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Papst Franziskus (rechts) im Interview mit Philip Pullella (links) von der Agentur Reuters Papst Franziskus (rechts) im Interview mit Philip Pullella (links) von der Agentur Reuters 

Papst-Interview: Kein Rücktritt, Ja zu Moskau- und Kiew-Reise

Papst-Franziskus ist in Interviewlaune und nutzt diese auch, um Rücktrittsgerüchten eine Absage zu erteilen. Er denke da aktuell nicht dran, sagte er in einem Interview der Agentur Reuters, das diesen Montag veröffentlicht wurde. Franziskus bekräftigte seinen Wunsch, in die Ukraine oder nach Russland zu reisen und äußerte sich zur Abtreibungsentscheidung in den USA.

Vatican News

Papst Franziskus gab dem Reuters-Korrespondenten Philip Pullella am Samstag ein langes Interview. Das Treffen dauerte etwa 90 Minuten. Vatican News veröffentlicht hier eine Zusammenfassung mit einigen von der Agentur veröffentlichten Inhalten.

Hartnäckig hält sich diesen Sommer ein Gerücht um Papst Franziskus: Er wolle bald zurücktreten hieß es immer wieder in verschiedenen Medien. Dafür sprächen etwa seine gesundheitlichen Probleme und ein zu einem ungewöhnlichen Datum anberaumtes Konsistorium, wurde spekuliert. Der Vatikanexperte der Agentur Reuters, Philip Pullela, hat Papst Franziskus interviewt und ihn direkt gefragt, was er zum Thema Rücktritt sagt. „Das ist mir nie durch den Kopf gegangen. Im Moment nicht, im Moment nicht, wirklich!", macht das Kirchenoberhaupt klar. 

Gleichzeitig erklärte der Papst, wie schon mehrmals in der Vergangenheit, dass generell die Möglichkeit eines Rücktritts in Betracht gezogen werden könnte, insbesondere nach der von Benedikt XVI. im Jahr 2013 getroffenen Wahl, falls es ihm aus gesundheitlichen Gründen unmöglich sein sollte, sein Amt weiterzuführen.  Erst vor drei Tagen war ein Interview von Papst Franziskus mit der Nachrichtenagentur Télam veröffentlicht worden. Dort hatte sich das Kirchenoberhaupt ebenfalls zum Thema Rücktrit geäußert.Auf die Frage, wann dies geschehen könnte, antwortete er dort: „Wir wissen es nicht. Gott wird es uns sagen". 

„Das ist mir nie durch den Kopf gegangen. Im Moment nicht“

Ukraine/Russland-Reise eventuell im September

Im aktuellen Reuters-Interview bekräftigt Papst Franziskus seinen Wunsch, sobald wie möglich - vielleicht schon im September - nach Russland und in die Ukraine zu reisen. Franziskus berichtete, dass es Kontakte zwischen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow über eine mögliche Reise nach Moskau gegeben habe. Die ersten Signale seien nicht gut gewesen. Zum ersten Mal sei vor einigen Monaten von einer solchen Reise die Rede gewesen, sagte der Papst, woraufhin Moskau geantwortet habe, es sei nicht der richtige Zeitpunkt. Franziskus deutete im aktuellen Interview jedoch an, dass sich jetzt etwas geändert haben könnte. „Ich würde gerne in die Ukraine reisen, aber zuerst möchte ich nach Moskau. Wir tauschten uns darüber aus, denn ich dachte, wenn der russische Präsident mir ein kleines Zeitfenster gewähren würde, könnte das der Sache des Friedens dienen.... Und jetzt ist es möglich, dass ich nach meiner Rückkehr aus Kanada in die Ukraine gehen kann. Als Erstes muss ich nach Russland reisen und versuchen, in irgendeiner Weise zu helfen, aber ich möchte in beide Hauptstädte reisen".

„Wenn der russische Präsident mir ein kleines Zeitfenster gewähren würde, könnte das der Sache des Friedens dienen“

Papst zu USA-Abtreibungsentscheid und Kommunion-Frage

In dem Interview mit Reuters geht Papst Franziskus auch auf die jüngste Abtreibungs-Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA ein. Mit der Entscheidung der Verfassungsrichter können Bundesstaaten Abtreibungen jetzt weitgehend oder sogar komplett verbieten. Franziskus sagt dazu, er respektiere die Entscheidung, verfüge aber nicht über genügend Informationen, um aus rechtlicher Sicht darüber zu sprechen. Der Papst verurteilt im Interview Abtreibung aufs Schärfste und vergleicht sie - wie schon öfter zuvor - mit dem „Anheuern eines Auftragskillers". „Ich frage: Ist es legitim, ist es richtig, ein Menschenleben zu vernichten, um ein Problem zu lösen?"

„Ich frage: Ist es legitim, ist es richtig, ein Menschenleben zu vernichten, um ein Problem zu lösen?“

Der Papst wurde auch gebeten, sich zu der in den Vereinigten Staaten geführten Debatte zu äußern, ob ein katholischer Politiker, der persönlich gegen die Abtreibung ist, aber das Recht anderer auf freie Wahl unterstützt, die Kommunion empfangen kann. Der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, wurde beispielsweise vom Erzbischof ihrer Diözese San Francisco verboten, die Eucharistie zu empfangen. Sie empfängt jedoch regelmäßig die Kommunion in einer Pfarrei in Washington, DC, und empfing letzte Woche die Kommunion von einem Priester während der vom Papst geleiteten Messe im Petersdom. Dazu sagte Franziskus:

„Wenn die Kirche ihren pastoralen Charakter verliert, wenn ein Bischof seinen pastoralen Charakter verliert, verursacht dies ein politisches Problem", so der Papst. „Das ist alles, was ich sagen kann."

Papst Franziskus (links) und Philip Pullela
Papst Franziskus (links) und Philip Pullela

Knie-Probleme ja, Krebs nein

Mit Blick auf seine Gesundheit weist Papst Franziskus in dem Interview Gerüchte zurück, er sei an Krebs erkrankt. Nach seiner Dickdarm-Operation im vergangenen Jahr gab es Spekulationen, wonach bei ihm als er sich einer sechsstündigen Operation unterzog, Krebs diagnostiziert worden sei. Bei der OP wurde ein Teil des Dickdarms aufgrund einer Divertikulitis entfernt, einer häufigen Erkrankung bei älteren Menschen. „Die Operation war ein großer Erfolg", sagte der Papst und fügte mit einem Lächeln hinzu, dass „sie mir nichts gesagt haben" über den angeblichen Krebs, den er als „Hofklatsch" abtat. Dann erklärte er gegenüber Reuters, er wolle keine Knieoperation, weil die Vollnarkose bei der Operation im letzten Jahr negative Nebenwirkungen gehabt habe.

„Mir geht es gut, mir geht es langsam besser“

Was die Knieprobleme betrifft, sprach Franziskus von der Verschiebung der Afrikareise und sagte es brauche Therapie und Erholung. Er bekräftigte, dass die Entscheidung, den Termin zu verschieben, für ihn „sehr schmerzhaft" gewesen sei, vor allem weil er den Frieden sowohl in der Demokratischen Republik Kongo als auch im Südsudan fördern wolle. Ähnlich hatte sich Franziskus am Samstag in einer Videobotschaft an den Kongo und den Südsudan geäußert.

Papst Franziskus benutzte beim Interview mit Reuters einen Gehstock, um den Empfangsraum im Erdgeschoss der Casa Santa Marta zu betreten, merkt der Interviewer Philip Pullela an. Im Gespräch habe das Kirchenoberhaupt erklärt er habe „eine kleine Fraktur" erlitten, als er einen falschen Schritt machte, während ein Band entzündet war. „Mir geht es gut, mir geht es langsam besser", fügte der Papst demach hinzu und erklärte, dass die Fraktur mit Hilfe von Laser- und Magnettherapie heile.

(vatican news/reuters-sst)

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04. Juli 2022, 11:10