der konkreten Begegnung mit Menschen. So ist die Kirche gewachsen und so wird sie auch in Zukunft wachsen.“

Hier zum Hören:

Das synodale Gebot des zweifachen Hörens – aufeinander hören und auf den Heiligen Geist hören - klinge abstrakt, räumte Schönborn ein. Dabei sei das Hören im Leben etwas Alltägliches. „Das erfahren Eltern, wenn sie ihren Kindern den Glauben weitergeben wollen, dann müssen sie auf die Kinder eingehen, auf ihre Lebenssituation, auf ihre Erfahrungen. Und dürfen ihnen nicht etwas überstülpen, sondern sie müssen mit ihnen gehen. Das sind im Grund einfache, elementare Erfahrungen. Ich denke, dieser synodale Prozess soll uns helfen das zu tun, was das Evangelium uns von Anfang an aufgetragen hat.“

Kardinal Schönborn im Studio von Radio Vatikan, umgeben von den Interviewerinnen Antonella Palermo, Gudrun Sailer und Francesca Merlo
Kardinal Schönborn im Studio von Radio Vatikan, umgeben von den Interviewerinnen Antonella Palermo, Gudrun Sailer und Francesca Merlo

„Die Einheit im Glauben ist genauso wichtig wie das Ja zur Diversität.“

Auf die Frage, wieviel Einheit und wieviel Vielfalt die katholische Kirche heute brauche, verwies der Kardinal auf die Vielzahl der Lebensentwürfe – „Eremiten, Ordensleute, Familien, Singles“ – und Kulturen. „Wieviel Diversität verträgt die Kirche? Sie verträgt sehr viel Diversität. Aber die Einheit im Glauben ist genauso wichtig wie das Ja zur Diversität. Und diese Frage kann man nicht mit Statistiken beantworten und auch nicht in Abstimmungen.“ Deshalb wiederhole der Papst dauernd, die Synode ist kein Parlament. Schönborn verwies abermals auf die Apostelgeschichte, als die frühe Gemeinde in Jerusalem über die Zukunft der Kirche uneins war. „Wie hat man den Weg gefunden? Nicht durch Abstimmungen, sondern durch gegenseitiges Sich-Abstimmen. Das heißt hinhören, was uns der Geist zeigt. Am Schluss konnten sie sagen, der Heilige Geist und wir haben beschlossen. So entstehen dann auch die praktischen großen Orientierungsentscheidungen in der Kirche.“ Das Bemühen um die Einheit sei zentral, hob Schönborn hervor: „Die Einheit im Glauben zuerst. Es gibt nur einen Herrn, Jesus Christus. Das erste Kriterium für die Kirche ist die eine Kirche. In der Vielfalt - aber sie ist die eine Kirche. Einheit im Glauben, in der Liebe, und Vielfalt in den Ausdrucksformen.“

„die Einladung der Weltsynode ist nicht zuerst auf die eigenen Wünsche zu hören, sondern auf die der anderen“

In der katholischen Kirche in Ländern wie Österreich oder Deutschland gibt es seit langem Reformbestrebungen, die auch von Laien getragen werden. Auf die Frage, ob diese sich durch die Einladung zur Synodalität zu Recht bestätigt sehen, sagte Schönborn: „Das hoffe ich. Aber die Einladung der Weltsynode ist nicht zuerst auf die eigenen Wünsche zu hören, sondern auf die der anderen. Nicht auf die eigenen Träume, sondern auf das, was Gott uns zeigt.“ Deshalb gehöre zum synodalen Prozess auch immer die Frage, „ist das jetzt mein Traum, oder ist das der Appell des Heiligen Geistes?“ Die Antwort „ist nicht von vornherein fertig nachzulesen, sondern die muss gesucht werden. Aber sie muss gemeinsam gesucht werden und in der Bereitschaft, auch auf das Ganze der Kirche zu schauen, auf die Gemeinschaft, die Einheit. Wir sind die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, die sehr viel Vielfalt verträgt, aber gleichzeitig EINE Kirche ist.“

(vatican news)

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13. Oktober 2021, 13:49