Suche

IMG_4637.JPG

Pressebriefing: Kinderschutz-Konferenz markiert Wende

Fünf Teilnehmer und eine Teilnehmerin der vatikanischen Kinderschutz-Konferenz haben am Samstagnachmittag ihre persönliche Erfahrung aus dem Treffen vor Journalisten dargelegt. Die einen würdigten den „spirituellen Aspekt“ der Begegnung, andere hoben hervor, dass damit ein Wendepunkt eingeleitet sei.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Als intensivsten Moment des Treffens bezeichnete der Moderator, Pater Federico Lombardi, das Zeugnis, das eine als Kind missbrauchte Frau am Freitagabend vortrug. Dabei sei klargeworden, dass der Kontext des Zuhörens sehr wichtig sei und allen sei bewusst, dass dies Gutes bewirke. Die Kirche mache durch Zeugnisse der Opfer und Vorträge, wie sie bei der Konferenz gehalten wurde, Fortschritte, so Pater Lombardi. „Alle waren ergriffen“, fasste der Italiener zusammen.

Zum Nachhören

Stimme der Frauen

Lombardi wies zudem darauf hin, dass die Bedeutung der Stimme von Frauen durch die Vorträge von Linda Ghisoni und Schwester Veronica Openibo deutlich wurde. „Papst Franziskus ist das bewusst“, so Lombardi. Eine weitere Besonderheit der Konferenz sei die Dynamik der Arbeitsgruppen gewesen. Die Teilnehmer seien eindeutig verändert worden, trotz der Kürze der Tagung, betonte er. Der gemeinsame Weg der Erfahrung sei als Fortschritt wahrgenommen werden. Das sei auch der Tatsache zu verdanken, dass die Referenten der Arbeitsgruppen sehr unterschiedlich gewesen seien. 

Kollegialität in der Kirche fördern

Der Präfekt des vatikanischen Kommunikationsdikasteriums, Paolo Ruffini, sagte, alle Arbeitsgruppen hätten die positive Entwicklung des Treffens festgestellt. Solche Initiativen seien wichtig im Kampf gegen Kindesmissbrauch. Nun gehe es darum, Zusammenarbeit und Kollegialität in der Kirche zu vertiefen. Weitere Punkte waren die Frage nach Dezentralisierung, die Rolle der Laien, von Frauen und Familien. Vor allem die Familie sei in der Krise - es gebe eine Krise der Erziehung und der Jugendlichen, was die Kirche negativ beeinflusse. Denn so entstünden fragile Menschen. Ruffini sprach von einer Verzerrung der Gesellschaft. Nun gehe es darum, die Verantwortung des Volk Gottes für eine Kultur zu stärken, die den Kinderschutz in den Vordergrund rücke.

Kardinal Marx erzählte, dass ein Bischof ihn am Samstagmorgen fragte, ob es denn wirklich nötig war, eine solche Kinderschutz-Konferenz zu organisieren. Die meisten Teilnehmer seien zu dem Ergebnis gekommen: „Es war ein wichtiges Gespräch, wie ich es vor zehn Jahren nicht erwartet hätte“, so Kardinal Marx. Er gebe den Missbrauchsopfer-Verbänden Recht, es werde zu viel geredet und zu wenig gehandelt. „Eine solche Konferenz ist kein Endpunkt, da wir keine Beschlüsse gefasst haben. Aber was sind die Folgen? Nun, es geht weiter“, so Kardinal Marx bei der Pressekonferenz am Samstag im Vatikan.

Konkrete Ergebnisse umsetzen

Es gehe nun darum, die Inhalte der Dokumente, die es ja schon gibt oder die erarbeitet wurden, auch konkret umzusetzen, fuhr der Münchener Kardinal fort. Sich gegenseitig helfen sei wichtig. Bistümer und Ordensgemeinschaften sollten Fakten überprüfen, wie dies die irischen Bischöfe bereits täten, schlug Marx vor.

Die Kinderschutz-Konferenz sei ein Testfall für die Kirche: „Wie kommen wir weiter? Es geht um die Übertragung der Gesprächsergebnisse auf andere. Ich sehe es als guten Schritt nach vorne an, wie wir und was wir gesprochen haben“, so Kardinal Marx. Er fände es nicht gut, wenn der Vatikan in fünf Jahren wieder eine solche Konferenz austragen müsse.

Der Generalobere Sosa erläuterte, wie er die Konferenz persönlich erlebt habe und gab eine „geistliche Perspektive“ an. Es gehe darum, Antworten auf die Bitten des Papstes zu finden, um die Fehler der Vergangenheit wieder gut machen. „Es wurden konkrete Schritte erarbeitet und es ging auch darum zu verstehen, wie man das umsetzen kann. Die Wahrheit erkennen und aussprechen, also alles ans Licht zu bringen, darum ging es." Bei den sexuellen Übergriffen müsse man auch die Gründe erarbeiten, die dazu geführt hätten. Es gehe darum, die Kulturen, die dahinter steckten, zu erkennen und daraufhin die Probleme anzupacken.

„Das war mutig!“

Die afrikanische Ordensfrau Veronica Openibo sagte, ihre Mitschwestern seien zunächst unzufrieden gewesen, weil ihr Name erst am Ende der Konferenz-Redner stand. „Sie sagten, das sei immer so, dass Ordensfrauen am Schluss sprechen und einfach als zweitrangig betrachtet werden“, so die Ordensfrau. Es habe sich aber etwas getan, als das weibliche Missbrauchsopfer sprach, das habe viel bewirkt. „Das war mutig“, so Schwester Veronica. „Wir fühlen uns alle als Teil des Missbrauchs und müssen ein Mea culpa aussprechen“, fügte sie an. Drei Stichwörter seien bei ihr hängengeblieben: Dialog zwischen Kollegialität und Synodalität. Es gehe nun darum, die geteilte Verantwortung auch in die Tat umzusetzen, damit die Kirche als Gemeinschaft voranschreiten könne. Man solle vor allem auf die Fähigkeit des Zuhörens achten.

Der maltesische Erzbischof Charles Scicluna, der an der Glaubenskongregation für die Aufklärung der Missbrauchsfällen zuständig ist, war von den Zeugnissen und Vorträgen der Frauen ebenfalls beeindruckt. „Auch der Papst war gerührt. Die Frauen, die gesprochen haben, haben jene Weisheit gezeigt, welche die Kirche braucht. Es waren unglaubliche 48 Stunden, die wir verbracht haben“, sagte Scicluna.

Transparenz und Kultur der Offenlegung müssten gefördert werden, fuhr der vatikanische Kinderschutzfachmann fort. Doch gebe es nicht nur ein Problem der Transparenz, sondern auch der Teilung von Informationen zwischen den Diözesen, „die miteinander gar nicht sprechen“. „Das schulden wir den Opfern“, so Scicluna. „Die Opfer werden auch nicht informiert, wie der Ausgang der Kirchenprozesse war. Sie werden höchstens als Zeugen gehört“, erläuterte Scicluna. Auch das Thema des Päpstlichen Geheimnisses habe viele Konferenz-Teilnehmer bewegt, und alle seien sich einig, dass das überarbeitet werden sollte.

Zur Sprache kam auch die Frage der Übergriffe, die bei Ordensgemeinschaften stattfänden. Dort sei die Aufarbeitung schwieriger, weil es sich meist um sehr „eigenständige Strukturen“ handele. Ein weitere Punkt sei auch der Wunsch der Opfer, dass ihnen auch außerhalb der intensiven Konferenz begegnet werde und sie betreut würden.

(vatican news)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

23. Februar 2019, 15:05