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Papst Franziskus bei seiner Rede im Kongresszentrum von Nur-Sultan Papst Franziskus bei seiner Rede im Kongresszentrum von Nur-Sultan 

Papst Franziskus: Setzt euch für Frieden ein, nicht für Rüstung!

Zum Abschluss des VII. Kongresses der Führer der Weltreligionen und traditionellen Religionen in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan hat Papst Franziskus ein flammendes Plädoyer für die Zusammenarbeit der Religionen für Frieden gehalten. Insbesondere Frauen und junge Menschen müssten dabei einbezogen werden. An diesem Donnerstag ging mit dem Kongress in Nur-Sultan auch die dreitägige Reise des Papstes nach Kasachstan zu Ende.

Franziskus dankte in seiner Ansprache nach Verlesen der Abschlusserklärung zunächst den Teilnehmern und Organisatoren des Kongresses für ihr Engagement im Zeichen des Dialogs, das in durch die Pandemie und „den Wahnsinn des Krieges“ belasteten Zeiten „umso wertvoller“ sei. In einer globalisierten Welt seien das Unverständnis, der Hass und der Mangel an Dialog und Verständnis für den anderen „noch viel gefährlicher und anstößiger“, warnte Franziskus.

Zum Nachhören - was der Papst sagte

Im Geist von Assisi

Der Kongress habe sich auf die Fahnen geschrieben, diesen Entwicklungen gegenzusteuern, ganz im Sinn des Gebetstags für den Weltfrieden, den Johannes Paul II. 2002 in Assisi in Reaktion auf die Anschläge des 11. September 2001 als Gegenpol zu religiös motivierter Gewalt einberufen hatte.

Eindrücke vom Abschluss des Religionsgipfels in Nur-Sultan

In diesem Zusammenhang bekräftige die Erklärung des Kongresses, „dass Extremismus, Radikalismus, Terrorismus und jede andere Aufstachelung zu Hass, Feindseligkeit, Gewalt und Krieg, unabhängig von ihrer Motivation oder ihrem Ziel, nichts mit einem authentischen religiösen Geist zu tun haben und auf das Schärfste abgelehnt werden müssen“, so der Papst mit Blick auf Absatz 5 der gemeinsamen Erklärung, die direkt vor seiner Ansprache verlesen worden war. Franziskus war es als Ehrengast bei dem Kongress auch zugekommen, nach Verlesung der gemeinsamen Erklärung zuerst zu sprechen

Diese gewaltsamen Tendenzen müssten verurteilt werden, „ohne wenn und aber“, forderte der Papst. Es bestehe Einigkeit unter den Religionsführern darüber, dass „gegenseitiger Respekt und gegenseitiges Verständnis in der religiösen Lehre als wesentlich und unverzichtbar angesehen werden müssen“ (vgl. Nr. 13), unterstrich das Kirchenoberhaupt.

„Religionsfreiheit ist kein abstraktes Konzept, sondern ein konkretes Recht“

Eine „gesunde Beziehung zwischen Politik und Religion“ und der damit einhergehende der Schutz der religiösen Freiheit waren weitere Aspekte aus der Erklärung, die Franziskus in seiner Ansprache eigens hervorhob: „Wir haben die Regierungen und die zuständigen internationalen Organisationen nachdrücklich aufgefordert, den religiösen Gruppen und ethnischen Gemeinschaften beizustehen, die Verletzungen ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Gewalt durch Extremisten und Terroristen erlitten haben, auch als Folge von Kriegen und militärischen Konflikten (siehe Nr. 6).“ Religionsfreiheit sei kein „abstraktes Konzept“, sondern ein „konkretes Recht“, unterstrich der Papst. 

„Der interreligiöse Dialog ist nicht mehr bloß eine Möglichkeit, er ist ein dringender und unersetzlicher Dienst an der Menschheit, zum Lob und zur Ehre des Schöpfers aller.“

Die katholische Kirche habe sich von Anfang an bei der Ausrichtung des interreligiösen Kongresses in Kasachstan engagiert, und sie  werde dies auch weiterhin tun, versprach Franziskus, der in diesem Zusammenhang die Bedeutung des interreligiösen Dialogs für den Frieden hervorhob: „Der interreligiöse Dialog ist nicht mehr bloß eine Möglichkeit, er ist ein dringender und unersetzlicher Dienst an der Menschheit, zum Lob und zur Ehre des Schöpfers aller.“ Allen Religionen gemein sei der „konkrete Mensch“, „geschwächt durch die Pandemie, niedergeworfen durch den Krieg, verwundet durch Gleichgültigkeit“, fuhr Franziskus fort.

Doch ohne die Schöpfergestalt, ebenso wie ohne seinesgleichen, könnte der Mensch nicht bestehen, gab Franziskus zu bedenken: „Bevor wir wichtige Entscheidungen treffen, sollten wir mehr auf das Wohl des Menschen achten als auf strategische und wirtschaftliche Ziele, auf nationale, energetische und militärische Interessen“, wiederholte Franziskus eindringlich einen immer wieder geäußerten Appell. Die „großen Weisheiten und Religionen“ seien dazu gerufen, „für alle Menschen das Bestehen eines gemeinsamen geistlichen und moralischen Erbes zu bezeugen, das auf zwei Eckpfeilern beruht: der Transzendenz und der Geschwisterlichkeit“, fuhr der Papst weiter fort.

Besondere Verantwortung der Religionsführer

Insbesondere drei zentrale Punkte aus der Erklärung des Kongresses hob der Papst in diesem Zusammenhang eigens hervor: Frieden, Frauen und Jugend. „Frieden ist dringend notwendig, denn jeglicher militärische Konflikt oder jeglicher Herd der Spannung und der Konfrontation kann heute nur einen schädlichen Dominoeffekt haben und gefährdet das System der internationalen Beziehungen ernsthaft (vgl. Nr. 4)“, betonte Franziskus: „Wir, die wir an den Schöpfer aller glauben, müssen uns bei der Verbreitung des friedlichen Zusammenlebens besonders hervortun. Wir müssen es bezeugen, predigen und erflehen.“

„Nur wenn ihr dem Frieden dient, wird euer Name in der Geschichte groß bleiben“

Aus diesem Grund fordere die gemeinsame Erklärung die Staats- und Regierungschefs der Welt auf, „Konflikte und Blutvergießen überall zum Stillstand zu bringen und aggressive und zerstörerische Rhetorik aufzugeben“ (vgl. Nr. 7), paraphrasierte der Papst die Erklärung und appellierte: „Wir bitten euch im Namen Gottes und zum Wohle der Menschheit: Setzt euch für den Frieden ein, nicht für die Rüstung! Nur wenn ihr dem Frieden dient, wird euer Name in der Geschichte groß bleiben.“

„Wie viele Entscheidungen des Todes würden vermieden, wenn eben gerade Frauen im Zentrum der Entscheidungen stünden“

In diesem Zusammenhang komme den Frauen eine besondere Rolle zu, kam Franziskus zum zweiten Wort, das ihm besonders am Herzen lag. Es werde in der Erklärung insbesondere betont, dass die Würde der Frau geschützt und ihr sozialer Status verbessert werden müsse, da sie „ein gleichberechtigtes Mitglied der Familie und der Gesellschaft“ sei (vgl. Nr. 23): „Außerdem müssen Frauen mehr Aufgaben und größere Verantwortlichkeiten anvertraut werden. Wie viele Entscheidungen des Todes würden vermieden, wenn eben gerade Frauen im Zentrum der Entscheidungen stünden!“ Es gelte, dafür zu sorgen, dass die Frauen „mehr respektiert, anerkannt und einbezogen“ werden, so der Papst.

Die „jungen Menschen“ hingegen seien „Boten des Friedens und der Einheit von heute und von morgen“, betonte Franziskus mit Blick auf das Motto der Reise nach Kasachstan, das ausdrücklich im Plural gehalten ist. Es seien die jungen Leute, die „mehr als andere zum Frieden und zur Achtung vor dem gemeinsamen Haus der Schöpfung“ aufrufen: „Geben wir den jungen Menschen Bildungschancen an die Hand (vgl. 11), nicht Waffen der Zerstörung! Und lasst uns ihnen zuhören, ohne Angst, uns von ihnen befragen zu lassen. Vor allem aber lasst uns eine Welt errichten und dabei an sie denken!“, so der abschließende Appell des Papstes.

(vatican news - cs)

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15. September 2022, 12:13