Vatikanische Gendarmen beim vatikanischen Justizgebäude Vatikanische Gendarmen beim vatikanischen Justizgebäude 

Vatikan: Einheitliche Regeln für Verträge und Ausschreibungen

Der Vatikan hat ein neues Rahmengesetz erlassen, das für den Heiligen Stuhl und den Vatikanstaat gilt. Es geht um mehr Transparenz, zentrale Kontrolle und die Gewährleistung von Wettbewerb bei Vergabeverfahren. Damit soll eine bessere Verwaltung der Ressourcen ermöglicht und das Korruptionsrisiko verringert werden.

Mario Galgano und Massimiliano Menichetti – Vatikanstadt

Der Vatikan hat sich einen neuen, einheitlichen Kodex für Aufträge und Beschaffung von Gütern gegeben. Der Text ist das Ergebnis von vier Jahren gemeinsamer Arbeit verschiedener vatikanischer Einrichtungen und soll fortan als einheitliche Norm für alle Einrichtung der römischen Kurie und des Kleinstaates dienen. Sein Titel lautet „Vorschriften zur Transparenz, zur Kontrolle und zum Wettbewerb bei öffentlichen Aufträgen des Heiligen Stuhls und der Vatikanstadt“; das Werk besteht aus 86 Artikeln, denen weitere 12 Artikel über den Rechtsschutz bei Rechtsstreitigkeiten hinzugefügt wurden.

Zum Nachhören

Diese detaillierte Gesetzgebung, die durch ein Motu proprio des Papstes verkündet wurde, greift die im Dezember 2003 in Merida unterzeichnete Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption auf. Sie ersetzt die bisherigen Regelungen, die bereits bei der vatikanischen Güterverwaltung APSA und dem für den Kleinstaat zuständigen Governatorat in Kraft waren, und erstreckt sich auch auf alle Organe des Heiligen Stuhls, die bisher keine eigenen Gesetze für Verträge und Abkommen hatten.

Der fleißige Familienvater

„Der Fleiß des guten Familienvaters ist ein allgemeines Prinzip“, schreibt Papst Franziskus in seinem Motu proprio zu dem Vorhaben. (Fast lässt einen diese Formulierung an Angela Merkels berühmte Selbstbeschreibung als „schwäbische Hausfrau“ denken.) Die Möglichkeit, durch das Einholen mehrerer Angebote Einsparungen zu erzielen, sei entscheidend, erklärt der Papst. Dies scheine ihm vor allem „bei der Verwaltung öffentlicher Güter noch dringender nötig“, fügt er an.

Die Normen, so heißt es im Motu proprio, dienten „der Förderung von Transparenz, Kontrolle und Wettbewerb in den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge im Namen des Heiligen Stuhls und des Vatikanstaates“. Wirtschaftsakteuren, die Waren liefern oder Bau- und Dienstleistungen erbringen, sollen „Gleichbehandlung und die Möglichkeit der Teilnahme durch ein spezielles Register“ sowie spezifische Verfahren garantiert werden.

Kein Interessenkonflikt

Zu dem neuen Regelwerk gehören Maßnahmen gegen Interessenkonflikte, illegale Wettbewerbsvereinbarungen und Korruption, um „jegliche Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden und die Gleichbehandlung aller Wirtschaftsteilnehmer zu gewährleisten“.

Gründe für den Ausschluss

Wirtschaftsteilnehmer, die Gegenstand von Ermittlungen, Präventivmaßnahmen oder erstinstanzlichen Verurteilungen wegen „Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Korruption, Betrug, terroristischen Straftaten", "Waschen von Erlösen aus kriminellen Aktivitäten“ und „Ausbeutung von Kinderarbeit“ sind, werden von der Registrierung und Teilnahme an Ausschreibungen ausgeschlossen. Zu den Gründen für den Ausschluss gehört aber auch die Nichterfüllung von „Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen nach den Vorschriften des Landes, in dem ein Unternehmen ansässig ist“.

Zentralisierung

Abgesehen von bestimmten, als Ausnahme festgelegten Fällen werden „alle Waren und Dienstleistungen unter Androhung der Nichtigkeit des betreffenden Vertrages von den einzelnen Einrichtungen in der Regel zentral erworben“. Die „zentralisierten Behörden“, so liest man in Artikel 15, seien einerseits die APSA, was die Dikasterien der römischen Kurie und die mit dem Heiligen Stuhl verbundenen Institutionen betrifft ; und andererseits sei es für die Vatikanstadt das Governatorat.

Ausnahmen von der Zentralisierung sind zwar möglich, müssen aber begründet werden. Das Sekretariat für Wirtschaft wird nach Anhörung der APSA halbjährlich „eine Liste der Preise und Referenzgebühren für Waren und Dienstleistungen“ zusammen mit den Arbeitskosten der im Register eingetragenen Fachleute veröffentlichen und aktualisieren; sie werden unter Berücksichtigung der Preise und Gebühren auf den Märkten, auf denen die vatikanischen Institutionen beliefert werden, berechnet. Vatikanische Rechtsträger planen jeweils ihre Ankäufe bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres.

Mitarbeiter des Vatikans in den Prüfungsausschüssen

Beim Sekretariat für Wirtschaft wird eine Liste von Mitarbeitern und vorübergehend angestellten Fachleuten erstellt, die als Fachplaner und Mitglieder des Auswahlausschusses tätig sein sollen. Sie werden ausgelost und nehmen an der Rotation in den Ausschüssen teil, immer entsprechend ihrer spezifischen beruflichen Qualifikation. Die „Unvereinbarkeiten“ mit der Aufnahme in die Liste sind dabei sehr detailliert.

(vatican news)

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01. Juni 2020, 12:00