Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in der  Saint Georges Kirche in Beirut Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in der Saint Georges Kirche in Beirut 

Kardinal Parolin im Libanon: Mehr als materieller Wiederaufbau

Diesen Freitag begeht die katholische Kirche weltweit auf Wunsch von Papst Franziskus einen Gebets- und Fastentag für den Libanon. Für den Papst reiste die Nummer Zwei des Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, dazu bereits am Donnerstag nach Beirut - und absolvierte ein umfangreiches Auftaktprogramm, das dem von Papstbesuchen nicht unähnlich war.

In der libanesischen Hauptstadt traf sich Parolin so am Abend mit Vertretern anderer christlicher Konfessionen in der maronitischen Kathedrale Saint-Georges. Anschließend begab er sich in die Wallfahrtskirche von Harissa, Notre-Dame du Liban, wo der Kardinalstaatssekretär am Donnerstagabend eine Messe feierte. Zunächst unterstrich er jedoch bei der interreligiösen Begegnung in Saint-Georges, die Pluralität, das friedliche Zusammenleben in Vielfalt, das den Libanon besonders auszeichne:

 „Lassen wir den Libanon nicht im Stich! Der Libanon ist eine Botschaft der Hoffnung, der Freiheit, ein Beispiel des Pluralismus für Ost und West. Zum Wohl des Landes aber auch der ganzen Welt dürfen wir nicht zulassen, dass dieses einzigartige Beispiel des Pluralismus verloren geht", sagte Parolin.

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Damit zitierte er fast wörtlich Papst Franziskus, der bei seiner Generalaudienz diesen Mittwoch mit ganz ähnlichen Worten einen flammenden Appell für den Libanon hielt. Am liebsten wäre Franziskus wohl selbst in den Libanon gereist, aber aufgrund der Corona-Pandemie sind dieses Jahr für ihn sämtliche Reisen flach gefallen. So schickte er Parolin in den Libanon, um das Land und die dortige Bevölkerung einen Monat nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut zu stärken.

Bei dem Unglück starben mehr als 200 Menschen; rund 6.000 wurden verletzt; 300.000 mussten ihre zerstörten Häuser verlassen. Parolin betonte in Beirut am Donnerstag auch, dass die Initiative des Papstes für den Libanon und der von ihm einberufene Gebets- und Fastentag auch international auf großes und positives Echo stießen.

Friedliche Zusammenarbeit und gemeinsame Verantwortung

„Unser Leid kann uns helfen, geläutert zu werden und uns im Willen, in Frieden und Würde zusammenzuleben, bestärken - sowie darin, für eine bessere Regierung zu kämpfen, die Verantwortung übernimmt und Transparenz zeigt“, so Parolin in Beirut.

Die libanesische Regierung unter Ministerpräsident Hassan Diab hatte nach der verheerenden Explosion Anfang August ihren Rücktritt erklärt. Viele Libanesen machten die Regierung für das Unglück verantwortlich. Die Explosion war sehr wahrscheinlich durch Chemikalien ausgelöst worden, die offenbar jahrenlang unsachegmäß im Hafenbereich gelagert waren.

„Gemeinsam können wir Gewalt und jegliche Form der Selbstherrlichkeit überwinden, indem wir eine inklusive Bürgerschaft fördern, die auf dem Respekt der fundamentalen Rechte und Pflichten besteht“, machte Parolin in Beirut Mut zu einem Neuanfang. Der Kardinal rief weiter dazu auf, bei allen politischen Führern des Libanon darauf zu beharren, dass sie „aufrichtig und mit konkreten Mitteln die Talente und den Wunsch nach Frieden und einer besseren Zukunft“ der libanesischen Jugend förderten. Er würdigte dabei auch konkret Beispiele der großen Solidarität, die es in Beirut nach der Explosion gab - dies mache Hoffnung für die Zukunft.

„Der Wiederaufbau des Libanon wird nicht nur auf materieller Ebene erfolgen“

In der Wallfahrtskirche von Harissa betonte Parolin in seiner Predigt: „Der Wiederaufbau des Libanon wird nicht nur auf materieller Ebene erfolgen.“ Beirut, werde „aus seiner Asche auferstehen“, so der Papstgessandte. „Wir haben alle Hoffnung, dass die künftige libanesische Gesellschaft mehr auf Recht, Pflichten, Transparenz, kollektiver Verantwortung und Dienst am Gemeinwohl basiert.“

Ähnlich hatte sich auch Franziskus am Mittwoch geäußert: Politiker wie Vertreter der verschiedenen Konfessionen hatte der Papst gemahnt, das Gemeinwohl im Blick zu haben und beim Wiederaufbau Transparenz und Ehrlichkeit walten zu lassen. Auch die Internationale Gemeinschaft hatte Papst Franziskus um Hilfe für den Libanon gebeten.

Papst berief Gebets- und Fastentag ein

Franziskus hatte den Gebets- und Fastentag für den Libanon, der diesen Freitag weltweit begangen wird, überraschend bei seiner Generalaudienz diesen Mittwoch ausgerufen:

„Ich will alle zu einem weltweiten Gebets- und Fastentag für den Libanon einladen - am kommenden Freitag, 4. September. Ich werden Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in meinem Namen in den Libanon entsenden, damit er an jenem Tag an meiner statt die Bevölkerung begleitet. Er wird allen meine Nähe und meine Solidarität versichern. Beten wir für den gesamten Libanon und für Beirut. Und lasst uns auch durch konkrete karitative Werke präsent sein. Ich rufe auch die Brüder und Schwestern anderer Religionen dazu auf, sich dieser Initiative anzuschließen - auf die Art und Weise, die sie für angemessen halten. Aber: alle gemeinsam!"

Die Bürger Beiruts bestärkte Franziskus, Hoffnung zu haben:

„Habt wieder Mut, Brüder und Schwestern. Glaube und Gebet mögen euch Kraft schenken, gebt eure Häuser und euer Erbe nicht auf. Haltet an dem Traum von einem schönen und fruchtbaren Land fest!“

Neustart wagen

Hoffnung – das Schlüsselwort für einen Neustart im Libanon, in allen Bereichen. Dabei helfen soll auch der von Papst Franziskus für diesen Freitag ausgerufene weltweite Gebets- und Fastentag für das Land.

(vatican news – sst) 

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04. September 2020, 10:00