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China und die Bischöfe: Warum dieses Thema so wichtig ist

Wenn wir den Weg der vollen Gemeinschaft einschlagen, dem Leben der chinesischen Katholiken Glaubwürdigkeit verleihen wollen, müssen wir auf das blicken, was uns vereint. Erst wenn wir alle an einem Strang ziehen, kann die Spaltung überwunden und das gestärkt werden, was bei manchen noch zerbrechlich ist.

Sergio Centofanti und P Bernd Hagenkord SJ – Vatikanstadt

 

Die Probleme, die das Leben der Kirche in China betreffen, sind zahlreich. Im Fokus der Verhandlungen zwischen Heiligem Stuhl und chinesischen Behörden stehen aber vor allem die Bischofsernennungen, bzw. das Problem die Wahl der Bischofskandidaten und die Art und Weise, wie der Papst diese Ernennungen handhabt.

Natürlich sind mit diesem Thema noch viele andere Fragen verbunden, beispielsweise die zivile Anerkennung der sogenannten „Untergrund“-Bischöfe, die kanonische Legitimierung der ohne päpstliches Mandat geweihten Bischöfe, die Struktur der chinesischen Bischofskonferenz, die Revision der Grenzen der Kirchensprengel, usw. All diese Themen müssen weiter Objekt von Vertiefungen und Dialogen sein.

 

Untergrund-Bischöfe, Bischofskonferenz, Bistümer

 

Im Jahr 2007 hat Papst Benedikt XVI. in einem Brief an die Kirche Chinas erklärt, warum das Thema des Episkopats so wichtig ist: „Wie ihr wisst, wurzelt die tiefe Einheit, die die in China bestehenden Teilkirchen untereinander verbindet und die sie auch in eine enge Gemeinschaft mit den anderen Teilkirchen in aller Welt stellt, außer in demselben Glauben und in der gemeinsamen Taufe vor allem in der Eucharistie und im Bischofsamt. Die Einheit des Episkopats, von der »der Bischof von Rom als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament ist«, dauert durch die Jahrhunderte vermittels der apostolischen Nachfolge fort und ist auch das Fundament der Identität der Kirche einer jeden Zeit mit der Kirche, die Christus auf Petrus und auf die anderen Apostel gebaut hat“ (Nr. 5).

Niemand wird wohl bezweifeln, dass uns mit den chinesischen Katholiken derselbe Glaube, die gemeinsame Taufe verbindet; dass sie eine gültige Eucharistie und einen Episkopat haben, der die apostolische Sukzession bewahrt hat. Und doch war der Weg der katholischen Kirche ein steiniger, hat sie Prüfungen, Unruhen und Brüche erleben lassen, ihr Wunden und Spaltung beschert. Die Gültigkeit der Sakramente aber wurde nie angetastet. All das hat sich auf der Ebene der brüderlichen Beziehungen und der gemeinsamen Wege zugetragen, die für die gelebte Erfahrung des Glaubens und der Liebe wichtig sind und die Wirksamkeit der gemeinsamen Sendung und des in der Welt abgelegten Zeugnisses fördern.

 

Zwei Gemeinschaften

 

An einem gewissen Punkt ist es in der einen katholischen Kirche Chinas zur  Krise gekommen. In fast allen Diözesen sind zwei Gemeinschaften entstanden: die sogenannte Untergrundgemeinschaft und die offizielle oder „patriotische“ Gemeinschaft, beide mit eigenen Bischöfen und Priestern. Ursache dieser Krise waren aber keine kircheninternen Entscheidungen, sondern politische Umstände.

Spaltungen hat es in der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche immer gegeben, und aus verschiedenen Gründen. Im Gegensatz zu dem, was sich in den ersten Jahrhunderten der Kirche und später im christlichen Europa des 16. Jahrhunderts zugetragen hat, hat die Spaltung in China aber keine rein dogmatischen oder moralischen Ursachen. Und es ging auch nie um  liturgische oder rechtliche Fragen, wie dies an der Wende vom ersten und zweiten Jahrtausend der Fall war.

 

Äußere Faktoren

 

In China war der Auslöser der Spaltung politisch gefärbt, hatte mit äußeren Faktoren zu tun. Ohne hier vorschnell revisionistische Thesen aufstellen zu wollen, muss man sich aber fragen, ob die Kirche in China ihre Präsenz und Sendung in der Welt heute nicht auf eine neue Art und Weise zum Ausdruck bringen sollte. Und das geschieht auch dann, wenn man die unterschiedlichen Tendenzen annimmt, die es in der Kirche schon immer und überall gegeben hat: die „inkarnationistische“, also die auf die Inkulturation setzende, die – bleibt sie sich selbst überlassen – zur Verweltlichung tendiert; und die eher spirituell ausgerichtete, die dazu neigen kann, sich in sich selbst zu verschließen. Diese beiden Tendenzen müssen miteinander in Verbindung stehen, einander verstehen, gemeinsam voranschreiten zum Wohl der Kirche und der Evangelisierung.

Diese Tendenzen haben aber nicht nur mit einem unterschiedlichen spirituellen Empfinden zu tun. Sie haben auch konkrete Entscheidungen beeinflusst, die Ausdruck einer unterschiedlichen Haltung zu wichtigen Werten sind: der Treue zum Papst, dem evangeliumsgemäßen Zeugnis, dem uneigennützigen Streben nach dem Wohl der Kirche und der Seelen. Und genau hier, im Bereich dieser vielschichtigen Ebenen, muss versucht werden, die Gegensätze zu überwinden, damit es in den kirchlichen Beziehungen endlich eine Aussicht auf Normalität geben kann.

 

Die fehlende Einheit bringt Leid

 

Eines ist nämlich gewiss: die fehlende Einheit der Kirche in China bringt allen Leid, löst bei vielen Unbehagen aus: bei den kirchlichen Behördenvertretern, den Gemeinschaften der Gläubigen, ja vielleicht auch bei der Regierung. Ein Fortbestand dieser Situation der Unklarheit und der Missverständnisse tut keinem gut. Weiter in dieser anomalen Situation leben zu müssen, in der man nicht nur eine Minderheit, sondern auch in zwei Gemeinschaften geteilt ist, die einander nicht schätzen, ja sich wohl auch nicht genug lieben, um wirklich die Versöhnung zu wollen, wäre für die chinesischen Katholiken ein Leiden ohne Ende. Oder stimmt es etwa nicht, dass gerade die Liebe im Innern der Gemeinschaft die anderen erkennen lässt, dass der Herr in unserer Mitte ist?

In diesem Kontext kommt der Frage der Bischofsernennungen – vor allem ihrer affektiven und effektive Einheit – eine entscheidende Bedeutung zu. Und das schon deshalb, weil sie das Herz der Kirche in China betreffen. Im Namen dieser Einheit müssen aber noch viele Hindernisse ausgeräumt werden, vor allem das der „besonderen Situation in China“, die das Regime auch auf das Leben und die pastorale Sendung der Bischöfe Einfluss nehmen lässt.

 

Zwei Gruppen von Bischöfen

 

All das hat dazu geführt, dass es heute in China zwei Gruppen von Bischöfen gibt: Bischöfe, die zwar ohne päpstliches Mandat – also ohne Zustimmung des Papstes – geweiht wurden, aber die Unterstützung der Regierung  haben; und Bischöfe, die der Heilige Stuhl ernannt hat, der Staat aber nicht anerkennen will. Eine verzwickte Situation, die nur auf zwei konkreten, wenn auch formell unterschiedlichen Wegen gelöst werden kann: durch kirchliche Legitimierung und zivile Anerkennung.

Damit es hier also nicht zu neuen Spannungen kommt, müssen kirchliche und politische Autorität so schnell wie möglich auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Nicht umsonst haben ja auch die letzten drei Päpste stets dieselbe Linie verfolgt: die Einheit aller katholischen Gläubigen vorantreiben, die Rückkehr „unrechtmäßiger“ Bischöfe in die volle Gemeinschaft erleichtern und die Treue der Bischöfe fördern, die bereits in dieser Gemeinschaft stehen, egal, ob es nun „offizielle“ und „Untergrundbischöfe“ sind. Mit anderen Worten: vorangehen auf einem Weg, der uns die kirchliche Gemeinschaft in Fülle leben lässt.

 

Die Politik der Päpste

 

Die Frage, wie es um die Kirche in China bestellt sei, hat Papst Benedikt XVI. wie folgt beantwortet:

„Die Faktoren, die die positive Entwicklung der katholischen Kirche in China gefördert haben, sind vielfältig. Ich nenne einige davon. Einerseits ist das lebendige Verlangen, mit dem Papst in Einheit zu stehen, bei den illegitim geweihten Bischöfen nie abwesend gewesen. Dies hat es nahezu allen möglich gemacht, den Weg auf die Kommuniongemeinschaft hin zu gehen, wobei sie von der geduldigen Arbeit begleitet wurden, die einzeln mit ihnen getan worden ist. Hier war ein katholisches Grundbewusstsein vorhanden, dass man eben erst in dieser Gemeinschaft wirklich Bischof ist. Auf der anderen Seite können die geheim geweihten und von der staatlichen Autorität nicht anerkannten Bischöfe jetzt aus der Tatsache Nutzen ziehen, dass es schon aus Staatsraison nicht nützlich ist, katholische Bischöfe wegen ihrer Romzugehörigkeit ins Gefängnis zu sperren und sie ihrer Freiheit zu berauben. Hier handelt es sich um eine unverzichtbare Voraussetzung und zugleich um eine entscheidende Hilfe, um zur vollen Einheit zwischen beiden katholischen Gemeinschaften zu kommen.“  (Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit. Zitiert aus: „Gesammelte Schriften, Bd 13.2, S. 917).

(Vatican News)

 

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07. Juli 2018, 10:20