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Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen 

Kardinal Koch würdigt Dokument zur Rechtfertigungslehre

Die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ aus dem Jahr 1999 sei ein „einzigartiges Zeugnis ökumenischer Versöhnung“, sagt der Schweizer Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rats für die Einheit der Christen, in einem an diesem Freitag veröffentlichten Interview mit vatikanischen Medien.

Anlass des Gesprächs: Die neue italienische Übersetzung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“, die der päpstliche Einheitsrat und der Lutherische Weltbund am 3. Januar veröffentlicht hatten.

Eminenz, am 3. Januar 2021 haben der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen und der Lutherische Weltbund eine überarbeitete italienische Übersetzung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ (GE) herausgegeben. Worin liegt die besondere Bedeutung dieser Erklärung?

„Uns war es wichtig, auch einer Italienisch sprechenden und vor allem katholisch geprägten Welt dieses einzigartige Zeugnis ökumenischer Versöhnung noch besser bekannt zu machen.“

Kardinal Koch: Die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ von 1999 stellt einen bedeutenden Schritt auf dem Weg der katholisch-lutherischen Versöhnung dar. Die für unsere christliche Existenz so entscheidende Frage „Wie kommt der Mensch ins Heil und wie bleibt er im Heil?“ hatte im 16. Jahrhundert Kontroversen ausgelöst, die schließlich zur Kirchenspaltung führten. Nach Jahrhunderten konfessioneller Polemik war es Katholiken und Lutheranern 1999 möglich, in einem differenzierenden Konsens gemeinsam zu bekennen: „Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht aufgrund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken“ (GE 15).

Hier im Audio:Kardinal Kurt Koch über die neue Übersetzung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ und ihre Bedeutung für die Ökumene

Die jetzt publizierte Ausgabe enthält weitere Texte, die erstmals ins Italienische übersetzt wurden. Was hat es damit auf sich?

Kardinal Koch: Die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ von 1999 war als Frucht des katholisch-lutherischen Dialogs ursprünglich ein bilaterales Dokument. Erfreulicherweise hat sie in der Folgezeit eine multilaterale Rezeption erfahren. Auch der Weltrat Methodistischer Kirchen, die Anglikanische Gemeinschaft und die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen konnten ihr zustimmen. 2019 haben sich dann nicht nur Repräsentanten der Katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes, sondern auch Vertreter der genannten drei Weltgemeinschaften an der Universität von Notre Dame in Nordamerika getroffen und ihr gemeinsames ökumenisches Engagement für die weitere Zukunft bekräftigt. Alle diesbezüglichen Texte finden sich nun auch in der neuen Veröffentlichung. Uns war es wichtig, auch einer Italienisch sprechenden und vor allem katholisch geprägten Welt dieses einzigartige Zeugnis ökumenischer Versöhnung noch besser bekannt zu machen.

Im Unterschied zu anderen vorhandenen Übersetzungen hat die italienische Ausgabe auch ein ökumenisches Geleitwort, das von Ihnen, Herr Kardinal, und dem Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Pfr. Martin Junge, unterzeichnet ist. Warum haben Sie den 3. Januar 2021 als Publikationsdatum gewählt?

Kardinal Koch: Am 3. Januar 2021 jährt sich zum fünfhundertsten Mal die Exkommunikation Martin Luthers durch Papst Leo X. Dieses Ereignis stellt nach wie vor eine schmerzliche Wunde in der katholisch-lutherischen Trennungsgeschichte dar. Martin Luthers Verurteilung des Papstes als „Antichrist“ hat in vergleichbarer Weise zur gegenseitigen Entfremdung beigetragen. Der Lutherische Weltbund und der Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen sehen sich vor der Herausforderung, die mit der Exkommunikation Martin Luthers zusammenhängenden – historischen, theologischen und kirchenrechtlichen – Fragen in einer ökumenischen Perspektive zu erschließen. Eine ökumenische Expertengruppe ist seit Längerem mit dieser Aufgabe betraut. Wir hoffen, daß es möglich sein wird, in absehbarer Zeit auch ein „Gemeinsames Wort“ zu veröffentlichen. Ohne dem endgültigen Ergebnis vorgreifen zu wollen, war es Herrn Generalsekretär Junge und mir ein Anliegen, durch die Publikation der italienischen Ausgabe am fünfhundertsten Jahrestag der Exkommunikation Luthers zu zeigen: Wir wollen den Weg der Versöhnung unter der Führung des Evangeliums weitergehen.

„Wir wollen den Weg der Versöhnung unter der Führung des Evangeliums weitergehen“

Eminenz, welche weiteren Schritte katholisch-lutherischer Versöhnung haben Sie im Blick?

Kardinal Koch: Im Jahr 2030 begehen wir den fünfhundertsten Gedenktag des Augsburgischen Bekenntnisses. Die „Confessio Augustana“ ist heute Teil der lutherischen Bekenntnisschriften; 1530 war sie der letzte, leider gescheiterte Versuch, einer drohenden Kirchenspaltung zu begegnen. Das Augsburgische Bekenntnis enthält ein ökumenisches Potential, das Katholiken und Lutheraner neu entdecken können. Dieses Potential zu erschließen, könnte eine verheißungsvolle Aufgabe für die nähere Zukunft sein.

(vatican news - sst)

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08. Januar 2021, 12:12