So sieht er aus: Der Australien-Katalog aus dem Vatikan So sieht er aus: Der Australien-Katalog aus dem Vatikan 

Der Papst, die Faschisten und die australischen Ureinwohner

Wer den „songlines“, den „Traumpfaden“ der australischen Ureinwohner folgt, landet in Rom? Doch, das kann passieren. Denn der Vatikan interessiert sich sehr für die Aborigenees. Seit sechs Jahren gibt es in den Vatikanischen Museen eine Dauerausstellung, die ihnen gewidmet ist.

Stefan von Kempis - Vatikanstadt

An diesem Dienstag hat das Museum der Päpste auch ein Buch mit Aborigenees-Studien herausgegeben, auf Italienisch und Englisch: Dritter Band seiner ethnologischen Schriftenreihe.

„Der Australien-Katalog ist ein Gemeinschaftswerk, das zusammen mit dem australischen Institut für Aborigenees-Forschung entstand“, erklärt uns der Direktor dieses Insituts, Craig Ritchie. „Es stellt die Aboriginees-Sammlung der ethnologischen Abteilung der Vatikanischen Museen vor – eine gute Gelegenheit, einen Blick auf diese sehr alte Kultur der australischen Ureinwohner zu werfen. Es ist das erste Mal, dass das alles geordnet publiziert wird; natürlich haben viele Menschen diese Sammlung schon im Vatikan besucht, aber jetzt wird sie einem viel breiteren Kreis von Menschen zugänglich.“

Deutlich wird nach Ritchies Meinung hier auch, welche wichtige Rolle Museen, Galerien und Kulturinstitute für die Entdeckung und Bewahrung alter Kulturen spielen. Es sei eine „powerful story“, eine „kraftvolle Geschichte“, wie der Vatikan mit dem Sammeln von Artefakten aus dem fernen Australien begonnen habe. Alles startete mit einigen Geschenken von Ureinwohnern an Pius XI.

„Moment mal, nein – Zivilisationen gibt es überall in der Welt“

„Der Papst der Zwischenkriegszeit bat um Ausstellungsstücke von Zivilisationen in aller Welt – überall dort, wo die Kirche präsent war, etwa durch Missionare. Und die schickten dann solche Dinge nach Rom. Angesichts des Erstarkens des Faschismus in den zwanziger und dreißiger Jahren mit seinem sehr rassistischen Element und dieser Vorstellung, dass nur Europa zivilisiert sei, war es etwas sehr Wichtiges, zu sagen: Moment mal, nein – Zivilisationen gibt es überall in der Welt. Zum Beispiel in Australien, wo seit 65.000 Jahren Menschen leben; das ist keine kurze Spanne. Sie und andere haben sehr hochstehende Kulturen, Werte und Weltbilder geschaffen. Es ist wichtig, das nach außen zu vermitteln, damals wie heute.“

Pius XI. war ein früherer Leiter der Ambrosianischen Bibliothek in Mailand, ein gelehrter und kulturell neugieriger Papst (übrigens auch Gründer von Radio Vatikan). Er beschloss, die zivilisatorischen Artefakte, die von Kulturen in allen Teilen des Globus erzählten, in seinen Museen auszustellen, nicht weit von Michelangelos und Raffaels Meisterwerken entfernt.

„Da wurden universelle Werte nach außen kommuniziert und nach meinem Eindruck auch der Aufstieg des Faschismus im Europa der zwanziger Jahre bekämpft. Das ist ein wirklich starkes Signal – etwas, worauf die Welt auch heute nicht verzichten könnte.“

 

Als die Briten landeten, gab es in Australien 300 eingeborene Völker

 

300 Artefakte der australischen Ureinwohner werden in dem neuen Katalog vorgestellt und erläutert; sie kommen aus verschiedensten Teilen Australiens. „Als im Jahr 1788 die Briten anlangten, gab es auf dem Kontinent über 300 eingeborene Völker. Wir sprechen hier von den ältesten noch lebenden Kulturen auf dem Angesicht der Erde“, so Ritchie.

Und diese alte Kultur hat den Menschen heute viel zu sagen. „Es ist die Botschaft, dass wir alle uns in einen Planeten teilen und dass alle Kulturen über Werte verfügen. Das stelle ich immer wieder fest, wenn Menschen unser Institut in Australien besuchen: Wenn sie gehen, haben sie ihre Ansichten geändert. Wenn sich Menschen begegnen, können sie Vorurteile und falsche Mythen abschütteln – und so etwas kann auch passieren, wenn sie in die Vatikanischen Museen gehen und da die Kultur anderer Menschen entdecken. Sie lernen dadurch dann auch viel über sich selbst… Und ehrlich gesagt, ich sehe dafür kaum einen stärkeren Ort als die Vatikanstadt in Rom.“

(vatican news)
 

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30. Mai 2018, 10:49