Kurienkardinal Kevin Joseph Farrell Kurienkardinal Kevin Joseph Farrell 

Kardinal Farrell: Durch Corona lernen, für den anderen zu sorgen

Familien und junge Leute werden nun noch ein wenig warten müssen, bis sie sich zu ihren nächsten weltweiten Treffen zusammenfinden können: Wegen Corona wurden sowohl das Weltfamilientreffen als auch der nächste Weltjugendtag wurden um jeweils ein Jahr verschoben - auf 2022 beziehungsweise auf 2023. Wir haben mit dem Leiter des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben, Kardinal Kevin Joseph Farrell, gesprochen und ihn nach den Gründen für diese Entscheidung gefragt.

„Ich bin sicher, dass die meisten Ihrer Zuhörer, Zuschauer und Leser verstehen und wissen, dass sich die Situation in der Welt radikal geändert hat. Die katholische Kirche organisiert diese Treffen schon seit vielen Jahren. Aber angesichts der weltweiten Situation und des Coronavirus, der unsere Leben und die Welt auf vielfältige Weise geändert hat, mussten wir darüber nachdenken, ob es möglich sein würde, solche Veranstaltungen überhaupt zu organisieren.“

Zum Nachhören

Auch die Sicherheit der Familien, die unter Umständen weite Reisen auf sich nehmen, um an dem katholischen Großereignis teilzunehmen, müsse gewährleistet sein, gibt der amerikanische Kurienkardinal mit irischen Wurzeln zu bedenken. Es sei kaum anzunehmen, dass Familien sich so kurze Zeit nach einer schlimmen Pandemie, wie sie Italien derzeit erlebt, nach Rom trauen würden. Ähnliches gelte für den Weltjugendtag. „Es ist derzeit einfach nicht ratsam, eine Million junge Menschen auf einmal in einer einzigen Stadt zusammenzurufen. Es ist nicht ratsam, bis wir nicht wissen, dass sie in Sicherheit sein werden,“ so Farrell.

„Es ist derzeit einfach nicht ratsam, eine Million junge Menschen auf einmal in einer einzigen Stadt zusammenzurufen“

Zahlreiche Menschen aus etwa 150 Ländern weltweit nähmen für gewöhnlich am Weltfamilientreffen teil, die logistische und finanzielle Organisation für das Treffen, das für Juni 2021 anberaumt war, hätte praktisch in diesen Wochen beginnen müssen – kaum denkbar angesichts des aktuellen Lockdowns, der auch nach einer Lockerung voraussichtlich noch mit zahlreichen Einschränkungen verbunden sein wird. „Und deshalb wäre es zum jetzigen Zeitpunkt unvorsichtig, eine solche Entscheidung zu treffen, denn wir wissen nicht genau, wie die Situation unserer Welt sein wird, wenn diese Pandemie ein Ende finden wird.“

Die Organisation der Internationalen Großereignisse sei jedoch nicht das tägliche Brot seines Dikasteriums, gibt Farrell Einblick. Vielmehr kümmere man sich in Zusammenarbeit mit den lokalen Bischofskonferenzen weltweit um die Förderung von Belangen, die mit Familie, Laien und Lebensschutz zusammenhängen, und dieser Arbeit gehe man auch weiterhin nach – derzeit natürlich verstärkt via Internet und Telefonkonferenzen. Physisch kämen – im Einklang mit den Vorgaben, die der Papst seinen Dikasterien gemacht hatte – jeweils nur sehr wenige Mitarbeiter, erzählt Farrell. Die Situation biete jedoch vor allem für die Familien auch die Möglichkeit, ganz neue Seiten an sich kennenzulernen…

„Familien sind die Basis all unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens“

„Ich denke, die Worte des Papstes während dieser Zeit sind außerordentlich. Auch seine Frühmessen, die er jeden Tag um 7 Uhr morgens feiert. Ich weiß, sie werden weltweit ausgestrahlt, und es wäre gut, genau hinzuhören, was er zu sagen hat. Familien sind die Basis all unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. In unser Familie lernen wir die Werte, die uns in allem leiten sollten, was wir tun. Heute mehr denn je sind die Familien auf sich selbst zurückgeworfen, hängen völlig voneinander ab, alle Ablenkungen sind abgeschaltet. Die meisten von uns leben jetzt sehr eng miteinander. So lernen sie, mehr als je zuvor, sich umeinander zu kümmern.“

Die Coronakrise zeige, dass das Zurückziehen auf Individualismen sinnlos sei, denn auch das, was weit weg von einem selbst geschehe, betreffe letztlich die ganze Menschheit. Er hoffe, dass dies die größte Lektion sein werde, die die Menschen aus dieser schwierigen Situation mitnehmen werden: „Wir sind eine Familie! Was einem von uns geschieht, geschieht uns selbst. Wir müssen uns um andere Leute kümmern. Du lernst das, und du lernst den Wert anderer Menschen im Familienleben kennen. Und ich bete und hoffe, dass das einer der Aspekte sein wird, der am meisten hängen bleibt.“

„Was einem von uns geschieht, geschieht uns selbst“

Weltweit gehe es nun darum, Differenzen beiseitezulegen und den anderen zu helfen, um gemeinsam diese Situation zu überleben, appelliert der Kurienkardinal. „Wir brauchen einen größeren Sinn von Solidarität mit Menschen, nicht nur mit denen aus unserer eigenen Nachbarschaft oder Nation, sondern auf der ganzen Welt. Der zweite Punkt ist, was unser Papst Franziskus heute Morgen über das Schweigen gesagt hat. Das ohrenbetäubende Schweigen all der Ablenkungen, die unser tägliches Leben bestimmen oder bestimmt haben. Es ist eine Zeit des Nachdenkens, Zeit, in unsere Herzen und Seelen zu blicken, eine Zeit, und auf den Geist, auf unsere innere Stimme zu hören, die uns sagt, wie wichtig es ist, die anderen zu lieben und für sie da zu sein. Für Familienmitglieder, aber auch für die große Menschheitsfamilie.“

(vatican news - cs)

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21. April 2020, 13:20