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Generalaudienz: Die Katechese im Wortlaut

Radio Vatikan/Vaticannews dokumentiert an dieser Stelle in einer Arbeitsübersetzung den Wortlaut der Katechese von diesem Mittwoch mit den spontanen Einschüben des Papstes.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

In unserer Katechesenreihe über den apostolischen Eifer beginnen wir heute mit der Betrachtung einiger Persönlichkeiten, die auf unterschiedliche Weise und zu unterschiedlichen Zeiten ein vorbildliches Beispiel dafür waren, was Leidenschaft für das Evangelium bedeutet. Der erste dieser Zeugen ist natürlich der Apostel Paulus. Ihm möchte ich zwei Katechesen widmen.

Die Geschichte des Paulus von Tarsus ist in dieser Hinsicht bedeutungsvoll. Sowohl im ersten Kapitel des Galaterbriefes als auch in der Apostelgeschichte sehen wir, dass sich sein Eifer für das Evangelium nach seiner Bekehrung zeigt und an die Stelle seines früheren Eifers für das Judentum tritt. Er war ein Eiferer für das Gesetz des Mose, für das Judentum, und  nach seiner Bekehrung hielt dieser Eifer an, aber um Jesus Christus zu verkünden. Paulus war in Jesus verliebt. Saulus – so der erste Name des Paulus – war bereits eifrig, aber Christus verwandelt seinen Eifer: vom Eifer für das Gesetz zu dem für das Evangelium. Zuerst wollte sein Eifer die Kirche zerstören, dann aber baut er sie auf. Wir können uns fragen: Wieso dieser Übergang von der Zerstörung zum Aufbau? Was ist passiert? Was hat sich in Paulus verändert? Inwiefern hat sich sein Eifer, sein Streben nach der Herrlichkeit Gottes gewandelt? Was ist da passiert?

Thomas von Aquin lehrt, dass Leidenschaft aus moralischer Sicht weder gut noch schlecht ist: Ihr tugendhafter Gebrauch macht sie moralisch gut, die Sünde macht sie schlecht (vgl. Quaestio “De veritate” 24, 7). Was Paulus veränderte, war nicht eine einfache Idee oder Überzeugung, sondern die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn. Vergesst das nicht: was ein Leben verändert, ist die Begegnung mit dem Herrn. Für Saulus war es diese Begegnung mit dem Herrn, die sein ganzes Wesen verändert hat. Das Menschsein des Paulus, seine Leidenschaft für Gott und dessen Herrlichkeit wird nicht ausgelöscht, sondern verwandelt, „bekehrt“ durch den Heiligen Geist. Der einzige, der unsere Herzen verwandeln kann, ist der Heilige Geist.

Und das gilt für jeden Aspekt des Lebens. Genauso wie es in der Eucharistie geschieht: Brot und Wein verschwinden nicht, sondern werden zu Leib und Blut Christi. Der Eifer des Paulus bleibt bestehen, aber er wird zum Eifer für Christus. Der Sinn verändert sich, der Eifer bleibt gleich. Dem Herrn dienen wir mit unserem Menschsein, mit unseren besonderen Eigenschaften, unseren Fähigkeiten – was aber alles verändert, ist nicht eine Idee, sondern das Leben. So sagt Paulus ja auch: „Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung - die Begegnung mit Christus verwandelt dich von innen her, macht dich zu einer anderen Person -: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2Kor 5,17). Wenn jemand in Christus ist, ist er eine neue Schöpfung; das bedeutet es, eine neue Schöpfung zu sein. Christ zu werden, ist keine Maskierung, es verändert dein Aussehen nicht! Wenn du Christ bist, aber nur dem äußeren Schein nach, dann ist das nicht in Ordnung, keine "maskierten" Christen! Der wahre Wandel geschieht im Herzen. Und genau das ist Paulus passiert.

Die Leidenschaft für das Evangelium entspringt nicht dem Studium oder tiefen Einsichten - du kannst soviel Theologie studieren, wie du willst; du kannst die Bibel studieren und doch ein Atheist, weltlich sein. Es ist keine Frage des Studiums: in der Geschichte hat es viele Theologen gegeben, die Atheisten waren! Studieren ist gut und schön, aber es bringt nicht das neue Leben der Gnade hervor. Sich bekehren bedeutet vielmehr, dieselbe Erfahrung vom „Fall und Wiederaufstehen“ zu machen, die Saulus/Paulus gemacht hat und die am Anfang der Verwandlung seines apostolischen Eifers steht. Wie der heilige Ignatius sagt: „Nicht das Vielwissen sättigt die Seele, sondern die Dinge, die dich von innern heraus verändern, das Verspüren und Verkosten der Dinge von innen her“ (Geistliche Übungen, Anmerkungen, 2, 4.) Man kann sagen: "Ich bin religiös - "Das ist gut so" - "Ich bete" - "Ja"- "ich versuche, nach den Geboten zu leben" - "Ja" - "Aber wo ist Jesus in deinem Leben?" - "Ich tue das, was die Kirche befiehlt". Aber wo ist Jesus? Bist du Jesus begegnet, hast du mit Jesus Zwiesprache gehalten? Nimmst du das Evangelium zur Hand und sprichst du mit Jesus, weißt du, wer Jesus ist? Das ist etwas, das oft fehlt. Ein Christentum - ich sage nicht ohne Jesus -, aber mit einem abstrakten Jesus. Nein! Ist Jesus in dein Leben eingetreten, wie er in das Leben des Paulus eingetreten ist? Wenn Jesus eintritt, wird alles anders. Wie oft haben wir die Leute sagen hören: "Schaut euch den da ein, er war ein Gauner und jetzt ist er ein guter Mensch... Wer hat ihn verändert? Jesus, er hat Jesus gefunden. Hat sich dein Leben als Christ verändert? "Mehr oder weniger, ja...". Wenn Jesus nicht in dein Leben getreten ist, hat es sich nicht verändert. Du kannst nicht nur äußerlich Christ sein. Nein, Jesus muss in dein Leben kommen, und das verändert dich. Genau das ist Paulus passiert. Es geht darum, Jesus zu finden - und deshalb sagte Paulus, dass uns die Liebe Christi antreibt; es ist das, was dich antreibt. Das Gleiche - diese Veränderung - ist auch allen Heiligen passiert, die, wenn sie Jesus gefunden haben, weitergehen.

Wir können weiter über den Wandel des Paulus nachdenken, der vom Verfolger zum Apostel Christi wurde. Wir stellen fest, dass in ihm eine Art Paradoxon auftritt: Solange er sich vor Gott für gerecht hält, fühlt er sich berechtigt, zu verfolgen, zu verhaften, ja sogar zu töten, wie im Fall des Stephanus. Als er aber, erleuchtet durch den auferstandenen Herrn, entdeckt, dass er „ein Frevler und ein Gewalttätiger“ war (vgl. 1Tim 1,13) - das sagt er selbst über sich -, beginnt er, wirklich zur Liebe fähig zu sein.

Und das ist der Weg. Wenn einer von uns sagt: "Ah, ich danke dir, Herr, denn ich bin ein guter Mensch, ich tue gute Dinge, ich begehe keine großen Sünden...", dann ist das kein guter Weg. Es ist ein Weg der Selbstgenügsamkeit, ein Weg, der dich nicht gerecht, sondern hochnäsig macht... Dann bist du ein "eleganter" Katholik, aber ein eleganter Katholik ist kein heiliger Katholik, er ist elegant. Der wahre Katholik, der wahre Christ ist der, der Jesus in sich aufnimmt, der das Herz verwandelt.

Das ist die Frage, die ihr euch heute alle stellen müsst: Was bedeutet Jesus für mich? Habe ich ihn in mein Herz gelassen, oder halte ich ihn auf Distanz - in der Nähe ja, aber ohne ihn wirklich an mich herankommen zu lassen? Habe ich mich von ihm verwandeln lassen? Oder ist Jesus nur eine Idee, eine Theologie? Das ist der Eifer: wenn man Jesus findet, spürt man das Feuer, und dann muss man wie Paulus Jesus verkünden, dann muss man über Jesus reden und anderen Menschen helfen. Dann muss man Gutes tun! Wenn man aber nur eine "Idee von Jesus" hat, dann bleibt man ein Ideologe des Christentums, und das rechtfertigt uns nicht. Was uns rechtfertigt, ist nur Jesus. Wenn du ihm begegnet bist und ihm die Tür deines Herzens geöffnet hast: die Idee von Jesus rechtfertigt dich nicht. Möge der Herr uns helfen, Jesus zu finden, Jesus zu begegnen - und möge dieser Jesus von innen heraus unser Leben verändern und uns helfen, anderen zu helfen. Danke.

(vaticannews - skr)

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29. März 2023, 10:51

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