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Vatikan-Tagung zu ethischen Investitionen: „Entscheiden, wie das Geld verdient werden soll“

Welche Anregungen geben Papst Franziskus‘ Enzykliken „Laudato si“ und „Fratelli tutti“ der Wirtschaft? Diese Frage stand an diesem Dienstag im Zentrum einer Tagung im Vatikan, an der auch hochkarätige Vertreter aus der Finanzwelt teilnahmen.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Ethische Geldanlagen für eine nachhaltige Welt“ und wurde aus der „Sala Marconi“ am Sitz von Radio Vatikan live auf Youtube übertragen. Initiator der Tagung war der Abteilungsleiter Italien der Südtirol Bank, Alfonso Meomartini. Er berichtete zum Auftakt von den Erfahrungen bei seiner Arbeit, die ihn zu dieser Tagung inspiriert hatten:

„Ich habe bei Geldanlagen bisher nie eine umweltfreundliche Perspektive gehabt. Ich arbeite seit rund 18 Jahren bei der Südtirol Bank. Als Abteilungsleiter für Italien habe ich die Möglichkeit, Vorschläge dafür zu machen, wo wir unsere Investitionen tätigen und Gewinn erzielen. Banken sind natürlich keine Wohltätigkeitsorganisationen, aber sie können sich daran orientieren.“

Gemeinsam mit den vatikanischen Kommunikationsdikasterium hat Meomartini die Tagung im Vatikan organisiert, an der unter anderem Manager von AISM Luxembourg, Natixis, Pramerica und J. Lamarck teilnahmen. Unter den Rednern war auch der Päpstliche Kulturbeauftragte, Kardinal Gianfranco Ravasi. Er unterstrich, dass jeder im Kleinen zu einer besseren Welt beitragen könne - und müsse. Wie Pater Augusto Zampini, beigeordneter Sekretär des vatikanischen Entwicklungsministeriums, hervorhob, sei die aktuelle Corona-Pandemie bei weitem nicht die einzige Krise, die alle betreffe:

„Wir haben eine Welt geschaffen, in der einige wenige sehr viel haben, und viele nichts haben.“

„Wir stehen vor einer der größten Krisen - der Umweltzerstörung - , die mit einer sozialen Krise verbunden ist. Und diese soziale Krise ist eine Krise der Ungleichheit: Wir haben eine Welt geschaffen, in der einige wenige sehr viel haben, und viele nichts haben, Und diese Krise fördern wir weiter.“

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Coronavirus-Pandemie macht bestehende Probleme deutlich

Die Corona-Pandemie habe solche bestehenden Ungleichheiten nur stärker sichtbar werden lassen, erklärte Zampini. Als Beispiel nannte er etwa Homeschooling und Homeoffice: Arbeiten und lernen per Internet könne nur, wer über die entsprechende technische Ausstattung verfüge. Papst Franziskus mahne nicht nur als Reaktion auf die Corona-Pandemie, sondern bereits mit seinem vor fünf Jahren veröffentlichten Schreiben „Laudato si“ eine Bekehrung aller für eine bessere Welt an. Bisher habe sich leider nicht allzu viel getan, so Pater Augusto Zampini:

„Heute haben wir eine soziale Krise mit sehr viel Ungleichheit. Wir haben das Wirtschaftssystem nicht geändert, haben jetzt eine Gesundheitskrise und wir haben vor allem eine enorme weitere Krise bei der Umweltverträglichkeit. Und wenn es kein gemeinsames Haus mehr gibt, dann gibt es auch keine Wirtschaft und keinen Finanzwelt mehr. Also ist das in unser aller Interesse. ,Laudato si‘ sagt, dass wir in die Menschen investieren müssen, andererseits ist das ein schlechtes Geschäft für die Gesellschaft. “

Würdigung der UN-Entwicklungsziele

Wie kann ein neues nachhaltiges Wirtschafts- und Finanzsystem entstehen, das den Menschen anstelle des Geldes ins Zentrum stellt? Pater Augusto Zampini vom vatikanischen „Entwicklungsministerium“ sieht erste Schritte in die richtige Richtung:

„Wie soll das Finanzsystem auf die weltweite Gesundheits, Wirtschafts-, Gesellschafts- und Umweltkrise reagieren? Gibt es gemeinsame Ziele, die alle Nationen gemeinsam vereinbart haben? Ja, die gibt es! Und es ist kein Zufall, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung vor fünf Jahren vereinbart wurden, nach dem Erscheinen von ,Laudato si‘.“

Es braucht: Neue Motivation, finanzielle Anreize und Regulierungen

Um diese 17 Ziele,- darunter etwa ein Ende der weltweiten Armut und des weltweiten Hungers - zu erreichen, sei ein radikaler Wandel nötig, wie ihn auch Papst Franziskus bereits in „Laudato si“ fordert:

„Doch die Leute ändern sich nicht einfach so, weil es ihnen der Papst oder Kardinal Ravasi sagen. Es muss zunächst einen Wandel unserer Werte geben. Und wie lässt sich das erreichen? Im Finanzbereich braucht es Anreize. Das ist ein sehr, sehr wichtiger erster Schritt zum Wandel: Anreize, nicht mehr in Dinge zu investieren, die der Umwelt schaden, wie zum Beispiel fossile Brennstoffe.“

„Anreize, nicht mehr in Dinge zu investieren, die der Umwelt schaden, wie zum Beispiel fossile Brennstoffe.“

Genauso wichtig seien Anreize, in erneuerbare Energien zu investieren. Auf diese Weise könne ein Bewusstseinswandel auf breiter Basis erwirkt werden. Es brauche zudem Regulierungen. Um eine Änderung des Wirtschafts- und Finanzsystems zu erwirken und die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, steht aus Sicht von Pater Zampini jedoch etwas anderes an erster Stelle: Nämlich, dass sich Bankiers und Investoren immer fragen, auf welche Weise sie ihr Geld verdienen wollen: auf ehrliche Weise und zu einem guten Zweck - oder mit Mitteln und Absichten, die man lieber verbirgt? 

(vatican news - sst)

 

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13. Oktober 2020, 13:39