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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei der Geberkonferenz für den Libanon an diesem Mittwoch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei der Geberkonferenz für den Libanon an diesem Mittwoch 

Vatikanvertreter bei Libanon-Geberkonferenz: „Eigene Interessen hintanstellen”

„Lassen Sie uns dem Libanon helfen, den Weg aus dieser schweren Krise zu finden!” Mit dieser Bitte wandte sich der Vatikanvertreter Miroslaw Wachowski an die Teilnehmer der internationalen Geberkonferenz für den Libanon, die auf Einladung Frankreichs an diesem Mittwoch virtuell tagt. Erst kurz zuvor hatte auch Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz mehr internationale Hilfe für das krisengeplagte Land gefordert.

Einberufen wurde die Konferenz auf Betreiben von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und UN-Generalsekretär António Guterres. Ihnen dankte der Untersekretär der Sektion für die Außenbeziehungen des Staatssekretariats, ebenso wie der Weltgemeinschaft, die nach der Detonation vor einem Jahr im Hafen von Beirut schnelle und großzügige Soforthilfe für die Menschen vor Ort bereitgestellt habe.

Hier der Beitrag zur Geberkonferenz für den Libanon zum Nachhören

Der Vatikanvertreter erinnerte in diesem Zusammenhang bei seiner per Videobotschaft übertragenen Ansprache auch auf den Einsatz des Heiligen Stuhls und der humanitären Organisationen der katholischen Kirche, die „umfangreiche Hilfe zur Unterstützung der Opfer und des Wiederaufbaus, insbesondere von Häusern, Krankenhäusern und Schulen“, geleistet hätten: „In der Tat haben Papst Franziskus und der Heilige Stuhl mehrfach ihre tiefe Besorgnis über den Libanon zum Ausdruck gebracht, der bereits von einer sehr schweren sozioökonomischen und politischen Krise betroffen ist und sich nun einer neuen großen Prüfung gegenübersieht.“

Eine weitere Prüfung für das Land

Der Libanon sei „eine große Nation, die von einer einzigartigen Erfahrung des Zusammenlebens zeugt, die sich im Laufe der Jahrhunderte gefestigt hat“, so Wachowski, der diese Würdigung jedoch auch mit einer Mahnung versah: „Auch deshalb darf sie nicht dem Schicksal oder den Eigeninteressen derer ausgeliefert werden, die ihre eigenen Interessen verfolgen.“

Seit einem Jahr gelingt es im Libanon nicht, eine neue nationale Regierung zu bilden, im Hintergrund stehen Machtkämpfe. Die grassierende Korruption verschlechtert die Lage weiter. Doch der Libanon sei „mehr als ein Land, er ist eine universelle Botschaft des Friedens und der Brüderlichkeit, die vom Nahen Osten ausgeht“, betonte Wachowski unter Berufung auf die Worte, die Papst Franziskus am vergangenen 1. Juli im Rahmen des Gebetstages für den Libanon ausgesprochen hatte.

„Daher ist es wichtig, dass der Libanon diese besondere Berufung weiterführt. Dies erfordert das Engagement aller, innerhalb und außerhalb des Landes. Deshalb ist es wichtig, ,dass sich die Machthaber endlich und entschlossen in den Dienst des Friedens und nicht ihrer eigenen Interessen stellen. Schluss mit den Interessen der Wenigen über die Köpfe der Vielen hinweg!‘“, zitierte Wachowski die Worte, die Papst Franziskus beim Gebetstreffen in Bari um Frieden im Nahen Osten vor mittlerweile 3 Jahren (7. Juli 2018) an die Weltgemeinschaft gerichtet hatte. Einen ähnlich gelagerten „Tag der Reflexion und des Gebets“ stellte das jüngste Treffen für den Libanon dar. 

„Lassen Sie uns dem Libanon helfen, den Weg aus dieser schweren Krise zu finden!“

„Lassen Sie uns dem Libanon helfen, den Weg aus dieser schweren Krise zu finden!“, appellierte der Vatikanvertreter weiter an die Geberkonferenz: „Helfen wir dem libanesischen Volk, die Hoffnung nicht zu verlieren, und geben wir den Libanesen die Chance, in ihrem eigenen Land und ohne ungebührliche Einmischung an einer besseren Zukunft mitzuwirken.“ In diesem Zusammenhang erinnerte Wachowski an den Appell um konkrete Hilfen, den Papst Franziskus gerade an diesem Mittwoch am Ende seiner Generalaudienz an die internationale Gemeinschaft gerichtet hatte.

Der Heilige Stuhl hoffe, dass dieses Treffen und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Hilfen für das Land die Voraussetzungen dafür schaffe, „dass der Libanon nicht weiter sinkt, sondern einen Aufschwung und einen Weg des Aufstiegs beginnt, der allen zugutekommen wird“, schloss der Vatikanvertreter seine Ansprache.

Eine schwierige Situation

Die Geberkonferenz findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Regierungsbildung im Libanon erneut auf dünnem Eis steht. Der erst kürzlich nominierte neue Premierminister Najib Mikati hatte zwar eine rasche Regierungsbildung in Aussicht gestellt - doch bereits an diesem Montag damit gedroht, wieder das Handtuch zu werfen, da bislang keine Einigung über die Zuteilung von Schlüsselministerien erzielt werden konnte. Verfassungsgemäß werden die verfügbaren Posten unter den verschiedenen konfessionellen Gruppen des Landes aufgeteilt, eine Einigung ist derzeit nicht in Sicht. Am Donnerstag wollen Mikati und Staatschef Michel Aoun (ein maronitischer Christ) sich nochmals beraten. Der Staat ist zwar erklärtermaßen bankrott, doch zur Gewährung internationaler Finanzierungen braucht es eine neue Regierung.

Die vorherige Regierung war im Zug der Detonation im Hafen von Beirut vor einem Jahr zwar formell zurückgetreten, leitet aber bis zu den Neuwahlen weiterhin die Amtsgeschäfte. Am 30. Juli hatte die EU bereits den Rahmen für Sanktionen geschaffen, die unter anderen gegen diejenigen verhängt werden sollten, die „den demokratischen Prozess“ durch die systematische Verhinderung der Regierungsbildung und der Neuwahlen behinderten. Auch die USA hat bereits Sanktionen gegen mehrere Akteure, darunter die Hisbollah und ihre Verbündeten, aber auch den Schwiegersohn des Staatschefs, Gebran Gerge Bassil, verhängt. Bassil leitet mittlerweile die von Michel Aoun gegründete „Freie Patriotische Bewegung“.

(vatican news - cs)

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04. August 2021, 13:26