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Kinderschutz-Konferenz: „Eine intensive Erfahrung“

Wird jetzt der Zölibat aufgehoben? Müssen jetzt Richtlinien zum Umgang mit Missbrauch in allen möglichen Ländern umgeschrieben werden? Auf diese Fragen von Journalisten versuchten Teilnehmer der vatikanischen Kinderschutz-Konferenz am Donnerstagnachmittag zu antworten.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Dem Zölibat, und ob er angesichts der Missbrauchsskandale nicht aufgehoben werden sollte, galt auf der Pressekonferenz in der vatikanischen „Sala Stampa“ die erste aller Fragen, vorgebracht von einem deutschen Journalisten. „Das ist ein Thema, über das sich wohl reden lässt“, antwortete darauf Jesuitenpater Federico Lombardi, der Moderator der Konferenz. „Aber unser Eindruck ist, dass die Themen Missbrauch und Zölibat nicht direkt miteinander zusammenhängen. Bisher ist das Thema also nicht aufgekommen, es kann aber sein, dass es in den Arbeitsgruppen oder im Plenum einmal vertieft wird.“

Denn die Konferenz hat ja gerade erst begonnen. Allerdings, es war ein starker Auftakt, in dem Eindruck waren sich alle einig, die auf dem Vatikan-Podium das Wort ergriffen. „Ich glaube, das war eine starke und intensive Erfahrung für jeden“, sagte der kommissarische Vatikansprecher Alessandro Gisotti: „Aus meiner Sicht haben wir einen Moment des wirklichen Zuhörens erlebt – das, was die Opfer von Missbrauch immer wieder einfordern.“

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Wir wollten klarmachen, dass das nicht nur ein nordamerikanisches oder westeuropäisches Problem ist

Auch Lombardi gab an, er sei „sehr bewegt gewesen“ über die Aussagen der Missbrauchsopfer, die während des Treffens per Audio-Aufnahme zu Wort gekommen seien. Es scheine ihm richtig, dass diese Berichte am Anfang der Beratungen gestanden hätten.

„Es war nicht leicht, Stimmen von allen Kontinenten zusammenzubekommen“, erläuterte der deutsche Jesuit Hans Zollner, einer der Haupt-Organisatoren der Konferenz. „Aber das war das Ziel: Wir wollten damit klarmachen, dass das nicht nur ein nordamerikanisches oder westeuropäisches Problem ist. Es waren anrührende, brutale, ehrliche Aussagen – da wurde nichts ausgelassen.“ Nach den Berichten der Opfer habe in der Synodenaula des Vatikans einige Minuten lang Schweigen geherrscht.

Das Wort verschlagen hat es den Teilnehmern der Konferenz allerdings nicht: Im nicht-öffentlichen Teil der ersten Plenarsitzung wurde, so war bei der Pressekonferenz zu hören, schnell über alle möglichen Aspekte von Missbrauchsfällen gesprochen.

Wie soll sich eine kleine Ortskirche verhalten?

„Im Moment von Frage und Antwort ging es darum, wie man dieser Plage Herr werden kann, wenn man nur eine kleine Ortskirche ist, die mit dem Problem womöglich noch keine Erfahrung hat.“ Das erzählte der Präfekt des vatikanischen Kommunikations-Sekretariats, Paolo Ruffini. „Wie man also die Ausbildung, die Lösungen und auch die nötigen Geldmittel in diesem Bereich teilen kann – denn sonst sind Schmerz und Scham der einzige gemeinsame Nenner. Außerdem ging es darum, wie man dafür sorgt, dass die Bischöfe auf das Volk Gottes hören und mit ihm zusammenarbeiten, statt sich unantastbar zu fühlen.“

Weiteres Thema hinter verschlossenen Türen laut Ruffini: die manchmal schwierige Zusammenarbeit zwischen Bischöfen und Orden oder geistlichen Gemeinschaften.

Papst Franziskus hatte – das war eine der Überraschungen des Tages – den Teilnehmern an der Kinderschutz-Konferenz mehrere Druckseiten mit konkreten Vorschlägen und Ideen aushändigen lassen, die er in letzter Zeit im Stillen zusammengetragen hat.

„21 Punkte sind ein Ausgangspunkt“

„Diese Punkte sind das Ergebnis des Nachdenkens und Punkte-Auflistens von Papst Franziskus“, so Lombardi; „sie machen ganz klar, was er meint, wenn er von Konkretheit und wirksamen Maßnahmen spricht. Zu diesen Punkten gehören ein Praxis-Handbuch, Strukturen zum Zuhören, die Meldung von Straftaten an die weltliche Justiz, die regelmäßige Aktualisierung der Normen, die Begleitung von Opfern und die ständige Weiterbildung von Priestern und Kirchenleuten. Auch die Seelsorge an den durch Missbrauchsfälle verletzten Gemeinschaften ist ein wichtiger Punkt – denn es leiden ja nicht nur die Missbrauchten, sondern auch ihre Familien und die Menschen in ihrem Umfeld.“

Es gebe da auch einen Punkt, „mit dem wir vielleicht nicht gerechnet haben“, der aber doch sehr konkret sei, so Lombardi: die Forderung, das Mindestalters zur Heirat flächendeckend auf 16 Jahre anzuheben. „Das ist ein wichtiger Punkt; die Kirche besteht darauf, dass für das Eingehen einer Ehe eine gewisse Reife Voraussetzung ist, besonders bei den Frauen. Denn oft verbirgt sich hinter dem Phänomen der Kinderhochzeit der Missbrauch.“

Generell meinte der frühere Papstsprecher über die 21 Punkte aus Franziskus‘ Feder: „Das ist ein Ausgangspunkt. Der Papst verkauft das nicht als Ergebnis des Treffens, er gibt uns aber zu verstehen, dass er erwartet, dass von dem Treffen starke Impulse oder Anweisungen ausgehen in einer Reihe von Fragen, die die Kirche betreffen.“

„Viele Menschen erwarten konkrete Ergebnisse“

Denn die Kirche muss jetzt liefern, darauf insistierte Lombardis deutscher Ordensbruder Zollner: „Viele Menschen erwarten konkrete Ergebnisse. Die Liste des Papstes abzuarbeiten, wird ein bisschen Zeit brauchen. Aber es gibt Dinge, die hoffentlich schon bald geliefert werden können.“

„Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass lokale Richtlinien als Ergebnis dieses Treffens überarbeitet werden“, mahnte der maltesische Erzbischof Charles Scicluna, einer der wichtigsten Akteure im Vatikan-Einsatz gegen Missbrauch. „Aus den 21 Punkten, über die der Papst zur Diskussion eingeladen hat, ergibt sich bestimmt die Notwendigkeit einer Überarbeitung von Richtlinien. Ich bin mir sicher, dass es in unserem Beurteilen und unseren Prozeduren künftig eine stärkere Rolle der Opfer geben muss.“

(vatican news)
 

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21. Februar 2019, 15:14