Clemens Blattert SJ mit Julia Brabant Clemens Blattert SJ mit Julia Brabant 

Der Synodenblog – Tag 5

Dreieinhalb Wochen debattieren Bischöfe, Fachleute und auch einige Jugendliche aus der ganzen Welt im Vatikan über Jugend, Glaube und Erkenntnis der Berufung. Mit dabei als eingeladener Experte aus Deutschland: Clemens Blattert SJ. Er schreibt für Vatikan News einen Blog. Heute: Tag 5.

Liebe Leserinnen und Leser,

diese Zeilen schreibe ich in Eile, da die Sitzung heute Morgen einiges an Arbeit für mich mit sich brachte. In diesen Minuten steht dann schon die nächste Expertensitzung an. Die Synode hat inzwischen richtig Fahrt aufgenommen. In den ersten Tagen, vor allem in den Circuli minori, haben wir uns mit dem Arbeitsdokument vertraut gemacht. Nun dürfen die Bischöfe Veränderungs-, Verbesserungs- und Ergänzungsvorschläge machen. Da bin ich in der deutschen Gruppe voll eingebunden. Wenn die Circuli einen Änderungswunsch haben, muss ein sogenannter Modus geschrieben werden. Alle Modi werden gesammelt und am Ende der Diskussion des ersten Teils (bei uns ist es heute Nachmittag soweit) wird über sie abgestimmt. Wenn ein Modus eine Zweidrittelmehrheit erreicht, wird er eingereicht.

Je nachdem, wie oft jemand von einem Kardinal angelächelt wird...

Interessant ist die Vorbereitung der Modi, die meisten so funktioniert: Zuerst wird diskutiert, bis jemand einen guten Vorschlag bringt. Entweder sagt jemand direkt: „Ich schreibe dazu gerne einen Vorschlag“ oder ein episcopus gravis lächelt jemanden an und sagt: „Das haben Sie so schön gesagt. Ich denke, Sie könnten den Modus schreiben.“ Ernsthaft, konstruktiv, hörend, engagiert, aber eben auch mit Humor arbeiten wir. An diesen Modi haben wir gestern gearbeitet – je nachdem, wie oft jemand von einem Kardinal angelächelt wurde, konnte dabei der ganze Sonntag draufgehen...

Aber so ist es eben mit der Arbeit auf der Synode, auch die eigentlich freien Zeiten sind gut gefüllt, damit alle Modi zum ersten Teil des Arbeitsdokuments pünktlich ausformuliert sind. Erst dann können sie dem Relator, dem Endredaktor des finalen Synodendokuments, übergeben werden.

Ein wirklich spannendes Gespräch

Trotz der engen Taktung blieb Zeit für einen Cappuccino, während dem ich Julia Brabant kennenlernen konnte. Sie kommt aus Erfurt, studiert evangelische Theologie, ist Krankenschwester und Mitglied im Lutherischen Weltbund. Für diesen nimmt sie als Beobachterin auf der Synode teil. Ein wirklich spannendes Gespräch.

Eben in der Pause standen der Präfekt der Glaubenskongregation, der Präfekt der Bildungskongregation und die deutschen Bischöfe zusammen. Ich weiß natürlich nicht, worüber sie gesprochen haben, könnte mir aber durchaus vorstellen, dass es auch um die heute viel in der Presse thematisierte Verweigerung des „Nihil Obstat“ (Unbedenklichkeitserklärung) für meinen Mitbruder Ansgar Wucherpfennig ging. Mit Ansgar wohne ich zusammen in einer Kommunität in Frankfurt. Er hat mir schon vor meiner Abreise nach Rom gesagt, dass diese Nachricht kommen werde. Ich frage mich: Wird sich hier in Rom zu dem Thema noch etwas bewegen? Wird vielleicht ein Bischof beim Kaffee zu einem der Kardinäle gehen und sagen: Was habt ihr denn da gemacht? Oder wird möglicherweise ein bayrischer Kardinal mit der Faust auf den Tisch hauen und eine andere Meinung vertreten? Ich weiß es nicht.

Über Homosexualität frei sprechen

Das Verrückte ist nur, dass wir genau diesen Umgang hier diskutieren: Junge Menschen wollen auch über das Thema Homosexualität frei sprechen. Es braucht – das sagen hier auch die Bischöfe offen – einen anerkennenden Umgang mit homosexuellen Menschen. Die aktuellen Vorgänge erinnern mich unmittelbar an den Vorabend des 2. Vatikanischen Konzils. Damals hatten einige Theologen Verfahren in der Glaubenskongregation gegen sich anhängig, man wollte die Positionen dieser Theologen verurteilen. Durch die Beratungen während des Konzils wurden die Positionen aber lehramtlich bestätigt – und mancher dieser Männer wurde sogar noch Kardinal. Ob es für meinen Mitbruder auch noch so hoch „hinausgehen“ wird? Möglich ist es, aber eine weitere Amtszeit als Rektor in Sankt Georgen hat er sich mehr als verdient...

Gerne hätte ich mit Ihnen heute ein angenehmeres Thema besprochen, aber das hat mich heute doch beschäftigt. Morgen wird’s dann hoffentlich wieder positiver….

Bis dahin

Clemens Blattert SJ
 

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08. Oktober 2018, 16:20