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Kardinal Parolin ist der engste Mitarbeiter von Papst Franziskus Kardinal Parolin ist der engste Mitarbeiter von Papst Franziskus 

Vatikan hat Bedenken gegen Anti-Homophobie-Gesetz

In den italienischen Medien sorgt es für helle Aufregung: Mit einer Verbalnote hat der Heilige Stuhl Bedenken gegen ein geplantes italienisches Gesetz angemeldet. Es ist nach seinem Autor „legge Zan“ benannt und soll die Diskriminierung von homo-, bi-, trans- und intersexuellen Menschen unter Strafe stellen.

Nachdem die Bedenken aus dem Vatikan auch im Parlament schon angesprochen wurden, hat sich nun Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zu Wort gemeldet. Im Gespräch mit Vatican News wies er darauf hin, dass die Verbalnote eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. Der Vatikan habe „nichts blockieren“, sondern italienischen Politikern vielmehr diskret seine „Bedenken mitteilen“ wollen.

Auf einer Linie mit früher geäußerter Kritik der italienischen Bischofskonferenz erläuterte Parolin, der geplante Gesetzestext sei „vage formuliert“ und könne deshalb zu „Schwierigkeiten bei der Auslegung“ führen. Vor allem der Begriff Diskriminierung sei nicht präzise genug gefasst. Das könne im Extremfall dazu führen, dass schon der bloße Hinweis auf den Unterschied zwischen Mann und Frau als strafbar erachtet würde.

Der Papst bei einer Begegnung mit Regierungschef Draghi Mitte Mai
Der Papst bei einer Begegnung mit Regierungschef Draghi Mitte Mai

„Auch der Vatikan lehnt Intoleranz und Hass gegenüber Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung ab“

Parolin beteuerte, auch der Vatikan lehne „Intoleranz und Hass gegenüber Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung“ ab. Er bestreite auch nicht, dass Italien als „säkularer Staat“ das Recht habe, auf diesem Gebiet gesetzgeberisch tätig zu werden. Ministerpräsident Matteo Draghi hatte im Parlament mit dem Hinweis, Italien sei ein „säkularer, nicht konfessioneller Staat“, zur offenen Debatte eingeladen.

Die Verbalnote, die nach Parolins Angaben mit Papst Franziskus abgesprochen war, erklärt allerdings, das geplante Gesetz könne gegen das Konkordat zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl aus dem Jahr 1984 verstoßen. Konkret seien die Freiheitsrechte der katholischen Kirche beeinträchtigt, so die Note aus dem Staatssekretariat an Italiens Vatikanbotschaft, von der italienische Medien am Dienstag berichteten.

Eine Demonstration gegen Homophobie in Rom im Jahr 2019
Eine Demonstration gegen Homophobie in Rom im Jahr 2019

Müssen katholische Schulen die Regenbogenfahne hissen?

Einige Kritiker fürchten, durch die „legge Zan“ könne allein schon der öffentliche Hinweis auf die kirchliche Lehre zu Ehe und Familie kriminalisiert werden, beispielsweise dass eine Ehe nach katholischem Verständnis nur zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden kann. Auch wird befürchtet, dass katholische Privatschulen in Italien zur Ausrichtung bzw. Teilnahme an einem nationalen „Tag gegen Homophobie“ verpflichtet werden könnten.

Die bisherige Kritik aus der italienischen Bischofskonferenz zielt außerdem auf die Ausführungen des Gesetzesvorhabens zur „Gender-Identität“, die aus katholischer Sicht „nicht akzeptabel“ seien, weil sie den biologisch gegebenen Unterschied zwischen Mann und Frau verwischten. Eine Diskriminierung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung sei schon durch die gegenwärtige Gesetzlage strafbewehrt; ein neues Gesetz in diesem Bereich sei daher gar nicht nötig. Kardinal Gualtiero Bassetti, der Vorsitzende von Italiens Bischofskonferenz, bescheinigte der „legge Zan“ eine „anthropologische Verwirrung“.

Der Abgeordnete Allesandro Zan (PD)
Der Abgeordnete Allesandro Zan (PD)

Gesetzesvorhaben spaltet Draghis Regierungs-Koalition

Außer Kardinal Parolin äußerte sich bei Vatican News auch der frühere Verfassungsrichter Cesare Mirabelli in diesen Tagen ausführlich zu den vatikanischen Bedenken gegenüber der „legge Zan“. Familien, die an der katholischen Lehre zu Ehe und Familie festhielten, könnten in bestimmten Situationen in Schwierigkeiten mit der Justiz geraten. Der geplante Aktionstag könne außerdem, wenn er zur Pflicht gemacht würde, gegen die Freiheit der Schulen sowie die Erziehungsfreiheit der Eltern verstoßen.

Der Abgeordnete Alessandro Zan von der Linkspartei PD hat das Gesetz im vergangenen November im Abgeordnetenhaus eingebracht. Es muss aber noch von der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, beschlossen werden. Das Vorhaben ist von politischer Sprengkraft, weil mittlerweile unter Draghis Führung eine breite Parteienkoalition an der Macht ist. Die links orientierten Teile der Regierungsmehrheit (PD und „Fünf Sterne“) treiben das Vorhaben voran, von rechts hingegen – der „Lega“ von Matteo Salvini oder „Forza Italia“ des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi – kommt Kritik.

(vatican news – sk)

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25. Juni 2021, 14:19