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Missbrauchsgipfel im Vatikan: Charles Scicluna, Erzbischof von Malta, ist einer der Organisatoren Missbrauchsgipfel im Vatikan: Charles Scicluna, Erzbischof von Malta, ist einer der Organisatoren  

Missbrauchsbeauftragter: Die Kultur des Schweigens brechen

An die Stelle des Schweigens muss eine Art „Empowerment“ treten: die Stärkung von Wissen und Handlungswillen bei den Christen. Nur so kann die Kirche tatsächlich zu einem „sicheren Hafen“ für Schutzbedürftige werden. Das fordert der vatikanische Missbrauchsbeauftragte, Erzbischof Charles Scicluna, im Interview mit Vatican News.

 

Silvia Kritzenberger und Fabio Colagrande - Vatikanstadt

Papst Franziskus hat von Donnerstag bis Sonntag ein weltweites Treffen zu Missbrauch und Kinderschutz in der katholischen Kirche einberufen. An der beispiellosen Versammlung in Rom nehmen die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen teil, einschließlich unierter Ostkirchen, sowie 30 Vertreterinnen und Vertreter von Ordensgemeinschaften. Außerdem die Leiter von 14 Vatikan-Behörden sowie Missbrauchsopfer aus allen Erdteilen. Das Treffen soll die Führung der katholischen Kirche umfassend mit dem Thema Missbrauch und der Verantwortlichkeit der Hierarchie konfrontieren.

Die Unschuld der Kinder: ein Herzensanliegen Jesu

Charles Scicluna, einer der Organisatoren des Missbrauchsgipfels im Vatikan, ist Erzbischof von Malta und bei der vatikanischen Glaubenskongregation für die Aufklärung von Missbrauchsfällen zuständig. Der 59-Jährige gilt als „Chefaufklärer“ des Papstes in Sachen Missbrauch. Von dem viertägigen Treffen im Vatikan erwartet er sich konkrete Ergebnisse.

„Wir haben es hier schließlich mit einem Herzensanliegen Jesu zu tun – der Unschuld der Kinder –, und wir müssen die Einladung des Herrn annehmen: Lasst die Kinder zu mir kommen,“ betont Scicluna. Im Vordergrund stehe also die Prävention, der Schutz der Jugend, aber auch das Hören auf das Wort des Guten Hirten, der sein Leben gibt für seine Herde. Es gehe darum, das Evangelium umzusetzen und im gegenwärtigen Kontext sicherzustellen, dass die Sicherheit der jungen Menschen integraler Bestandteil der Frohen Botschaft werde.

Zunächst ist das Zuhören wichtig

Es sei eine vom Heiligen Vater einberufene Versammlung, an der die gesamte Leitung der Kirche beteiligt ist, erklärte der Erzbischof. Auf dem Programm stünden Referate mit Fragerunden sowie Gespräche in Kleingruppen. Damit werde allen Teilnehmern die Möglichkeit gegeben, ihre Hoffnungen, Frustrationen und Wünsche zum Ausdruck zu bringen. Wichtig sei also zunächst einmal das Zuhören.

Mit Spannung werde die Schlussansprache des Papstes am Sonntag erwartet. Es gehe aber nicht nur darum, dem Papst zuzuhören. Auch die anderen Konferenzteilnehmer müssten gehört werden, damit dieses Event eine weitere wichtige Etappe auf dem Weg gegen den Missbrauch werden könne, den die Kirche schon vor Jahren eingeschlagen hat.

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Verantwortung, Rechenschaft, Transparenz

Die drei Themen des Treffens – Verantwortung, Rechenschaft und Transparenz – hält der Missbrauchsbeauftragte für gleich wichtig. „Mit Verantwortung ist das gebotene Engagement aller in diesem Bereich gemeint. Rechenschaft bedeutet, dass wir nicht nur Gott, sondern auch dem Volk Gottes und der ganzen Kirche verantwortlich sind. Transparenz ist wichtig, denn das Gottesvolk muss schließlich wissen, wer der „Wolf in der Herde“ ist. Alle drei Elemente sind wesentlich, weil sie das umschreiben, was heute ein gesundes und effizientes Leadership ausmacht.“

Ein zentraler Punkt sei natürlich auch die Prävention, führt Scicluna weiter aus. Um Missbrauch in der Kirche besser vorbeugen zu können, müsse ein Umfeld geschaffen werden, in dem dieser erschwert werde, fordert er. Es gelte, die weit verbreitete „Kultur des Schweigens“ zu brechen: die Kultur der „Omerta“, der Verschwiegenheitspflicht, wie sie die Mafia unterhalte. Stattdessen müsse es eine Art „Empowerment“ geben: die Stärkung von Wissen und Handlungswillen bei den Christen. Nur so könne die Kirche tatsächlich zu einem „sicheren Hafen“ für Schutzbedürftige werden.

Nicht nur sexuellen Missbrauch, sondern auch Machtmissbrauch bekämpfen

In der Kirche gelte es aber nicht nur, dem sexuellen Missbrauch den Kampf anzusagen, sondern auch dem Missbrauch von Macht. Jeder dieser Kämpfe sei schwierig, weil der Kampf gegen unsere Habsucht, unseren Hochmut, die Sünde, weitergehe, gab Scicluna zu bedenken.

Der Herr hat uns vorgelebt, wie Dienst in der Kirche auszusehen hat...

„Meiner Meinung nach hat uns der Herr mit der Fußwaschung ein sehr wirksames Bild dafür gegeben, wie Dienst in der Kirche auszusehen hat. Und wenn wir seinem Beispiel nicht folgen, verraten wir diesen Auftrag, den uns der Herr selbst vorlebte, indem er sein Leben hingegeben hat für die Herde,“ so der Rat des Missbrauchsbeauftragen.

Abschließend geht der Erzbischof auch auf das Thema Glaubwürdigkeit der Kirche ein. Er verweist diesbezüglich auf das Beispiel der vielen Priester und Ordensleute, die auf der ganzen Welt schweigend und mit Treue, Einsatz und Großzügigkeit ihren Dienst versehen:

Vorbildliche Priester und Ordensleute machen keine Schlagzeilen

„Natürlich werden sie nie auf den Titelseiten der Zeitungen landen. Aber sie sind wie ein Wald, der in der Stille wächst und den ein oder anderen umgestürzten Baum auffängt. Wir müssen den Blick auf diesen Wald richten, der im Wachsen begriffen ist, und die „Wölfe“ von unseren Gemeinschaften fern halten. Wir müssen darum beten, dass unsere Priester dem Beispiel des Guten Hirten folgen.“

(vatican news)

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20. Februar 2019, 12:57