Vatikan würdigt Mahatma Gandhi

150 Jahre Mahatma Gandhi: Der große Prophet der Gewaltlosigkeit wurde am 2. Oktober 1869 geboren, das ist auch für den Vatikan Grund zum Feiern. Ein interreligiöser Kongress des Päpstlichen Dialogrates beschäftigt sich in diesen Tagen in Rom mit dem Mann, der Gewaltlosigkeit einmal als „die stärkste Kraft, die dem Menschen zur Verfügung steht“, bezeichnet hat.

Stefan von Kempis - Vatikanstadt

Der Präsident des Dialograts (und ab Samstag Kardinal) Miguel Ángel Ayuso Guixot findet die Lehre von der Gewaltlosigkeit gerade heute aktuell, wo sich die Fälle religiöser Intoleranz häufen. „Das Wort ‚ahimsā‘ bedeutet bei Gandhi nicht nur etwas Passives – dass man also niemandem Schaden zufügt“, so Ayuso im Gespräch mit Vatican News. „Es meint auch etwas Positives, es hat etwas mit Liebe zu tun. Für Gandhi war ‚ahimsā‘ die höchste Form der Liebe. Und es ist durch diese Art Liebe, dass alle Grenzen überwunden und jeder Mensch angesprochen wird, auch der Übelwollende, der Bösartige, sogar das personifizierte Böse.“

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Es passt in dieses Bild, dass Gandhi, damals geistiger Anführer der Bewegung für eine Unabhängigkeit Indiens, 1939 einen Brief an Adolf Hitler geschrieben hat, um ihm Kriegspläne auszureden. Die Anrede: „Lieber Freund“; der Krieg brach trotzdem aus.

„Nicht nur die lieben, die uns lieben“

„Gandhi lehrte, dass es keine Gewaltlosigkeit ist, wenn wir nur die lieben, die uns auch lieben. Gewaltlosigkeit bedeutet, die zu lieben, die uns hassen. Damit ist sie ein Gegenmittel zu Krankheiten in der Gesellschaft, ein Gegengift zu Hass und Konflikt. Das ist unser Ansatzpunkt, den wir im Dialog mit Vertretern verschiedener religiöser Traditionen besprechen – auch um einmal eine universell gültige Ethik vorschlagen zu können…“

Eigentlich, so der künftige Kardinal, müssten die Religionen „einen schönen Regenbogen“ oder eine „große Symphonie“ der Ungleichen, aber miteinander Harmonierenden bilden – und das würde dann auch auf unsere so zerrissene Welt abfärben. Friede sei „ein Produkt der Liebe“.

„Haben wir versagt? Wo ist dieser Friede denn?“

„Darum könnte man sich fragen: Haben wir in dieser Hinsicht versagt? Wo ist dieser Friede denn? Wie kriegen wir es hin, Früchte des Friedens und der Geschwisterlichkeit hervorzubringen? Hier haben die Religionen und Religionsführer eine große Verantwortung. Auch das Dokument von Abu Dhabi, das Papst Franziskus und der Großscheich von al-Azhar Ahmed al-Tayyeb im Februar unterzeichnet haben, trägt uns das auf: den Frieden zu fördern, wo immer wir können, und dadurch Perspektiven menschlicher Geschwisterlichkeit und harmonischen Zusammenlebens zu eröffnen.“

Johannes Paul II. rezitierte an Gandhis Grab die Seligpreisungen

Obwohl er eine der großen religiösen Persönlichkeiten seiner Zeit war, ist es übrigens nie zu einer Begegnung Gandhis mit einem Papst seiner Zeit gekommen. Seine Bitte um eine Audienz bei Pius XI. wurde abgelehnt – angeblich, weil Gandhi „nicht vorschriftsmäßig gekleidet“ war, in Wirklichkeit vielleicht, weil eine solche Audienz den Briten nicht gepasst hätte.
Peter Gonsalves weist in seiner Studie „Gandhi and the Popes“ von 2014 darauf hin, dass die Vatikanzeitung Osservatore Romano zwei Wochen vor einem Rombesuch des Inders auf der ersten Seite einen lobenden Artikel veröffentlichte mit dem Titel „Wie Gandhi von Gott spricht“.

Der hl. Papst Johannes Paul II. betete im Februar 1986 bei seinem Besuch in Neu-Delhi an Gandhis Grabmal. Dabei erklärte er, dieser Ort gehöre in gewisser Weise „der ganzen Menschheitsfamilie“, und rezitierte die Seligpreisungen Jesu.

(vatican news)
 

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02. Oktober 2019, 13:15